Publikation Geschichte - International / Transnational - Deutsche / Europäische Geschichte - Europa Osteuropa in Tradition und Wandel - Band 8(2)

Leipziger Jahrbücher: Osteuropakunde an der Leipziger Universität und in der DDR. Autor*innen: Volker Hölzer, Ernstgert Kalbe, Lutz-Dieter Behrendt, Bernd Koenitz, Dietmar Endler, Uwe Büttner, Erwin Lewin, Dieter Nehring, Günter Rosenfeld

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Erschienen

Januar 2006

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2. Halbband enthält:

  • Inhalt (S. 381-383)
  • III Berichte und Dokumentationen:
    • Volker Hölzer/Ernstgert Kalbe: Auswahl von Dokumenten über historische und andere Disziplinen der Osteuropakunde an der Leipziger Universität (S. 387-462)
    • Lutz-Dieter Behrendt: Friedrich Braun und die osteuropäische Geschichte an der Leipziger Universität in den Jahren der Weimarer Republik (S. 463-491)
    • Bernd Koenitz: Persönlicher Rückblick auf die Bohemistik und Slowakistik an der Karl-Marx-Universität Leipzig (S. 493-527)
    • Dietmar Endler: Persönliche Anmerkungen zur jüngeren Geschichte der Bulgaristik in Leipzig (S. 529-539)
    • Uwe Büttner: Zu den bulgaristischen Disziplinen an der Leipziger Universität (S. 541-578)
    • Erwin Lewin/Dieter Nehring: Forschungen zur albanischen Sprache, Kultur und Geschichte. Neubeginn und Traditionen (S. 579-613)
    • Redaktionell: Günter Rosenfeld zum 80. Geburtstag (S. 615-617)
    • Günter Rosenfeld: Nachlese zu historischen und aktuellen Entwicklungen in der UdSSR. Artikel aus dem »Neuen Deutschland« zwischen 1994 und 2005 (S. 619-683)
    • Weitere Veröffentlichungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen und der Gesellschaft für Kultursoziologie zu Osteuropa-Themen (S. 685-697)
    • Zu den Autoren dieses Bandes (S. 699-707)

1. Halbband: Osteuropakunde an der Leipziger Universität und in der DDR

Editorial:
»Im Herbst 2009 begeht die Leipziger Universität das 600jährige Jubiläum ihrer Gründung, die als Reaktion auf das Erwachen des Nationalbewußtseins der slawischen Völker erfolgte, das seinen sichtbaren Ausdruck in der revolutionären Hussitenbewegung in Böhmen gefunden hatte. ... Nach der Zerschlagung des Faschismus wurde die Leipziger Universität auf der Grundlage des Befehls Nr. 12 der SMAD vom 15. Januar 1946 am 5. Februar desselben Jahres mit der Verpflichtung zur humanistischen und demokratischen Erneuerung dieser höchsten Bildungsstätte neu eröffnet, was die Brechung des Bildungsprivilegs bislang herrschender Klassen, die Gewinnung antifaschistischer Lehrkräfte und die Ausbildung eines demokratischen wissenschaftlichen Nachwuchses verlangte, wozu die Einrichtung von Vorstudienanstalten bzw. später von Arbeiter- und Bauernfakultäten für die Kinder werktätiger Klassen und Schichten einen wichtigen Beitrag leistete. Dieser Umbruch war mit dem Wirken solcher antifaschistischer Hochschullehrer wie Fritz Behrens, Werner Krauss, Ernst Bloch, Hans Mayer, Walter Markov, Emil Fuchs und Joseph Schleifstein verbunden.
Dabei kam der Lehre und Forschung auf dem Felde der Geschichtswissenschaft, vor allem zu den geschichtlichen Traditionen der progressiven und demokratischen Kräfte des deutschen Volkes, zur Geschichte der Völker der UdSSR wie der östlichen Nachbarvölker Deutschlands eine besondere Rolle zu, die von bewährten Antifaschisten, in Leipzig u. a. von Walter Markov, Ernst Engelberg und dann Walter Bartel, ausgefüllt wurde. Analogien dazu lassen sich auch über die Aufgaben und die Entwicklung anderer geisteswissenschaftlicher Fächer, darunter der osteuropakundlichen Nachbardisziplinen – der Slawistik, der Sprach-, Literatur- und Wirtschaftswissenschaft – herstellen.
Der Beschluß des ZK der SED von 1955 über die Entwicklung der Geschichtswissenschaft in der DDR erklärte die Untersuchung der Osteuropapolitik des deutschen Imperialismus, die Pflege der revolutionären und demokratischen Beziehungen zwischen dem deutschen Volk und den Völkern Osteuropas sowie die Verbreitung eines humanistischen Geschichtsbildes über die Entwicklung der osteuropäischen Völker zu zentralen wissenschaftspolitischen Anliegen. Dazu leisteten die historischen Institute und Lehrstühle für osteuropäische Geschichte in Leipzig, Berlin, Halle und Jena einen angemessenen Beitrag, auch durch die Entwicklung von fruchtbaren Kooperationsbeziehungen mit Fachkollegen der sozialistischen Länder Osteuropas.
Freilich darf man nicht übersehen, daß auch in den osteuropakundlichen Instituten und Einrichtungen der DDR eine zunehmend einseitig verengte und dogmatische Sicht auf die Entwicklung Osteuropas und die Beziehungen Deutschlands mit seinen östlichen Nachbarvölkern Platz griff, die im quasi gesetzmäßigen Sieg sozialistischer Revolutionen und des Sozialismus als Gesellschaftsordnung kulminierte. Insbesondere die Defizite an Demokratie wie die diktatorische Machtausübung samt ihren Folgewirkungen blieben dabei außerhalb der Betrachtung. Nach der Implosion des osteuropäischen Realsozialismus verlangt das eine kritische und sachliche Neubewertung mancher historischer Prozesse und Ereignisse, die eine selbstkritische Einschätzung der eigenen damaligen Positionen einschließt, aber auch die selbstbewußte Wertung der geleisteten Arbeit, zumal damals (und heute wieder) auch die ›westlichen‹ Fachwissenschaften das historische Geschehen in der sozialistischen Region Osteuropas bis 1990/1991 keineswegs frei von Vorurteilen, Fehlern und Irrtümern beurteilten.
Nachträgliche Gänge nach Canossa sind also ebenso überflüssig wie voreilige Anpassung an den heutigen Mainstream überheblicher Sichten auf osteuropäische Gesellschaften. Wohl aber möchte der vorliegende Band im Gang auf die 600-Jahrfeier der Leipziger Universität das Wirken der osteuropakundlichen Disziplinen im 20. Jahrhundert, vor allem in den Jahren der Weimarer Republik, der faschistischen Diktatur und der realsozialistischen DDR-Zeit beschreiben und neu bewerten, was Rückgriffe auf die vorherige Wissenschaftsentwicklung einschließt und Vorgriffe auf die gegenwärtig im Gang befindliche Neuprofilierung von Disziplinen der Osteuropakunde – auch wegen direkter Betroffenheit der ›abgewickelten Garnituren‹ von Wissenschaftlern – weitgehend ausschließt. ...«


Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen und Gesellschaft für Kultursoziologie, 2006. 707 S.

Kostenbeitrag beide Bände: 30,00 €, Mitglieder 20,00 €

Bestellungen bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen unter: info@rosalux-sachsen.de, Tel: 0341-960 85 31

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