Am 13. Februar 2016 hatten wir nach Neuruppin eingeladen, um „Chancen und Grenzen solidarischer Ökonomie im ländlichen Raum“ auszuloten. Rund drei Dutzend TeilnehmerInnen folgten den Aufrufen, das gemeinsame Nachdenken über alternatives Wirtschaften an jenem Nachmittag mitzugestalten. Ob mit konkreten eigenen Projektvorstellungen, weiterführenden Fragen oder aus reinem Interesse an 'dem, was es da noch so gibt' – nach einem aufschlussreichen Input der vier ReferentInnen wurde sich in den anschließenden Workshops ambitioniert über Wege aus der kapitalistischen Produktionsweise ausgetauscht.
Zunächst wurden die politischen Rahmenbedingungen erläutert, welche durch das sozial-ökologische Konzept „Plan B“ der Linkspartei (repräsentiert von Andreas Bergmann) ihren parlamentarischen Niederschlag finden und möglicherweise durch selbstorganisatorische NGOs wie der „Dorfbewegung Brandenburg e.V. – Netzwerk Lebendige Dörfer“ (repräsentiert durch Prof. Dr. Kurt Krambach) flankiert werden könnte. Im gemeinsamen Workshop wurde sich hauptsächlich mit der Infrastruktur, speziell dem ÖPNV-Angebot in der ländlichen Region, auseinandergesetzt und zweierlei festgestellt: Zum einen sei der öffentliche Personennahverkehr wahrscheinlich nie im profitorientiertem Sinne „wirtschaftlich“ zu betreiben. Die Forderung von der LINKEN nach kostenlosem Nahverkehr, die sich am grundlegenden Bedürfnis nach Mobilität orientiert, sei vor Ort allerdings zweitrangig, da primär das erst einmal zu schaffende Angebot von Busverbindungen im Vordergrund stehe - getreu dem Motto: „Was nützt ein kostenloser bzw. günstiger Fahrkartentarif, wenn gar nichts fährt?!“. Zum anderen wurde deutlich, dass im digitalen Zeitalter kurz- und mittelfristig auch nach anderen Lösungen, wie vernetzte Fahrgemeinschaften gesucht werden müsse. Um diesen und ähnlichen Anliegen nichturbaner Gemeinschaften politisch mehr Stimmgewicht zu verleihen, könnte die Reorganisation von aktiven DörflerInnen in Netzwerken wie der Dorfbewegung erfolgversprechend sein.
Im Gespräch mit der dritten Referentin, Elisabeth Voß aus Berlin, wurde nach einem ersten Erfahrungsaustausch recht schnell die Frage problematisiert, wie Projekte solidarischer Ökonomie erfolgreich weitergeführt und wünschenswerterweise expandiert werden könnten. Es wurde deutlich, welch tragende Rolle eine progressive Politisierung hierbei spielt. Die Vernetzung und das solidarische Agieren zwischen zukunftsweisenden Projekten, in welcher Organisationsform auch immer – egal ob Partei, Genossenschaft, gemeinnütziger Verein oder selbstverwalteter Betrieb – müsse die Überwindung der herrschenden Verhältnisse als gemeinsamen Nenner aufweisen. Ansonsten drohe nicht nur das Zurückfallen in kleinbürgerliches Unternehmerdenken, sondern auch die Instrumentalisierung von rechts.
„Genossenschaften“ und „Politisierung“ waren Schlagworte im Diskussionskreis um den Aktivisten und Ökonom Markus Dunkel. Nachdem sich über fundamentale Prinzipien des Kapitalismus verständigt wurde, folgte eine perspektivische Debatte über Arbeitskämpfe und bedürfnisorientierte Produktion im regionalen wie globalen Maßstab. Einige der Erkenntnisse für die TeilnehmerInnen waren die Aktualität des Klassenbegriffes, die Notwendigkeit solidarischer Organisationsformen und das Fazit, dass die an diesem Tag besprochenen Projekte alternativer Ökonomie für sich allein erfolglos zu verpuffen drohen, wenn sie nicht in einen größeren Kontext transformatorischer Kämpfe gestellt werden.In diesem Sinne wurde großes Interesses geäußert, das Thema der alternativen Wirtschaftsformen weiter zu verfolgen, so dass die Theorie immer auch mit der Praxis einer sozialistischen Transformation einhergeht – auch im ländlichen Raum.
MaC