Publikation Staat / Demokratie - Parteien / Wahlanalysen - Europa - Westeuropa Wenn das Saubermann-Image bröckelt

Frankreichs Konservative im Präsidentschaftswahlkampf

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Reihe

Online-Publ.

Autorin

Petra Hessenberger,

Erschienen

März 2017

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Nur online verfügbar

Von Petra Hessenberger, 15. März 2017

Im April und Mai wählen die Franzosen in zwei Wahlgängen einen neuen Staatspräsidenten. Der Ausgang der Wahl ist diesmal unsicherer als je zuvor. Noch im Herbst schien zu gelten, dass der Kandidat, der siegreich aus den Vorwahlen der bürgerlich-konservativen Partei Les Républicains hervorgeht, im Frühjahr in den Élysée-Palast einziehen würde. Die Konservativen organisierten zum ersten Mal Vorwahlen, um sich auf einen Kandidaten zu einigen, der möglichst viele Wähler hinter sich versammeln sollte. Die Sozialisten hatten bereits 2011 mithilfe dieses Verfahrens ihren Präsidentschaftskandidaten ermittelt. Nachdem es 2015 zu einem Führungsstreit innerhalb der Partei Les Républicains gekommen war und sich kein «natürlicher» Präsidentschaftskandidat abzuzeichnen schien, entschlossen sich auch die Konservativen zu diesem Schritt.

Bemerkenswert ist, dass bei den Vorwahlen Parteikollegen als Konkurrenten gegeneinander antraten. In wesentlichen wirtschafts- und sozialpolitischen Punkten decken sich ihre Programme: Senkung der öffentlichen Ausgaben, steuerliche Entlastung von Haushalten und Unternehmen, Abschaffung der 35-Stunden-Woche, Kürzung des Arbeitslosengeldes und Anhebung des Rentenalters. Einen wesentlichen Unterschied zwischen den drei stärksten Kandidaten findet man bei der Identitätsdebatte. Während François Fillon und Nicolas Sarkozy Verfechter des Assimilationsprinzips sind, setzte Alain Juppé im Vorwahlkampf mit seinem Konzept der «glücklichen Identität» (identité heureuse) auf das Integrationskonzept.

Die Vorwahlen der Konservativen sind als Erfolg zu werten, gaben doch mehr als vier Millionen Franzosen ihre Stimme ab. Da viele diese Vorwahlen bereits als Auftakt der Präsidentschaftswahlen sahen, nahmen auch viele linke Wähler an den offenen Vorwahlen teil. Im ersten Wahlgang am 20. November schied überraschend der ehemalige Staatspräsident Nicolas Sarkozy (2007–2012) als Drittplatzierter aus. Als sich eine Woche später der ehemalige Premierminister (2007–2012) François Fillon gegen den lange Zeit favorisierten Alain Juppé durchsetzen konnte, lag Fillon laut den Umfragen im Rennen um den Einzug in den Élysée-Palast an erster Stelle. Mit ihm bekam die bürgerliche Rechte einen reaktionären Politiker und praktizierenden Katholiken als Präsidentschaftskandidaten. Mit seinen nationalen und konservativen Überzeugungen kann er durchaus auch Wähler des extrem rechten Front National ansprechen.
 

Verzicht von Hollande – Weg frei für Fillon

Am 1. Dezember gab der amtierende Staatspräsident François Hollande in einer Fernsehansprache bekannt, auf eine Kandidatur für eine weitere Amtszeit zu verzichten. Ein Novum in der Fünften Republik, bisher hatte noch jeder scheidende Präsident für eine zweite Amtszeit kandidiert. Der 62-jährige Sozialist Hollande blickt auf eine wenig erfolgreiche Amtszeit zurück, in der Frankreich zudem von drei schweren Terroranschlägen erschüttert wurde. Viele lasten die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftsschwäche Frankreichs nicht zuletzt seiner zögerlichen Politik an. François Hollande verkündete, er sei sich der Risiken bewusst, die seine erneute Kandidatur berge, da er nicht ausreichend Wählerstimmen versammeln würde. Er habe daher beschlossen, nicht erneut zu kandidieren. In diversen Umfragen wurden seiner gespaltenen Regierungspartei – unabhängig vom Kandidaten – kaum Chancen ausgerechnet, überhaupt in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen einzuziehen. Spätestens nach François Hollandes Ankündigung schien der konservative François Fillon auf der Zielgeraden in den Élysée-Palast zu sein.
 

Penelope-Gate als Wendepunkt im Wahlkampf

Am 25. Januar dann der Paukenschlag im Präsidentschaftswahlkampf. Die satirische Wochenzeitung Le Canard enchaîné berichtete über eine mögliche Scheinbeschäftigung von Penelope Fillon durch ihren Ehemann. Das Rennen um den Einzug in den Élysée-Palast des stets als Saubermann präsentierten Kandidaten Fillon nahm mit dieser Meldung eine unerwartete Wendung. Laut den Enthüllungen soll François Fillon während seiner Zeit als Abgeordneter seine Frau jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin beschäftigt haben. Das französische Recht erlaubt den Abgeordneten, ihre Familienmitglieder zu beschäftigen. Dass diese Praktik nicht nur legal, sondern auch sehr verbreitet ist, zeigen die Nachforschungen der unabhängigen Internetzeitung Mediapart: Im Jahr 2014 beschäftigten 20 Prozent der Abgeordneten (115 von 577) ein Familienmitglied. Im Fall von der aus Wales stammenden Penelope Fillon soll es sich laut bisherigen Erkenntnissen aber um eine Scheinbeschäftigung handeln. In den folgenden Tagen wurden mehr und mehr Details bekannt und die Beweislast immer erdrückender. François Fillon wird vorgeworfen, seine Frau als parlamentarische Mitarbeiterin in den Jahren 1988 bis 1990, 1998 bis 2007 und 2012/13 für ein Gehalt von insgesamt 831.440 Euro brutto beschäftigt zu haben. Von Juli 2002 bis August 2007 war sie als parlamentarische Mitarbeiterin von Marc Joulaud, dem Nachfolger ihres Mannes, angestellt.
 

Interview mit Spätfolgen

Penelope Fillon selbst hatte im Mai 2007 in einem Interview für die britische Zeitung Sunday Telegraph gesagt, dass sie nie als Mitarbeiterin ihres Mannes tätig war. Auf die Frage, ob sie in seine Wahlkämpfe oder in seine politische Karriere eingebunden sei, antwortete sie, «ja, gewöhnlich war ich es» («I used to, yes»). «Ich war nie wirklich seine Mitarbeiterin» (I have actually never been his assistant or something like that») und «ich habe mich auch nicht um seine Kommunikation gekümmert» («I don’t deal with his communications»), erklärte Penelope Fillon im weiteren Gesprächsverlauf. Da sie festgestellt habe, dass ihre Kinder sie nur als Mutter sehen würden, habe sie sich an der Universität in englischer Literatur eingeschrieben. Sie hätte sich mit Sicherheit eine Arbeit gesucht, wenn sie nicht noch ihr fünftes Kind bekommen hätte, meinte sie weiter. All diese Aussagen klingen nicht nach einer Frau, die seit vielen Jahren voll im Berufsleben steht. Zu diesem Zeitpunkt jedoch war Penelope Fillon offiziell als parlamentarische Mitarbeiterin von Marc Jouland beschäftigt und erhielt ein Nettomonatsgehalt von 6.000 Euro. François Fillon legte im Laufe der Ermittlungen das Anstellungsverhältnis und das Gehalt seiner Frau offen. Penelope Fillon war demnach insgesamt mehr als 15 Jahre als parlamentarische Mitarbeiterin mit einem durchschnittlichen Nettomonatsgehalt von 3.677 Euro angestellt. Eine Videoaufzeichnung dieses Interviews wurde schließlich am 2. Februar im Nachrichtenmagazin «Envoyé spécial» von dem französischen Fernsehsender France 2 ausgestrahlt.

Auch die Aussage der damaligen parlamentarischen Mitarbeiterin von Marc Jouland bekräftigt den Vorwurf des «fiktiven Arbeitsverhältnisses». «Ich habe nie mit ihr gearbeitet, ich habe keine Informationen zu diesem Thema. Ich kannte sie nur als Frau des Ministers», sagte Jeanne Robinson-Behre den Journalisten des Canard enchaîné.
 

Anstellung bei Revue des Deux Mondes

2012 und 2013 war Penelope Fillon zusätzlich als literarische Beraterin für die Literaturzeitschrift Revue des Deux Mondes tätig und erhielt dafür 100.000 Euro brutto. Das Nachrichtenmagazin Marianne veröffentlichte die einzigen beiden Rezensionen, die Penelope Fillon unter dem Pseudonym Pauline Camille veröffentlicht hatte. Der damalige Redaktionsleiter der Literaturzeitschrift, Michel Crépu, hatte erst durch die Nachforschungen der Journalisten erfahren, dass Penelope Fillon einen Posten innehatte. Er habe sie nie in den Redaktionsbüros gesehen. Auch bei dieser Anstellung scheint es sich um einen Gefälligkeitsjob zu handeln, gehört die Revue des Deux Mondes doch einem Freund François Fillons, dem Geschäftsmann Marc Ladreit de Lacharrière. Dieser verteidigte Penelope Fillon, indem er erklärte, da die Verkaufszahlen rückläufig gewesen seien, habe er einige Freunde gebeten, über die Zukunft der Zeitschrift nachzudenken, und Penelope Fillon habe zu diesen beratenden Personen gehört.

Weiterer Anklagepunkt in der Causa Fillon: Als Senator hatte Fillon zwischen 2005 und 2007 zwei seiner fünf Kinder für «juristische Expertisen» mit insgesamt 84.000 Euro großzügig entlohnt. Anders als von ihm beteuert, waren seine Kinder damals noch keine Rechtsanwälte, sondern studierten noch. Auch in diesem Fall besteht der Verdacht der Scheinbeschäftigung. Später wurde bekannt, dass die beiden Kinder einen Teil ihres Gehalts umgehend an die Eltern überwiesen hatten. Bereits am ersten Tag der Enthüllungen des Canard enchaîné leitete die nationale Finanzstaatsanwaltschaft umgehend eine Voruntersuchung wegen Veruntreuung von Steuergeldern ein.
 

«Niederträchtiger Vorwurf» und «Verleumdung»

Der Parteichef der konservativen Republikaner, Bernard Accoyer, war einer der Ersten, der für François Fillon in die Bresche sprang. Er verteidigte ihn, indem er versicherte, Penelope Fillon habe zur Arbeit ihres Mannes beigetragen. «Sie ist eine Lokalpolitikerin, die im Schatten ihres Mannes arbeitet», sagte er über sie im Radiosender France Inter. François Fillon wies alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe am 26. Januar im Nachrichtenmagazin des Fernsehsenders TF1 heftig zurück. Er finde keine Worte, um seine Abscheu für diesen niederträchtigen Vorwurf auszudrücken. Er bestätigte im Interview, seine Frau habe als parlamentarische Mitarbeiterin Vollzeit für ihn gearbeitet. Sie habe unter anderem seine Reden korrigiert, Gäste für ihn empfangen, ihn bei Veranstaltungen und Vereinen vertreten und die Tagespresse durchgearbeitet. Er sprach von «Verleumdung» und zeigte sich schockiert, dass man versuche, seine Frau anzugreifen, um ihm zu schaden. Eine einzige Sache würde ihn abhalten, für das Präsidentenamt zu kandidieren, versicherte François Fillon – der sich im Vorwahlkampf stets als der Untadelige und Unbescholtene inszeniert hatte: «Wenn meine Ehre angegriffen und ein Ermittlungsverfahren gegen mich eingeleitet werden würde.»
 

Der tiefe Fall des untadeligen Kandidaten

Auch wenn der konservative Kandidat sich von seiner Unschuld überzeugt zeigt, das Penelope-Gate belastet seinen Wahlkampf. Laut einer Odoxa-Umfrage vom 26. Januar haben 61 Prozent der Befragten eine «schlechte» oder «eher schlechte» Meinung von François Fillon, dies betrifft sowohl linke als auch rechte Wähler. Im Gegensatz dazu lag die Zustimmung bei einer Ifop-Umfrage im November 2016 noch bei 54 Prozent. Der Fall ist insofern besonders brisant, als sich François Fillon immer als Saubermann präsentierte, für den Werte wie Arbeit an erster Stelle stehen. Bei seinem Wahlkampfauftakt im August 2016 in seiner Wahlheimat Sablé-sur-Sarthe kritisierte François Fillon seine Konkurrenten Nicolas Sarkozy und Alain Juppé mit den Worten: «Wer hätte sich auch nur einen Moment vorstellen können, dass General de Gaulle in ein Strafverfahren verwickelt ist?» Sowohl gegen Alain Juppé als auch gegen Nicolas Sarkozy wurde, während sie politische Ämter innehatten, ermittelt. In einer Fernsehdebatte vor dem zweiten Wahlgang, in der er Alain Juppé gegenüberstand, betonte er, «man kann Frankreich nicht führen, wenn man nicht tadellos ist». Die Fallhöhe ist bei François Fillon somit besonders groß.

Bei einer Befragung durch die Ermittler am 30. Januar konnte das Ehepaar Fillon keine Beweise für eine tatsächliche Arbeitsleistung von Penelope Fillon vorlegen. Bei Ermittlungen im Parlament am darauffolgenden Tag konnten ebenfalls keine Hinweise auf ihre Tätigkeit als parlamentarische Mitarbeiterin gefunden werden. So besaß Penelope Fillon weder einen Zugangsausweis für das Parlament noch eine offizielle E-Mail-Adresse. Kein Wunder also, dass vermehrt über einen Rücktritt von François Fillon als Präsidentschaftskandidat spekuliert wurde. Bei einer überraschend angesetzten Pressekonferenz am 1. März teilte er jedoch mit, dass er – obwohl er eine Vorladung von den zuständigen Untersuchungsrichtern erhalten habe – weiterhin an seiner Kandidatur festhalte. Der Vorladung für den 15. März werde er selbstverständlich folgen. Anschließend ging François Fillon zum Angriff auf die französische Justiz und Presse über: Er verstehe die Anklage als eine «systematische Verletzung des Rechtsstaats», sehe sich selbst und die französischen Präsidentschaftswahlen als Opfer eines «politischen Mordes». Er sprach von einer «Herausforderung für die Demokratie» und betonte, dass er sich ausschließlich der Abstimmung durch das Volk beugen werde.
 

Opferstrategie und Rücktrittsforderungen

François Fillon stilisiere sich mit diesem Verhalten zum Opfer des Systems, analysiert Jean Petaux, Politologe an der Universität Sciences Po Bordeaux. «Dieses Verhalten ist vollkommen unverantwortlich und äußerst gefährlich, insbesondere deshalb, weil er als möglicher Präsident per Verfassung als Garant und Behüter der Unabhängigkeit der Justiz fungiert», erklärt Jean Petaux. Ähnlich sieht dies auch Thomas Guénolé, Politologe an der Universität Sciences Po Paris: «Mit seinen Aussagen stellt François Fillon die Justiz und die Presse als Gegenmacht infrage, er schwächt auf diese Art die pluralistische Demokratie.»

Die Kritik aus dem eigenen Lager wurde zunehmend lauter. Viele Vertraute, Parteikollegen und Angestellte der Wahlkampagne zogen nach dieser Pressekonferenz ihre Unterstützung für François Fillon zurück. Am 2. März trat Gilles Boyer von seinem Posten als Schatzmeister der Partei zurück, am Tag darauf der Wahlkampfleiter Patrick Stefanini. Am 9. März führte die Zeitung Libération 296 Personen namentlich auf, die ihre Unterstützung für François Fillon zurückgezogen hätten. Viele Konservative verlangten einen Rücktritt von François Fillon und einen «Plan B», um den Wahlsieg ihrer Partei noch zu retten.
 

Bestätigung durch das Volk

Mit Ungeduld wurde eine Stellungnahme der Frau erwartet, die der Affäre ihren Namen gegeben hat. Penelope Fillon meldete sich schließlich am 5. März in einem langen Interview im Journal du Dimanche zu Wort. Sie bekräftigte, als parlamentarische Mitarbeiterin ihres Mannes verschiedene Aufgaben erledigt zu haben, ihre E-Mail-Korrespondenz habe sie den Ermittlern übergeben. Ihren Mann habe sie darin bestärkt, weiterzumachen und bis zum Schluss durchzuhalten.

Um seinen großen Rückhalt bei den französischen Wählern zu demonstrieren, kündigte François Fillon für den 5. März eine Solidaritätskundgebung in Paris an. Vorsichtshalber waren Transparente und Plakate untersagt – einzig die französische Flagge durfte gezeigt werden –, die Organisatoren hatten wohl Angst, dass die Anhänger Fillons die Kundgebung zu einer Demonstration gegen die Justiz und die Presse machen würden. François Fillon selbst hatte ja sein Misstrauen gegenüber der Justiz und seinen Unmut gegen die Presse deutlich gemacht. Bei strömendem Regen konnte er Tausende Anhänger versammeln. Seiner Strategie blieb er dabei treu. Er bezeichnete sich als Opfer einer «Hetzjagd» und hielt an seiner Kandidatur fest.

Trotz dieser Machtdemonstration durch seine Anhänger wurden die Rufe nach einem «Plan B» im konservativen Lager immer lauter. Alain Juppé räumte jedoch am nächsten Tag endgültig mit den Gerüchten auf, wonach er als Ersatzkandidat für François Fillon einspringen sollte: «Ein für alle Mal, ich stehe als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen nicht zur Verfügung.» Gleichzeitig verurteilte er François Fillons Verhalten scharf, dieser befinde sich in einer «Sackgasse». Nach tagelangen Debatten, der Absage Alain Juppés und einer Krisensitzung sicherte die Partei Les Républicains ihrem angeschlagenen Kandidaten erneut ihre Unterstützung zu. Die Politologen Jean Petaux und Thomas Guénolé sind sich einig, dass es für die Partei nun zu spät ist, einen neuen Kandidaten aufzustellen. François Fillons Hartnäckigkeit scheint sich auszuzahlen. «Er hat seine Partei in Geiselhaft genommen», stellt Thomas Guénolé fest.
 

Unsichere Prognosen, sicherer Vertrauensverlust

Einen Tag früher als geplant wurde am 14. März das Ermittlungsverfahren gegen François Fillon eröffnet. An seiner geplanten Kandidatur wird das vermutlich nichts mehr ändern. Die offizielle Nominierung der Kandidaten erfolgt nämlich bereits am 17. März. Sollte François Fillon tatsächlich im Mai zum Staatspräsidenten gewählt werden, würde er in den Genuss der Immunität kommen. Ein Wahlsieg des einstigen Favoriten wird jedoch zunehmend unwahrscheinlicher. Laut Ifop-Umfrage vom 15. März liegt François Fillon mit 18,5 Prozent an dritter Stelle. Er befindet sich damit deutlich hinter dem Zweitplatzierten Emmanuel Macron mit 25,5 Prozent. Die Spitzenposition verteidigt die Kandidatin des extrem rechten Front National, Marine Le Pen, mit 26,5 Prozent. Die Vergangenheit hat gezeigt hat, dass Prognosen oft falschliegen. Eines ist jedoch sicher, die Gefahr, dass die extreme Rechte an die Macht kommt, war noch nie so groß.

Aus deutscher Sicht ist es unverständlich, dass ein wegen Veruntreuung von Staatsgeldern angeklagter Politiker für das höchste Amt im Staate kandidieren kann. Etliche deutsche Politiker sind wegen weit geringerer Delikte zurückgetreten, man denke nur an die prominenten Fälle Guttenberg und Wulff. Bedauernswert ist auch, dass durch das Penelope-Gate die Diskussion über politische Inhalte in der Berichterstattung und der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund getreten ist. Die Franzosen, die ohnehin stark an der Ehrlichkeit ihrer Politiker zweifeln, werden durch den Fall Fillon sicher nicht vom Gegenteil überzeugt.
 

Petra Hessenberger ist studierte Romanistin und Slawistin. Seit September 2011 lebt sie in Paris, wo sie vier Jahre an der Universität Paris-Sorbonne unterrichtete. Nach einer ersten journalistischen Erfahrung bei der französischen Tageszeitung Libération ist sie nun Studentin des Masterstudiengangs für deutsch-französischen Journalismus in Paris.