Nachricht | International / Transnational - Europa Engagierte KünstlerInnen reflektieren in Kiew über die Macht der Institutionen

Vom 13. bis 16. Mai 2016 fand das erste Seminar aus der Reihe «Preface. Political engagement and paradoxes of critical art» in Kiew statt.

Die Seminarreihe wird von der ukrainischen KünstlerIinnenvereinigung «Method» durchgeführt und von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefördert.

«Method» versteht sich als Bildungsplattform für engagierte KünstlerInnen und KuratorInnen in der Ukraine. Ziel ist es, unkonventionellen Alternativen zur veralteten, konservativ akademischen Kunstausbildung zu entwickeln und ein anderes Verständnis der modernen Kunst zu ermöglichen. Kunst soll der kritischen Erkenntnis dienen.

Im Rahmen ihres aktuellen Projekts «Preface» erforschen deshalb junge KünstlerInnen ästhetische, ethische und politische Dimensionen der Kunst und Ihrer Bergiffe und versuchen ein neues Glossar der modernen Kunst und Kultur zu schaffen. Es geht dabei auch um das Überprüfen der bereits gebräuchlichen Sprache der Kunst und die Erstellung eines anti-patriarchalen Kunstkonzeptes.

Im viertägigen Seminar forschten die KünsterIinnen aus der Ukraine und Belarus zusammen mit der Berliner Künstlerin und Kuratorin Inga Zimprich über Institutionen als Teil der Kunstausbildung und des Kulturwesens. Die zeitgenössische staatliche Kunstausbildung verlangt unter anderem von KünstlerInnen und ihrer Kunst die Herausbildung und Unterstützung eines nationalen Bewusstseins. Dieser Anforderung zu widerstehen und dieses aufgezwungene Rollenverständnis kritisch zu hinterfragen ist wohl die größte Herausforderung für die jungen Künstlerinnen und Künstler. Kritisches Denken und alternative künstlerische Repräsentationsformen sind seltener und deshalb umso wichtiger geworden.

Das seit Dezember 2014 geschaffene Ministerium für Informationspolitik ist nur eine dieser fragwürdigen Institutionen, mit denen der ukrainische Staat Kontrolle ausübt, den Patriotismus fördert und das gesellschaftskritische Potenzial der Kunst möglichst gering zu halten versucht.

Inga Zimprich bearbeitet dieses Thema nicht zum ersten Mal. Schon in mehreren Projekten hat sie sich damit auseinandergesetzt. Sie arbeitet in ihrer Forschung mit theoretischen und praktischen Methoden und Modulen. So ist die «Institutioneller Meditation» zu Beginn des Seminares eine Methode während der die KünstlerInnen ihre Erfahrungen mit Institutionen sammelten und eine ideale Institution entworfen. Darauf folgte die «Institutionelle Dichtung» bei der sich die Teilnehmenden in verschiedene Institutionen imaginieren und nachspüren, welche Dimension, Form, Farbe diese hat und wie dieses Zusammenspiel auf den Menschen wirkt.

In Bezug auf Robert Seiferts «Life of the institutions. On a general theory of institutionalization» wurde mit den Teilnehmenden über die derzeitigen institutionellen Transformationen in der Ukraine diskutiert. Dabei standen Fragen nach dem Einfluss der Transformationen auf die Persönlichkeiten der KünstlerInnen im Vordergrund. Die Institution erscheint als eine Art Unterdrückungmechanismus, sowohl von innen als auch von außen. Ist es möglich, die Institution von innen zu ändern? Oder ist sie schon ein Teil von uns selbst?

Zum Ende des Seminares wurde eine Broschüre entwickelt, die das Thema aufgreift - ein Text über eine fiktive Institution, die den realen ukrainischen Kunst- und Bildungsinstitutionen einen Spiegel vorhält.

In der Seminarreihe «Preface» sind für 2016 noch zwei Seminare vorgesehen, in denen freie Räume für Interpretationen geschaffen werden sollen.