Pressemeldung | Hunderttausende neue Jobs durch echte Mobilitätswende möglich

Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung berechnet verschiedene Szenarien beim Umbau der Mobilitätsindustrie

Umschlagfoto: Jan Woitas | picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Der Klimawandel ist in aller Munde und für einen echten Beitrag zum Klimawandel braucht es einen Systemwandel – auch im Verkehr. Statt die Zukunft im fortgesetzten Individualverkehr mit E-Autos zu suchen, muss es zu einem grundlegenden Umbau in der Mobilitätsindustrie kommen. Dabei können mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze entstehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Der Verkehr ist für ein Fünftel des CO2-Ausstoßes in Deutschland verantwortlich. Während in allen anderen Bereichen die Emissionen zurückgehen, ist dieser Anteil seit 1990 sogar um 170 Millionen Tonnen angestiegen. Das Elektro-Auto wird zwar als Lösung präsentiert, aber es sichert weder ausreichend Beschäftigung, noch ist es ökologisch nachhaltig: Der Verbrauch an Ressourcen, wie seltene Erden, für die Elektroantriebe ist enorm.

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat in einer neuen Studie berechnet, wie viel zusätzliche Beschäftigung im Zusammenhang mit einem sozialökologischen Umbau der Mobilitätsindustrie geschaffen werden kann. Dabei wurden zwei Szenarien der Abkehr vom Individualverkehr zugrunde gelegt: zum einen die Verdoppelung der Fahrgastzahlen im ÖPNV, zum anderen die Steigerung der Zahlen um den Faktor 2,5. Im ersten Fall könnten laut der Berechnungen bis zu 214.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Im zweiten sogar bis zu 314.000. Das Potenzial einer „kurzen Vollzeit für alle“, also einer flexiblen 30-Stunden-Woche, eingerechnet, könnten sogar mehr als 320.000 beziehungsweise über 430.000 Arbeitsplätze entstehen.

Der Wegfall von Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie wäre damit mehr als ausgeglichen. Selbst bei einer Halbierung der Produktion könnte der Verlust von Arbeitsplätzen bereits im ersten Szenario von der Ausweitung alternativer Produktion aufgefangen werden. Im Fall der zweieinhalbfachen Erhöhung der Fahrgastzahlen im ÖPNV würde es bereits zu einer nennenswerten Ausweitung der Beschäftigung kommen.

„Bei diesen Szenarien entstehen nicht einfach nur schlechter bezahlte ‚Ersatzarbeitsplätze‘, sondern industrielle Beschäftigung im Kernbereich der IG-Metall. Es sind Stellen, die das sozio-technische Wissen der Beschäftigten erfordern und damit gesellschaftlich unverzichtbare Tätigkeiten im Sinne der Schaffung einer industriellen Basis für die klimagerechte Mobilitätswende“, sagt Dr. Mario Candeias, Direktor des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung. „So eine sozialökologische Transformation braucht unglaublich viel Arbeitskraft, zum Beispiel zur Produktion zusätzlicher S-Bahnen, Straßenbahnen, Regional- und Fernzüge. Es werden neue Leitsysteme, Schienen, Werkstätten, ganze E-Bus-Systeme mit Oberleitung benötigt und vieles mehr. Das alles muss hergestellt und kann maßvoll exportiert werden. Das wäre eine echte Mobilitätswende statt nur einer einfachen Antriebswende.“

Die Studienergebnisse, über die heute auch die Süddeutsche Zeitung berichtet, sind nachzulesen in „Spurwechsel – Studien zu Mobilitätsindustrien, Beschäftigungspotenzialen und alternativer Produktion“ erschienen und bestellbar beim VSA-Verlag. Weitere Informationen sowie einen Videoclip finden Sie hier.

Jannine Hamilton
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