1. Der Streit der Paradigmen
Bekanntlich gibt es nicht die Volkswirtschaftslehre, sondern unterschiedliche Volkswirtschaftslehren. Sofern die jeweiligen theoretischen Schulen bei zentralen Aspekten der Wissenschaftsdisziplin gemeinsame Auffassungen haben, lassen sie sich jeweiligen Paradigmen zuordnen. Solche zentralen Aspekte betreffen beispielsweise die Frage, ob Geld neutral ist, ob Krisenprozesse als systemimmanent eingeschätzt werden oder, um ein letztes Beispiel zu nennen, ob die Lohnhöhe über das Beschäftigungs- oder über das Preisniveau entscheidet. Es hat sich die Einteilung in neoklassische, keynesianische und klassische (bzw. marxistische) Paradigmen eingebürgert. Aus hier nicht zu diskutierenden Gründen hat das klassische Paradigma in den letzten Jahren einen gravierenden Bedeutungsverlust erfahren, so dass es zumindest in den aktuellen gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen keine wesentliche Rolle spielt. Selbstverständlich gibt es auch theoretische Entwürfe, die sich einer paradigmatischen Zuordnung entziehen. Sie gelten als heterodoxe Theorieansätze. Da sie nicht in der Lage sind, ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept anzubieten, spielen auch sie in den wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen eine untergeordnete Rolle. ...