Diesen Text veröffentlichen wir in Kooperation mit dem Portal www.klimadiplomatie.de
"Sie glauben, dass es nicht vorwärtsgeht?" Christiana Figueres, die Chefin des UN-Klimasekretariats, gibt bei einer Pressekonferenz in Paris gleich die Antwort: "Im Moment passiert hier so viel, dass Sie gar nicht hinterher kommen, das alles aufzuschreiben."
Diese optimistische Einschätzung teilt auch Todd Stern, der Chefunterhändler der USA beim Klimagipfel: "Wir haben einen guten Start hingelegt. Es gibt Probleme bei allen Themen, aber wir sind mit viel positivem Momentum gestartet. 185 Länder haben einen Klimaschutzplan vorgelegt. Das ist eine bemerkenswerte Zahl."
In Hintergrundgesprächen klingt das oft anders: "Die Delegationen einiger Länder haben die Anweisung, sich diese Woche nicht zu bewegen", sagt ein europäischer Diplomat. Das zeige sich etwa in der Frage, wo die nationalen Klimapläne verankert werden sollen. Hier gebe es drei Möglichkeiten: in einem Anhang des Paris-Abkommens, in einem Register des UN-Klimasekretariats oder auf einer Internetseite. "Die Unterschiede zwischen diesen drei Optionen sind marginal. Aber selbst bei einer so einfachen Frage konnte man sich bislang nicht einigen."
Dabei rennt den Unterhändlern die Zeit davon: Am Donnerstagabend sollen die Untergruppen des Haupt-Verhandlungsstrangs ihre Resultate abliefern. Anschließend folgt ein 26-stündiger Verhandlungsmarathon: Von Freitagmorgen zehn Uhr bis Samstagmittag zwölf Uhr soll im Plenum ein neuer Vertragstext ausgehandelt werden, der es den Ministern in der kommenden Woche ermöglicht, die wichtigen politischen Entscheidungen zu treffen.
Frankreich könnte zu eigenem Textvorschlag gezwungen sein
Doch der bereits erwähnte Diplomat glaubt nicht, dass dies gelingt: "Wir werden am Samstag nicht in der Lage sein, den gewünschten Text abzuliefern. Der Text wird vielleicht ein bisschen kürzer sein, aber immer noch Hunderte von eckigen Klammern enthalten." Jede Klammer steht für eine ungeklärte Frage.
Mit diesem Szenario würde die französische Konferenz-Präsidentschaft vor eine hochriskante Wahl gestellt: Sie kann den Diplomaten mehr Zeit geben, aber ohne Erfolgsgarantie. Oder sie kann einen eigenen Textvorschlag machen. Wird dieser akzeptiert, ist alles gut, wird er abgelehnt, hat Frankreich seine Autorität in den Verhandlungen verspielt.
Für beides gibt es Beispiele in der Geschichte der Klimaverhandlungen. Der Gipfel in Kopenhagen ist vor sechs Jahren unter anderem an einem missglückten Textvorschlags Dänemarks gescheitert. Ein Jahr später in Mexiko konnten die Gastgeber hingegen der Konferenz mit einem eigenen Textvorschlag zum Erfolg verhelfen. Letzte Nacht fand daher eine Bestandesaufnahme statt. "Wir wollen herausfinden, wo der Prozess steht", sagte Laurent Fabius, Frankreichs Außenminister und Präsident der UN-Klimakonferenz, am heutigen Mittwochabend.