Nachricht | Deutsche / Europäische Geschichte - GK Geschichte Wolf: Jugendstil, München 2015

„… weit mehr als ein Überblick oder eine Einführung in den Jugendstil.“

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Der habilitierte Kunsthistoriker Wolf gibt in seinem Buch weit mehr als einen Überblick oder eine Einführung in den Jugendstil. Die Leserin bekommt vielmehr dank der fundierten Texte einen umfassenden Eindruck dieser künstlerischen Reformbewegung, nicht zuletzt dank der 241 farbigen Abbildungen.

Die Plakate von Toulouse-Lautrec sind wohl für den Jugendstil am bekanntesten. Die KünstlerInnen des Jugendstils schufen aber von der Kaffeetasse über Bucheinbände, Möbel und Schmuck bis hin zum kompletten Wohn- oder Bürohaus eine Vielfalt von Werken. Wolf geht dabei in weiten Teilen seines großformatigen Buches systematisch vor. Er ordnet diese Epoche nach Ländern und der ihnen zuzuordnenden lokalen Spielart des Jugendstils bzw. den dazugehörenden KünstlerInnen, von denen nachfolgend nur einige als Beispiele genannt seien: Großbritannien (Mackintosh), Frankreich, Belgien (Horta), Spanien (Gaudi), Österreich (Moser, Wiener Werkstätten) und Deutschland mit den Orten Berlin, Darmstadt, Hagen, München, Weimar und Worpswede. Zwei Bereiche, die Wolf als paradigmatisch und besonders charakteristisch ansieht -  und vier weitere Künstler werden dann vertiefend diskutiert: Malerei und Architektur sowie Hodler, Klimt, Much und Stuck. Wolf streift aber auch „Randbereiche“, wie etwa den Ausdruckstanz oder die Lichtästhetik.

Jugendstil  „ist das Träumen, man sei erwacht“ schrieb, so Wolf, Walter Benjamin einmal und meinte damit, dass das Scheitern des Jugendstils vorprogrammiert gewesen sei. Der aristokratische Habitus der Jugendstil-Produzenten und ihr Selbstverständnis verhinderten eine Ausbreitung ihrer Ideen und Produkte, dies war schon damals Thema von Diskussionen. Denn eine Massenproduktion hätte zu einer Profanisierung und dem Verlust der unabdingbaren, va. Auf dem Begriff der Schönheit basierenden Aura geführt. Schlussendlich wurde der Jugendstil selbst zum Ornament, obwohl er sich, vor allem in Österreich, in Kritik daran gegründet hatte. Weit vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges war der Jugendstil zu Ende – und wurde unter anderem vom Expressionismus und den Reformbemühungen des Deutschen Werkbundes abgelöst.

Dieses preiswerte und, das Wort lässt sich dieses Mal nicht vermeiden: opulente Buch ist im Original 2011 erschienen und enthält ein hilfreiches Personenregister.

Norbert Wolf: Jugendstil, Prestel Verlag, München 2015, 302 Seiten, Format 22,2 x 32 cm, 29,95 EUR