Jetzt ist die erste Ausgabe von "Arbeit - Bewegung - Geschichte", vormals "Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung" lieferbar. Der lange und mit viel Vorarbeit versehene Relaunch der Zeitschrift startet mit einer spannenden Schwerpunktausgabe "Linke Betriebsintervention, wilde Streiks und operaistische Politik 1968 bis 1988" in Deutschland und Italien.
Der Operaismus speiste sich aus einer Unzufriedenheit von Arbeitern und Studierenden mit den Taktiken traditioneller Gewerkschaften und Parteien, seinen Ausgangspunkt nahm er in Italien und markierte eine Phase revolutionärer Ungeduld und neuer Protestformen wie wilden Streiks, aber auch die "Intervention" von Studierenden und Nachbarschaftsgruppen in Betriebskämpfe. Das Heft zeichnet diese turbulente Phase an der Schnittstelle zwischen "alter" Arbeiterbewegung und "neuen" sozialen Bewegungen in verschiedenen Schlaglichtern nach.
Antonio Lenzi untersucht anhand der Gruppen „Il Manifesto“ und „Lotta Continua“ die Entstehung der revolutionären Linken Italiens, Davide Serafino beschreibt eine frühe Betriebsintervention von Medizinstudierenden im Genua des Jahres 1969, ein Interview mit Karl Heinz Roth und die Dokumentation einer Konferenz operaistischer Gruppen beleuchten Versuche, Betriebskämpfe europaweit zu vernetzen und auszuweiten. Dies war in Deutschland nicht gern gesehen, insbesondere Streiks migrantischer ArbeiterInnen galten als verdächtig wie Torsten Bewernitz Aufsatz „Terror der ausländischen Arbeiter“ - Die wilden Streiks im Rhein-Neckar-Gebiet im Mai 1973" zeigt. Sebastian Kasper untersucht die Betriebsintervention studentischer Sponti-Gruppen, während Nelli Tügel "Aushandlungsprozesse im Umfeld des wilden Streiks bei den Kölner Fordwerken 1973 und des Besetzungsstreiks bei Krupp in Duisburg-Rheinhausen 1987/88" untersucht.
Thematische Rezensionen zur Verschränkung von Betriebskämpfen und Neuer Linker in Italien und Deutschland runden das Themenheft ab. Außerhalb des Schwerpunktes erscheint ein Beitrag der brasilianischen Arbeitsinspektorin Giselle Sakamoto Souza Vianna. Unter dem Titel "Zwang und formale Freiheit in der modernen Sklaverei in Brasilien" diskutiert die Autorin mit Beispielen aus der Praxis den Diskurs um "Moderne Sklaverei" in Brasilien. Sie stellt die These auf, dass nicht das Eigentum am Körper, sondern die Überausbeutung innerhalb der gesellschaftlich akzeptieren Vertragsfreiheit von Lohnarbeit das Kennzeichen aktueller, sklavereiähnlicher Ausbeutungsformen ist.
Bestellungen des Heftes oder Abonnement-Bestellungen sind möglich über jede Buchhandlung (ISBN 978-3-86331-281-7) oder direkt beim Metropol-Verlag, der von jetzt an die Auslieferung der Zeitschrift übernimmt.
Das komplette Inhaltsverzeichnis findet sich hier: http://www.arbeiterbewegung-jahrbuch.de/?p=536
Mit dem Relaunch hat "Arbeit - Bewegung - Geschichte" als mittlerweile einzige deutschsprachige Fachzeitschrift mit dem Schwerpunkt Geschichte der ArbeiterInnenbewegung einen wichtigen Schritt dahin getan, sich im Forschungsfeld zu positionieren und wird hoffentlich auch außerhalb akademischer Kreise neue Leserinnen und Leser gewinnen. Insbesondere der neue Name ist ein gelungenes Signal, das eine thematische Erweiterung und Modernisierung dokumentiert: nicht mehr nur die männlichen Arbeiter sind angesprochen, sondern auch die Arbeiterinnen, zudem steht wie im englischen "Labour History" auch der Arbeitsprozess im Focus.