Ostexpansion, Nachbarschaftspolitik und das Empire Europa
Studien zur Militarisierung Europas 36/2008, von Jürgen Wagner.
Eine Studie des IMI (Tübingen), gefördert von der RLS.
Weit gehend unbemerkt hat sich der Charakter der Europäischen Union in den letzten Jahren grundlegend verändert. Dies zeigt sich anhand von Aussagen hoher europäischer Politiker, die vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar gewesen wären. So gab EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn an, er sehe in der Europäischen Union ein "gutmütiges Imperium" und auch Kommissionschef José Manuel Barroso sieht in der EU mittlerweile "eine Art Imperium". Damit befleißigen sich beide nassforsch einer Terminologie, die bis in die dunkelste Phase der europäischen Kolonialgeschichte zurückreicht und - eigentlich - lange
Zeit negativ konnotiert war.
Tatsächlich spiegeln diese Aussagen aber lediglich die Realität wider, wie sie sich spätestens seit der Osterweiterung im Jahr 2004 darstellt. "Mit anderen Worten", so der Politikprofessor Jan Zielonka, "hat diese besondere Erweiterungswelle den Charakter der Union auf dramatische und irreversible Weise verändert und wir müssen mit dieser Veränderung klarkommen". Die Studie greift diesen Gedanken auf und will zeigen, dass sich die Europäische Union von einem egalitären Gebilde mit flachen Hierarchien zwischen den Mitgliedsstaaten immer stärker in Richtung eines Imperiums mit einem ausgeprägten Zentrum-Peripherie-Gefälle verwandelt, in dem sich Macht und Einfluss zunehmend auf einige wenige Staaten im Zentrum konzentrieren. Namentlich handelt es sich hierbei um die kerneuropäischen Staaten - Deutschland, Frankreich und Großbritannien -, die das Gravitationszentrum des europäischen Imperiums bilden.
Inhalt
1. Einleitung S. 2
2. Die Phänomenologie eines Imperiums S. 4
2.1 Imperiale Mission S. 4
2.2 Entsouveränisierung und die Einmischung in innere Angelegenheiten S. 4
2.3 Dauerhaftes Zentrum-Peripherie-Gefälle S. 5
2.4 Fortdauernder Expansionsdrang bis hin zur direkten Kolonisierung S. 5
3. EUropas imperiale Mission: Altruismus oder nacktes Eigeninteresse? S. 5
3.1 Moralisches Imperium S. 6
3.2 Das sicherheitspolitische Empire S. 7
4. Die Osterweiterung und die Peripherisierung Osteuropas S. 8
4.1 Die EU-Osterweiterung: Zwischenstation auf dem Weg zur Supermacht S. 8
4.2 Das imperiale Design der EU-Osterweiterung S. 11
4.3 Qui bono? Die Ausplünderung Osteuropas S. 12
4.4 Die EU-Osterweiterung: eine Erfolgsgeschichte? S. 13
4.5 Osteuropa - das permanente Armenhaus am Rande Europas S. 14
5. Die Imperialisierung der EU und ihre neue
Zentrum-Peripherie-Struktur S. 16
5.1 Stimmgewichtung: vertraglich verankerte Machtverschiebung S. 16
5.2 Die institutionelle Verankerung Kerneuropas S. 19
6. Expansion ohne Erweiterung – die Europäische Nachbarschaftspolitik S. 21
6.1 Das doppelte Dilemma des EU-Expansionsdrangs S. 22
6.2 Die Genese der ENP S. 22
6.3 Our size fits them all! S. 23
7. Binnenmarkt und Battlegroups: EUropas Imperialer Kolonialsimus S. 25
7.1 Policing the Empire S. 25
7.2 Die EU-Kolonien Bosnien und Kosovo S. 27
7.3 Grenzen des Imperiums? S. 28
8. Plädoyer für eine anti-imperialistische Bewegung S. 30
Quelle: http://www.imi-online.de/download/EU-Studien-36-2008.pdf