Seit einem Monat streiten Senegals Präsident Macky Sall und der Internationale Währungsfonds (IWF).[1] Es geht um Senegals Wirtschaftswachstum, denn der Präsident des westafrikanischen Landes besteht auf seinen Zahlen. Für ihn ist der Senegal im abgelaufenen Jahr 2015 um 6,4 Prozent gewachsen. Der IWF zieht die offizielle Zahl in Zweifel und behauptet seinerseits, dass das Bruttoinlandsprodukt des 15 Millionen Einwohnerlandes «nur» um 5,1 Prozent gewachsen ist.
Für Macky Sall geht es um viel mehr als nur um 1,3 Prozentpunkte. Sall, der seit 2012 regiert, und der nach einer möglichen erfolgreichen Verfassungsänderung im Mai, welche die Amtszeit des Präsidenten auf fünf statt sieben Jahre verkürzt, eine Wiederwahl schon im Jahr 2017 anstrebt, hatte den Senegalesen den Aufstieg versprochen. Sein im Jahr 2014 vorgestellter Plan (Plan Sénégal émergant)[2] für den Aufstieg des Senegals sieht Wachstumsraten bis 2018 von 7 Prozent pro Jahr vor. Da kommen die neuen offiziellen Wachstumszahlen von fast 7 Prozent, nur knapp zwei Jahren vor den Präsidentschaftswahlen, genau zur richtigen Zeit.[3]
Nicht nur der IWF spuckt mit seinen öffentlich geäußerten Zweifeln in Salls Suppe, auch neue offizielle Zahlen des nationalen Statistikamtes zur sozialen Lage der Menschen im Senegal widersprechen den Aufstiegsversprechen des Präsidenten. Die vom Dezember 2014 bis Januar 2015 durchgeführte Befragung zur sozialen Lage der Menschen im Senegal macht, jenseits der neuen Großprojekte wie Autobahnbau, Flughafenneubau, Schienenverkehrsausbau und allgemeinen Baubooms, die weiterhin schwierige Lage vieler Menschen deutlich.
In der Befragung geben 56 Prozent der Haushalte an, dass sie sich als arm sehen. Dabei gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den Haushalten in der Hauptstadt Dakar, wo die selbst eingeschätzte Armut bei 38 Prozent liegt und in den ländlichen Gebieten des Landes, wo sich 69 Prozent der Haushalte als arm bezeichnen. Dort klagen auch 55 Prozent der Haushalte über eine prekäre Versorgung mit Nahrungsmitteln. In Dakar sind es nur knapp 34 Prozent, die sich nicht oder nicht immer in ausreichender Qualität ernähren können.
Nach dem Index der menschlichen Entwicklung (HDI) der Vereinten Nationen konnte sich der Senegal in den letzten Jahren weiter verbessern.[4] Vor allem die Lebenserwartung und die bessere Bildungssituation haben zu einer Verbesserung des Indexwertes auf 0,466 im Jahr 2014 beigetragen. Damit zählt das Land weiterhin zu den ärmsten Ländern der Welt. Vor allem das Wirtschaftswachstum war in den vergangenen Jahren mit im Durschnitt 3 Prozent pro Jahr zu schwach, vor allem wenn man die demographische Entwicklung des Landes berücksichtigt. Das Bevölkerungswachstum beträgt gegenwärtig 2,9 Prozent pro Jahr. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Bevölkerung des Landes mehr als verdoppeln, auf dann 35 Millionen.
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Westafrika begleitet mit ihrem Programm den aktuellen Entwicklungsplan Senegals kritisch. Dabei legt sie vor allem Wert auf die Stärkung der sozialen Gerechtigkeit. Zusammen mit den Partnern der senegalesischen Zivilgesellschaft arbeitet die RLS für ein inklusives Wachstum, welches die Lebenschancen aller Menschen verbessert und soziale Ungleichheit bekämpft.
[1] http://gawlo.net/2016/01/08/contreverse-autour-des-perspectives-de-croissance-economique-du-senegal-le-fmi-rectifie-amadou-ba/
[2] http://www.jeuneafrique.com/12123/economie/plan-s-n-gal-mergent-macky-sall-rencontre-les-bailleurs-de-fonds-paris/
[3] http://www.theafricareport.com/West/senegal-country-profile-2015-salls-plan-is-emerging.html
[4] http://hdr.undp.org/sites/all/themes/hdr_theme/country-notes/SEN.pdf