Publikation Geschlechterverhältnisse Experiment Frauenhochschule: feministisches Reformprojekt oder geschlechtsspezifische Elitebildung?

von Barbara Nohr. mit Anhang: “Dem Demokratiedefizit entgegenarbeiten” – Interview mit zwei Teilnehmerinnen der Internationalen Frauenuniversität (ifu) im Rahmen der Expo 2000 Manuskripte 8 der RLS

Information

Reihe

Manuskripte

Autor

Barbara Nohr,

Erschienen

Dezember 2000

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von Barbara Nohr. mit Anhang: “Dem Demokratiedefizit entgegenarbeiten” – Interview mit zwei Teilnehmerinnen der Internationalen Frauenuniversität (ifu) im Rahmen der Expo 2000

Manuskripte 8 der RLS

Inhalt

Einleitung

1. Warum eine Hochschule nur für Frauen?

1.1 Ist die Frauenförderung gescheitert?

1.2 Frauen in Naturwissenschaft und Technik

1.3 Feministische Wissenschaftskritik

1.4 Koedukation in der Sackgasse?

1.5 Madelaine Albright und Hillary Clinton – leuchtendes Beispiel USA?

1.6 Sexualisierte Gewalt gegen Studentinnen: Schnee von gestern?

1.7 Fazit

2. Historische Vorläuferinnen in Deutschland

2.1 Die Hochschule für das weibliche Geschlecht in Hamburg

2.2 Die Hochschule für Frauen in Leipzig

2.3 Entwicklung des Frauenstudiums in Deutschland

3. Eine Selbstverständlichkeit? Women Colleges in den USA

3.1 Historisches zu den Women Colleges in den USA

3.2 Eingeholt durch die Koedukation: Women Colleges in der Krise?

3.3 Aktuelle Herausforderungen

4. Die Idee von Frauenhochschulen in Deutschland

4.1 Alle sollen alles wissen – Eine Sommeruniversität der Frauen

4.2 Konzepte und Initiativen seit den 80ern

4.2.1 Das Manifest der Frauen und die Hochschule der Frauen

4.2.2 Die Technische Universität der Frauen Europas

4.2.3 Der Förderverein Virginia Woolf Frauenuniversität

4.2.4 Die internationale Frauenuniversität “Technik und Kultur” (ifu)

4.3 Kritik

5. Die Frauenhochschule im Kontext emanzipatorischer Hochschulpolitik

5.1 Die Gruppenhochschule: ein feministisches Modell?

5.2 Die Hochschule als Dienstleistungsbetrieb

5.3 Demokratisierung und Chancengleichheit als Eckpfeiler einer feministischen Hochschulpolitik

6. Literatur

Anhang: “Dem Demokratiedefizit entgegenarbeiten” – Interview mit zwei Teilnehmerinnen der Internationalen Frauenuniversität (ifu) im Rahmen der Expo 2000

Einleitung

“Alle sollen alles wissen.”

– Motto der Berliner Sommeruniversität, 1976

“Wir brauchen realistische Chancen für

die weibliche Intelligenz von morgen.

Die Frauenuniversität soll diese

weibliche Elite ausbilden.”

– Ayla Neusel, Präsidentin der ifu, 1997

Die Diskussion um das Pro und Contra einer Frauenuniversität wird seit einiger Zeit intensiv geführt. Aktueller Anlass ist die Durchführung der Internationalen Frauenuniversität Technik und Kultur (ifu) in Hannover, an der mehr als 900 Frauen aus 115 Ländern studiert haben. Bisherige Einschätzungen von Studentinnen und Mitarbeiterinnen lassen eine ambivalente Auswertung erwarten, so z. B. Corinna Genschel und Christine Loew in einem Interview mit der Zeitschrift Forum Wissenschaft. Das Interview, erschienen in der Forum Wissenschaft 4/2000, findet sich mit freundlicher Genehmigung der Redaktion im Anhang.

Die Auseinandersetzung mit der ifu ist bereits im Vorfeld sehr vehement und widersprüchlich geführt worden – auch und vor allem in feministischen Kreisen. Während auf der einen Seite die Durchführung einer Frauenuniversität mit internationalem und interdisziplinärem Anspruch begrüßt wurde, war und bleibt auf der anderen Seite die Struktur des Hochschulmodells sowie deren Anbindung an die Weltausstellung Expo massiv umstritten.

Die vorliegende Studie will folgendes leisten: zunächst werden die Argumente kritisch aufgegriffen, die generell für eine eigenständige Frauenhochschule sprechen. Schließlich ist es noch nicht lange her, dass Frauen vom höheren Bildungssystem ausgeschlossen waren und die Öffnung der Hochschulen und Schulen sowie den koedukativen Unterricht als ihren Erfolg feiern konnten. Frauenhochschulen haben in Deutschland keine Tradition. Oder besser fast keine: denn immerhin hat es zwei Versuche gegeben, die im zweiten Kapitel skizziert werden. Im dritten Kapitel stehen die US-amerikanischen Women Colleges im Vordergrund. Keine Debatte zum Thema Frauenhochschule, in der nicht auf den vermeintlichen Zusammenhang von Erfolg und Studium an einem Women College der Karrierefrauen Madelaine Albright und Hillary Clinton hingewiesen wird. Was hat es damit auf sich und inwieweit sind die Erfahrungen auf hiesige Verhältnisse übertragbar? Im Zentrum des vierten Kapitels stehen die Ideen und Projekte, die seit den 70er Jahren in Westdeutschland zum Thema Frauenhochschule entwickelt wurden. Bei der Vorstellung der einzelnen Modelle wird deutlich, wie unterschiedlich die theoretischen Konzepte und politischen Ziele sind. Differenztheoretische Überzeugungen stehen dekonstruktivistisch motivierten Modellen gegenüber, Elitekonzeptionen solchen, die am Ziel der Demokratisierung von Hochschulen festhalten und Chancengleichheit, Mitbestimmung sowie emanzipatorische Wissenschaftskritik als zentral erachten. Gemeinsam ist ihnen lediglich die Erkenntnis, dass Frauen in Hochschule und Wissenschaft diskriminiert sind und dass eine Frauenhochschule ein Weg sein kann, diese Diskriminierung zumindest teilweise zu überwinden oder wenigstens abzufedern. Abschließend soll die Diskussion um die Idee einer Frauenhochschule in die aktuell geführte Hochschuldebatte eingebettet und bewertet werden.