Ausgehend von einem medientheoretischen Konzept, das zu erklären sucht, welche Rolle die Massenmedien im Rahmen der Ethnisierung unserer Gesellschaft, einer "Kulturalisierung" von Politik und der Entpolitisierung sozialökonomischer Konflikte spielen, analysiert dieser Beitrag, wie Migrant(inn)en bzw. ihre Nachkommen zu "Fremden" gemacht werden, welches Bild der "multikulturellen Gesellschaft" die deutschen Journalist(inn)en vermitteln und wie sie über organisierten Rechtsextremismus, Rassismus und Nationalismus als Erscheinungen berichten, die das friedliche Zusammenleben von Einheimischen und Minderheiten gefährden.
Einschränkend sei angemerkt, dass es "die Medien" natürlich gar nicht gibt. Sowenig die FAZ und die taz gleichzusetzen sind, sowenig vergleichbar sind etwa Boulevardzeitungen und Nachrichtenmagazine, von audiovisuellen und Printmedien sowie öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten ganz zu schweigen. Nicht einmal den Wirtschafts- oder Politikteil und das Feuilleton einer großen Tageszeitung wie der Frankfurter Allgemeinen darf man über einen Kamm scheren.
1. Massenmedien als Motoren und Multiplikatoren der Ethnisierung sozialer Konflikte
"Ethnisierung" ist ein sozialer Exklusionsmechanismus, der Minderheiten schafft, diese (negativ) etikettiert und Privilegien einer dominanten Mehrheit zementiert (vgl. dazu: Bukow 1996). Sie bildet eine mögliche Reaktion auf die fortschreitende Globalisierung des Handels, des Kapitals und der Finanzmärkte, wodurch national(staatlich)e Entscheidungsspielräume scheinbar beschnitten werden. Je mehr die Konkurrenz im Gefolge der neoliberalen Modernisierung (nicht zuletzt durch die medial geführte "Standortdebatte") ins Zentrum zwischenstaatlicher und -menschlicher Beziehungen rückt, desto leichter lässt sich die ethnische bzw. Kulturdifferenz politisch aufladen.
Wenn ethnische Differenzierung als Voraussetzung der Diskriminierung und Mechanismus einer sozialen Schließung charakterisiert werden kann, treiben die Massenmedien den Ausgrenzungsprozess voran, indem sie als Motoren und Multiplikatoren der Ethnisierung wirken. Medien fungieren als Bindeglieder zwischen institutionellem (strukturellem, staatlichem), intellektuellem (pseudowissenschaftlichem) und individuellem bzw. Alltagsrassismus. Sondergesetze für und behördliche Willkürmaßnahmen gegen Migrant(inn)en, die man "institutionellen Rassismus" nennen kann, kennen deutsche "Normalbürger/innen" hauptsächlich aus den Medien und bestätigen ihre eigenen Klischeevorstellungen über Ausländer/innen. Umgekehrt benutzt der Staat durch Medien millionenfach verbreitete Ressentiments gegenüber "den Ausländern", um diese strukturell benachteiligen zu können. Im Rahmen der 1991/92 kampagnenartig zugespitzten Asyldebatte rechtfertigten Politiker die Änderung des Artikels 16 Grundgesetz mit der "Volksmeinung". Schließlich erhalten Rassismus und Rechtsextremismus durch die Medien ein öffentliches Forum, was auch ihre zunehmende Massenwirksamkeit erklärt (vgl. hierzu: Butterwegge 1997 und 1999).
Massenmedien filtern für die Meinungsbildung wichtige Informationen und beeinflussen auf diese Weise das Bewusstsein der Menschen, für die sich gesellschaftliche Realität zunehmend über die Rezeption von Medien erschließt. Während beispielsweise die Berichterstattung über Fluchtursachen und deren Hintergründe (von der ungerechten Weltwirtschaftsordnung und Ausbeutungspraktiken industrieller Großkonzerne über den Ökokolonialismus bis zu den Waffenexporten "unserer" Rüstungsindustrie) mehr als defizitär zu nennen ist, behandeln Reportagen aus der sog. Dritten Welt überwiegend Kriege und Bürgerkriege, Natur- und Technokatastrophen, Militärputsche und Palastrevolutionen, wodurch das Vorurteil genährt wird, "die Afrikaner", "die Asiaten", "die Südamerikaner" und auch die "Osteuropäer" seien zwar Nutznießer westlicher Zivilisation und moderner Technologien, zu rationaler Daseinsgestaltung und demokratischer Selbstverwaltung aber unfähig.
Jede Identifikation und Negativklassifikation des "Fremden" dient auch dem Zweck, die ("nationale") Identität des eigenen Kollektivs schärfer hervortreten zu lassen. Das für die politische Machtentfaltung nach außen unverzichtbare Selbstbewusstsein einer "Volks-" bzw. "Standortgemeinschaft" kann bloß geschaffen oder gefestigt werden, wenn sich "die Anderen" klar und deutlich davon abheben. Bei dem Versuch einer Reorganisation der "nationalen Identität" im vereinten Deutschland spielten die Medien eine Schlüsselrolle. Nora Räthzel (1993 und 1997) zeigt, wie die Asyldebatte in verschiedenen Zeitungen/Zeitschriften benutzt wurde, um ein homogenes deutsches Volk (als Opfer der Überfremdung, Ausbeutung bzw. Ausplünderung durch "die Anderen") zu konstruieren.
2. Wie aus Migrant(inn)en und Minderheitenangehörigen "Fremde" gemacht werden
2.1 Ausländerkriminalität und Asylbetrug: Zuwanderer missbrauchen "das deutsche Gastrecht"
Über die Ausländer/innen in der Bundesrepublik berichten Massenmedien ganz ähnlich wie über das Ausland, nämlich praktisch nur im Ausnahmefall, der möglichst spektakulär sein und katastrophische Züge tragen sollte, wodurch Zuwanderer mit Unordnung, Chaos und Gewalt in Verbindung gebracht werden. Der medial konstruierte und deformierte "Fremde" ist überflüssig und/oder gefährlich, zu bedauern oder zu fürchten - meistens allerdings beides zugleich (vgl. Böke 1997, S. 191). Dies gilt heute vor allem im Hinblick auf Musliminnen und Muslime aus der Türkei, die mit Abstand größte Zuwanderergruppe Deutschlands (vgl. z.B. Pinn 1997).
Im deutschen Migrationsdiskurs dominieren semantische Exklusionsmechanismen. Dabei überwiegen konventionelle Metaphern aus den Bereichen "Wasser", "Krieg" und "Warenhandel" (vgl. Jung u.a. 2000, S. 131). Beispielhaft genannt seien: "(Zu-)Strom", "Welle" und "Flut"; "Einmarsch", "Invasion" und "Ansturm"; "Import", "Export" und "Schmuggel". In dem Begriff "einschleusen" überlappen sich der erst- und der letztgenannte Bereich. Migrant(inn)en und Allochthone werden in deutschen Medien vorwiegend als "Ausländer/innen" bezeichnet. In diesem Sprachgebrauch manifestiert sich der Trend zur Aus- bzw. Abgrenzung von Menschen, die den Einheimischen "fremd" sind. Dadurch, wie Journalist(inn)en über Ausländer/innen, Flüchtlinge und Zuwanderer berichten, zementieren sie eine im Bewusstsein der Bundesbürger/innen ausgebildete Hierarchie, wonach bestimmte Gruppen von Ausländern als "Fremde" betrachtet werden, andere willkommene Gäste sind. In der Lokal- und der Boulevardpresse ist dieser Dualismus besonders ausgeprägt, weil sie das "Ausländerproblem" oftmals mit einer angeblich drohenden "Übervölkerung" sowie einer Gefährdung der Inneren Sicherheit in Verbindung bringen.
Aus den Zeitungen erfährt man selten Positives über Ausländer/innen. Mord und Totschlag, Diebstahl, (Banden-)Raub und (Asyl-)Betrug sind Delikte, über die im Zusammenhang mit ethnischen Minderheiten häufig berichtet wird. Ein angelsächsisches Bonmot ("Only bad news are good news") abwandelnd, kann man konstatieren: Nur böse Ausländer sind für deutsche Medien gute Ausländer! Georg Ruhrmann (1999, S. 102) spricht von einem "Negativsyndrom", das die Mainstream-Berichterstattung kennzeichne: "Folgen weltweiter Migrationsprozesse und das Entstehen multikultureller Tendenzen werden in einer Semantik der Gefahren präsentiert. Die vorhandenen und zukünftigen sozialen Veränderungen werden nicht als entscheid- und gestaltbar, sondern als katastrophal und schicksalhaft dargestellt."
Häufig spielt die Bedrohung deutscher Ressourcen durch ethnische Minderheiten, vor allem jedoch durch "Wirtschaftsflüchtlinge" und "Asylbetrüger", eine Rolle. Teun A. van Dijk (1993, S. 125 f.) gelangt aufgrund diskursanalytischer Untersuchungen in Großbritannien und den Niederlanden zu dem Schluss, dass Rassismus durch den Mediendiskurs induziert bzw. verstärkt wird, wobei er die Presse selbst als Teil des genannten Problems identifiziert: "Die Strategien, Strukturen und Verfahren der Nachrichtenbeschaffung, die Themenauswahl, der Blickwinkel, die Wiedergabe von Meinungen, Stil und Rhetorik richten sich alle darauf, ‚uns' positiv und ‚sie' negativ darzustellen. Minderheiten haben zudem einen relativ schwierigen Zugang zur Presse; sie werden als weniger glaubwürdig angesehen; ihre Sache gilt nur dann als berichtenswert, wenn sie Probleme verursachen, in Kriminalität oder Gewalt verstrickt sind oder wenn sie als Bedrohung der weißen Vorherrschaft dargestellt werden können."
Der "kriminelle Ausländer" repräsentiert für Rainer Geißler (1999, S. 35) die grellste Facette des medialen Bedrohungsszenarios: "Es knüpft an bestehende Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten an, verstärkt diese gleichzeitig und bereitet damit sozialpsychologisch den Boden für Aktionen gegen ethnische Minderheiten - im harmloseren Fall für politische Beschränkungen, im schlimmeren Fall für Fremdenhaß und brutale Gewaltausbrüche gegen ethnische Minderheiten." Deutsche werden als "Einzeltäter" dargestellt, Migrant(inn)en tauchen auch dann eher im Kollektiv auf, wenn nicht von "ausländischen Banden" die Rede ist (siehe Jäger u.a. 1998).
Problematisch ist schon die Nennung der nichtdeutschen Herkunft von Tatverdächtigen und Straftätern in Zeitungsartikeln über Verbrechen, weil dadurch der Eindruck vermittelt wird, die Amoralität eines Gesetzesbrechers hänge mit dessen Abstammung oder Herkunft zusammen (vgl. Topitsch 1997, S. 136). Identifizierende Hinweise auf Nationalität und Hautfarbe sind nur dann zu rechtfertigen, wenn sie die aktuelle Fahndung erfordert (vgl. Merten 1987, S. 77). Allerdings bedarf es keiner Schlagzeile wie "Tod im Gemüseladen: Türke erschoß Libanesen" (Weser-Kurier v. 22.5.1999, S. 1), um den Rassismus zu stimulieren. Schon eine nur scheinbar "objektive" Polizeistatistik zur Ausländerkriminalität, die nicht kommentiert oder falsch interpretiert wird, enthält die Botschaft, Menschen anderer Hautfarbe/Herkunft seien aufgrund ihrer biologischen und/oder kulturellen Disposition für Straftaten anfälliger. Tatsächlich sind Ausländer/innen jedoch nicht krimineller als Deutsche, und es gibt kaum ein rechtes "Argument", das durch kritische Reflexion und fundierte Analysen überzeugender zu widerlegen wäre (vgl. dazu: Geißler 1995).
2.2 Die fatalen Folgen der Asyldiskussion für das Flüchtlingsbild und die politische Kultur der Bundesrepublik
Heribert Prantl (1994, S. 53 f.), Ressortleiter Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, hat die Folgen der sich über Jahre hinziehenden Asyldiskussion für die politische und Medienkultur des Landes herausgearbeitet: "Wie kaum eine andere Auseinandersetzung in der Geschichte der Bundesrepublik hat der sogenannte Asylstreit das Klima in Deutschland verändert - und zwar so sehr, daß es notwendig wurde, in Demonstrationen und Lichterketten die Fundamentalnorm des Gemeinwesens zu verteidigen: ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar'. Das war etwa so, als müßte die Mathematik das Einmaleins verteidigen."
Flüchtlinge wurden zu "Betrügern", "Sozialschmarotzern" und "Störenfrieden" gestempelt, die den Wohlstand und das friedliche Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Dabei gab es "Dramatisierungen, Skandalisierungen, Exotisierungen, Sensationierungen, Verzerrungen und Falschmeldungen", die Bernd Scheffer (1997, S. 33) als "Manipulationen" kennzeichnet. Aber auch in solchen Massenmedien, die auf eine gezielte Beeinflussung und absichtliche Desinformation ihrer Nutzer/innen verzichteten, dominierten fast durchgängig negative Assoziationsketten bzw. pejorative Konnotationen.
Ohne den "Volkszorn" gegen Asylsuchende schürende Berichte wären rassistische Übergriffe wie im sächsischen Hoyerswerda (September 1991) und in Rostock-Lichtenhagen (August 1992) kaum vor laufenden Fernsehkameras mit Applaus bedacht worden. Im deutschen Mediendiskurs dominierten aber seit 1989/90 Kollektivsymbole wie "brechende Dämme" und das "volle Boot", die (neo)rassistischen Positionen entsprechen (vgl. Gerhard 1992, S. 171). "Asylantenfluten" ergossen sich über Deutschland, das als "Wohlstandsinsel" galt. Nicht nur durch ständige Benutzung der Flutmetaphorik, sondern auch mittels "Killwörtern" (Jürgen Link) wie "Scheinasylanten" oder "Wirtschaftsflüchtlinge" wurde die Stimmung angeheizt. "Durch die unreflektierte Verwendung dieser Schlüsselbegriffe haben die Medien mit dazu beigetragen, bei bestimmten Gruppen Handlungsbereitschaften zur Gewalt zu erzeugen bzw. Gewaltanwendung als notwendig und legitim erscheinen zu lassen." (Brosius/Esser 1995, S. 215)
Im sog. Bremer Kurdenskandal wurden zu Beginn des Jahres 2000 ca. 500 angeblich aus der Türkei stammende Asylbewerber von der Polizei und der Lokalpresse bezichtigt, sich in betrügerischer Absicht als staatenlose Libanesen ausgegeben sowie Aufenthaltsrechte und Sozialleistungen erschlichen zu haben (vgl. hierzu: Butterwegge/Hentges 2001, S. 88 ff.). Statt sich auch mit dem geschichtlichen Hintergrund und den besonderen Umständen der Migration bzw. Flucht von Kurden (vgl. z.B. Akbayir/Morres 2000) zu beschäftigen, übernahmen die Printmedien unkritisch sämtliche Anschuldigungen des Innensenators. Missbrauchsvorwürfe, die sich aus rassistischen Klischees speisen, geben diesen neue Nahrung. Man kann in diesem Zusammenhang durchaus von einem Teufelskreis sprechen, den zu durchbrechen selbst linksliberalen Journalist(inn)en nicht gerade leicht fällt.
3. Die multikulturelle Gesellschaft im Zerrbild der Massenmedien
Medien liefern nicht nur (Zerr-)Bilder von Migrant(inn)en und ethnischen Minderheiten, die das Denken und Handeln der Einheimischen beeinflussen, sondern prägen auch deren Haltung im Hinblick auf die Modelle des Zusammenlebens zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion, indem sie Möglichkeiten und Grenzen der Integration ausloten und öffentliche Debatten darüber führen. Besonders das in der Bundesrepublik seit den 80er-Jahren diskutierte Konzept einer "multikulturellen Gesellschaft" wurde von Journalist(inn)en kommentiert und wiederholt überzogen, nicht überzeugend kritisiert.
In seiner Titelgeschichte "Deutsche und Ausländer: Gefährlich fremd" vom 14. April 1997 erklärte der Spiegel die multikulturelle Gesellschaft für gescheitert. Auf dem Titelbild des Magazins schwenkte eine Frau mit dunklem Teint und geschwollener Halsschlagader eine rote (türkische) Fahne. Daneben saßen Mädchen mit Kopftüchern auf endlos lang wirkenden Bankreihen einer Koranschule. Unter der Fahne trieb eine männliche, mit Messern und Tschakos bewaffnete Jugendgang ihr Unwesen. Mark Terkessidis (2000, S. 202) bemerkt zu dieser Fotomontage: "In einem Akt perfider journalistischer Zuspitzung fasste der Spiegel das hegemoniale Angstphantasma über ‚Ausländer' zusammen: Fanatismus, Fundamentalismus, Kriminalität, Gewalt."
Wenngleich viele Zeitungen und Zeitschriften, die das Thema aufgriffen, differenzierter urteilten (vgl. Sarigöz 1999), bestimmte der Spiegel als Leitmedium zunächst das Klima. Man verabschiedete sich von einem liberalen Konzept der Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik, dem das konservative Dogma der Nachkriegszeit gegenüberstand, die Bundesrepublik sei kein Einwanderungsland und dürfe es auch nicht werden. Sowohl die "neurechten" wie auch die seriösen Organe der bürgerlichen Presse polemisierten gegen das Konzept der "multikulturellen Gesellschaft", mit dem (Ausländer-)Kriminalität, Bandenkriege und Chaos in Verbindung gebracht wurden, wie auch deutliche Parallelen in der Wendung gegen den Islam zu beobachten waren (vgl. Hentges 1999, S. 35 f.). "Für Zeitungsleser und Fernsehzuschauer sieht es leicht so aus, als sei ‚multikulturell' oft eng mit ‚multikriminell' verbunden. Wenn man die Geschichten über Ausländer auf ihre Grundstruktur reduziert, so sind es häufig stark polarisierte, schablonenhafte Bilder, die einem in den Medien von den ‚Fremden' präsentiert werden." (Koch 1996, S. 8)
Dazu passte die im Sommer 1998 vom damaligen Berliner Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) als Gegenmodell zum Multikulturalismus erhobene, zwei Jahre später von Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wieder aufgegriffene Forderung, Zuwanderer müssten sich der "deutschen Leitkultur" unterwerfen, worüber in den Medien eine Kontroverse entbrannte, bei der es um die "nationale Identität" und die Salonfähigkeit eines neokonservativen Kulturrassismus ging (vgl. dazu: Assheuer 1998).
4. Globalisierung, Arbeitsmigration und Green-Card-Regelung: Zuwanderer werden vermehrt in "nützliche" und "unnütze" Ausländer eingeteilt
Migration ist so alt wie die Menschheit, nimmt jedoch im Zeichen der ökonomischen Globalisierung neue Züge an (vgl. dazu: Galtung 2000; Nuscheler 2000). Gesellschaften werden labiler und ihre Mitglieder immer mobiler. Aufgrund der sich durch die modernen Kommunikations-, Informations- und Transporttechnologien bietenden Gelegenheiten überwinden sie heute leichter riesige Entfernungen. Transkontinentale Wanderungen verändern die ganze Welt, deren Gesellschaften immer weniger dem Muster homogener Nationalstaaten entsprechen.
Globalisierung, soziale Polarisierung und Pauperisierung großer Teile der Weltbevölkerung fördern die Migration, welcher aufgrund einer multimedialen Informations- und Kommunikationsstruktur zukünftig noch mehr Gewicht zukommen dürfte. Bedingt durch Spaltungstendenzen zwischen wie innerhalb der einzelnen Nationalstaaten, differenziert sich auch die Migration aus: Während die transnationale Eliten- und Expertenmigration positiv, als "Standortvorteil" gegenüber auf dem Weltmarkt konkurrierenden Wirtschaftsstandorten bewertet wird, gilt Armutsmigration bzw. Flucht den Bewohnern reicher Länder als "Standortnachteil", der möglichst zu vermeiden oder zu verringern ist.
Die besagte "Dualisierung" der Migration spiegelt sich auch in den Massenmedien wider: Während der volkswirtschaftliche Nutzen einer vermehrten Experten- und Elitenmigration herausgestellt wird, akzentuiert man die schädlichen Auswirkungen von Armutswanderungen und Fluchtbewegungen. Wie die meisten Journalist(inn)en über das Problem "illegaler Zuwanderung" berichten, grenzt ohnehin an Heuchelei: Man empört sich wortreich über die Rücksichtslosigkeit der Schlepper- bzw. Schleuserbanden, die zwecks eines hohen Gewinns selbst den Tod von Migrant(inn)en aus der sog. Dritten Welt in Kauf nehmen, fragt aber nicht, ob sich Menschen wie die 58 Chinesen, deren tragischer Erstickungs- bzw. Kältetod in einem Kühllastwagen gegen Ende Juni 2000 als "Drama von Dover" tagelang Schlagzeilen machte, vielleicht nur deshalb zweifelhaften Organisationen anvertrauen, weil sich Westeuropa - aus ähnlich egoistischen Gründen, wie sie diesen vorgeworfen wurden - immer mehr abschottet und gegenüber dem Flüchtlingselend verschließt.
Im Frühjahr 2000 erfuhr die Debatte über (Möglichkeiten, Nutzen und Grenzen der) Zuwanderung eine neue Wendung, als Bundeskanzler Gerhard Schröder auf der Computermesse CeBIT anregte, gezielt IT-Fachleute aus Nicht-EU-Ländern anzuwerben, und das Arbeitsministerium eine Green-Card-Verordnung nach US-amerikanischem Muster, aber mit weniger großzügigen Aufenthaltsregelungen vorbereitete. Die seither in den Medien verstärkt erörterte Frage "Nutzen uns die Zuwanderer oder nutzen sie uns aus?" beruht auf nationalistischen und rassistischen Prämissen, welche der proklamierten Weltoffenheit eigentlich Hohn sprechen. Sie grenzt ein nationales Kollektiv, die deutsche "Wir"-Gruppe, "den Anderen" bzw. "den Fremden" gegenüber ab. In der Diskussion über die Green Card dominierte erstmals wieder nach dem Zweiten Weltkrieg offen das "deutsche Interesse", wobei weniger völkische als standortnationalistische Argumentationsmuster hervortraten.
Nach mehreren Jahrzehnten massiven Widerstandes in der politischen Öffentlichkeit schien sich aufgrund der Green-Card-Initiative von Bundeskanzler Schröder ein gesellschaftlicher Grundkonsens darüber herauszubilden, dass es keine Alternative zur Einwanderungsrealität gibt und dass man sich damit arrangieren muss. Es wurde im Unterschied zur "Gastarbeiter"-Diskussion 1970 bis 1973 einerseits und zu den Asyldebatten 1980 bis 1983 bzw. 1991 bis 1993 andererseits für eine Öffnung der Bundesrepublik und für die (begrenzte) Einwanderung plädiert. Seit dem Anwerbestopp im November 1973 bestanden nie so große Chancen für eine breite Akzeptanz von Immigration, obwohl kritisch einzuschränken bleibt, dass die Interessen der Wirtschaft am Import von Arbeitskräften den Anstoß dazu gaben und der "eigene" Nutzen die Akzeptanz befristeter Arbeitsgenehmigungen und Aufenthaltserlaubnisse für ausländische Fachkräfte förderte.
Nach den Attentaten auf das Word Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 wurde der erhoffte Paradigmawechsel in der Migrationspolitik jedoch durch einen autoritären Sicherheitsdiskurs konterkariert: Der von Otto Schily im August 2001 vorgelegte und später noch wiederholt modifizierte Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz erfüllte die durch eine vom Bundesinnenminister selbst berufene, nach ihrer Vorsitzenden Prof. Dr. Rita Süssmuth benannte Kommission geweckten Erwartungen auch nicht ansatzweise. Das umstrittene und politisch sensible Thema "Zuwanderung" geriet in den Strudel des Bundestagswahlkampfes, zumal die Unionsparteien im Januar 2002 mit Edmund Stoiber einen Mann zu ihrem Kanzlerkandidaten gekürt hatten, der für restriktive Regelungen bei der Arbeitsmigration und weitere Einschränkungen des Asylrechts warb.
5. Rahmenbedingungen, Defizite und Chancen der neueren Rechtsextremismus-Diskussion
"Rechtsextremismus" ist ein Medienthema, das Konjunkturen und Debattenzyklen kennt, die von der Tabuisierung bis zur Dramatisierung und von der Bagatellisierung bis zur Skandalisierung reichen. Manchmal gehen Verharmlosung und Hysterie sogar Hand in Hand. Trotz der breit angelegten Mediendiskussion über den Rechtsextremismus, die nach dem 27. Juli 2000 (Bombenanschlag auf Aussiedler/innen in Düsseldorf) begann und am 23. November 2000 mit der BILD-Titelzeile "Neonazis ertränken Kind" ihren traurigen Höhepunkt erreichte, hat sich die Gesellschaft mit dem Rechtsextremismus, seinen Hintergründen und Urhebern nie ernsthaft auseinander gesetzt. Vielmehr erfüllt die emotionalisierte Debatte eine politische Ablenkungs-, Entlastungs- und Legitimationsfunktion: So überdeckt der Themenkomplex "Jugendgewalt" die Gewalttätigkeit der Erwachsenen bzw. der von ihnen geprägten Welt; erschwert die kritische Reflexion über politische Fehler und Versäumnisse im deutschen Einigungsprozess; schließlich rechtfertigt man damit autoritäre Erziehungsstile und Entwicklungstendenzen.
Die entsetzte Reaktion des Auslandes war der Auslöser dafür, dass die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in den Medien zum ersten Mal seit fast zehn Jahren wieder breiten Raum einnahm: Erst als der "Wirtschaftsstandort D" in Verruf geriet und ausländische Großinvestoren nach Hetzjagden auf Schwarze sowie der Schändung jüdischer Friedhöfe und Synagogen vor allem Ostdeutschland rechts liegen zu lassen drohten, schenkte man der rassistischen Gewalt die nötige Beachtung und forderte die Bürger/innen zur Zivilcourage auf. Auch wenn nicht wieder riesige Lichterketten gebildet, sondern eher prominente Zeitgenossen und Trendsetter angehalten wurden, öffentlich ihr "Gesicht zu zeigen", ist vielen Menschen seitdem bewusst, dass sie auch selbst etwas tun müssen, um der rechten Gewalt Einhalt zu gebieten. Bis heute spürbar ist eine Sensibilisierung großer Teile der Öffentlichkeit für (ethnische) Minderheiten treffende Diskriminierungsmaßnahmen, rassistische Ausgrenzung und Tendenzen zur ultrarechten Formierung.
Gleichwohl weicht man der zentralen Erkenntnis von Fachwissenschaftlern immer noch aus: Es handelt sich beim modernen Rechtsextremismus keineswegs um ein Randphänomen, etwa das Aufbegehren sozial Benachteiligter, die Ausfälle von Besoffenen oder einen "stummen Protestschrei" vernachlässigter Jugendlicher, sondern um ein Problem, das uns alle betrifft, das "aus der Mitte unserer Gesellschaft" kommt und das nur sie selbst zurückdrängen kann, aber weder Polizei und Justiz noch Lehrer/innen und Sozialarbeiter/innen allein zu lösen vermögen. Es geht mithin nicht um eine Negation, sondern gerade um die - bis zur letzten Konsequenz getriebene - Realisation gültiger Normen (Beurteilung einer Person nach ihrer Leistungsfähigkeit bzw. ihrer Angepasstheit) und gesellschaftlicher Funktionsmechanismen wie der Konkurrenz.
Fast ausschließlich ereignisorientiert berichtend, also kaum strukturelle Zusammenhänge erhellend, verkürzten die Massenmedien das Thema "Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt" vielfach auf Sensationshascherei. Dabei standen die (zumeist männlichen) Täter im Zentrum des Interesses, während die Hintermänner, Opfer und Folgen rechtsextremer bzw. rassistisch motivierter Übergriffe (beispielsweise für die politische Kultur unseres Landes) im Dunkeln blieben.
Fatal war, dass die Journalist(inn)en nur besonders spektakuläre Fälle, mit dem "Mord" am kleinen Joseph aus Sebnitz auch noch einen offenbar bloß konstruierten, ins Zentrum ihrer Berichte rückten. Darüber geriet die "Normalität" des alltäglichen Rassismus, der sich nicht nur in Türkenwitzen, sondern auch Vorurteilen über Angehörige ethnischer Minderheiten manifestiert, die mit deren Benachteiligung eigene Privilegien gegenüber Migrant(inn)en und Allochthonen legitimieren, aus dem Blickfeld.
Zu kurz kam insbesondere die Ursachenforschung: Statt nach überzeugenderen Erklärungen zu suchen, die den gesellschaftlichen Institutionen womöglich eine Mitverantwortung an der weiten Verbreitung ultrarechter Ideologien bescheinigt hätten, bezog man sich lieber auf Deutungsmuster, die Entschuldigungen für die Gewalttäter glichen (vgl. hierzu ausführlich: Butterwegge 1996, 2000 und 2002, S. 101 ff.). Rasch konzentrierte sich die Öffentlichkeit auf den Vorschlag des bayerischen Innenministers Günther Beckstein, die NPD verbieten zu lassen. Es gibt aber kein Patentrezept, und wer gar nicht erst analysiert, wie, wo und warum der Rechtsextremismus entsteht, kann ihn kaum mit Erfolg bekämpfen. Gegenmaßnahmen greifen nur, wenn sie an den Wurzeln, nicht bloß an den organisatorischen Erscheinungs- und Parteiformen wie der NPD, ansetzen.
Schon nach einer kurzen Beschäftigung mit Theorien über Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt fällt auf, dass es keinen überzeugenden Erklärungsansatz, sondern eine Vielzahl von Deutungsmustern gibt, die sich zum Teil widersprechen und wechselseitig ausschließen. Dabei korreliert die Beliebtheit der einzelnen Theorien bzw. Theorieversatzstücke oft mit ihrer Beliebigkeit. Die in der Tagespublizistik vorherrschende Tendenz zur Simplifizierung eines letztlich unbegriffenen Problems fand man übrigens auch in seriösen Fachorganen, wo Rechtsextremismus als "Jugendprotest" und handfest ausgetragener Generationskonflikt interpretiert wurde.
Durch die Gleichsetzung ultralinker und -rechter Gewalt im Rahmen der jüngsten Diskussion über die "Sponti"-Vergangenheit von Außenminister Joschka Fischer sowie die Haltung von Umweltminister Jürgen Trittin zum "Mescalero"-Artikel eines Göttinger Studenten, der 1977 zwar "klammheimliche Freude" über den Tod von Generalbundesanwalt Siegfried Buback geäußert, sich aber unmissverständlich von dem Mord und terroristischen Methoden generell distanziert hatte, wurde der Rassismus verharmlost. Denn wenn die organisierten Hetzjagden auf wehrlose Asylbewerber nur die zeitgemäße Form der Straßenschlachten darstellt, die sich jugendliche Demonstranten und Polizisten während der 60er- oder 70er-Jahre lieferten, dann kann das Wüten des rechten Mobs so schlimm wirklich nicht sein.
Gleichzeitig wurde hierzulande wohl noch nie so viel über "das Fremde" (in uns) und "die Fremden" gesprochen. Robert Leicht (2000), ehemaliger ZEIT-Chefredakteur, erklärte in der Hamburger Wochenzeitung die Fremdenfeindlichkeit und die Gastfreundschaft zu jenen zwei Polen, zwischen denen sich die Menschheitsgeschichte abspiele, wobei ein soziobiologischer Erklärungsansatz auf das Triebleben der Gattung abstellte: "Ein uralter Widerspruch - so alt, dass man sich fragen muss, ob er nicht in beiden Aspekten seine Wurzel in der menschlichen Urausstattung hat: die Fremdenscheu im Apriori des Instinkts, das Gebot der Gastfreundschaft im Apriori des Gewissens."
6. "Deutsche(s) zuerst!" - Diskurse der Rechten wandern in die gesellschaftliche Mitte und die Mainstream-Medien
Während man den "Aufstand der Anständigen" (Bundeskanzler Schröder) proklamierte bzw. landauf, landab "Bündnisse für Demokratie und Toleranz" initiierte, wanderten vermehrt ursprünglich rechte Diskurse in die bürgerliche Mitte hinein (vgl. dazu: Butterwegge u.a. 2002). Hier sei nur jener Argumentationsstrang genannt, den ich als Demografie-Diskurs bezeichne. Was sich früher als Sorge um die Größe und die Reproduktionsfähigkeit des eigenen Volkes in ultrarechten Presseorganen wie "Nation und Europa", "Deutsche Stimme", "National-Zeitung" oder "Der Republikaner" artikulierte, wird heute in den Mainstream-Medien thematisiert: "Sterben die Deutschen (bald) aus?" fragte beispielsweise die rheinische Boulevard-Zeitung "Express" im Sommer 2000 wiederholt, und der Spiegel benutzte am 23. Oktober 2000 die eine Nazi-Parole ins Gegenteil wendende Überschrift "Raum ohne Volk".
Neben begrenzter Zuwanderung (möglichst aus "benachbarten Kulturkreisen") wird Geburtenförderung als Mittel favorisiert, das eine weitere Schrumpfung der Population aufhalten oder umkehren soll. Die von Jürgen Rüttgers (CDU) im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf des Jahres 2000 ausgegebene, seinerzeit von den REPublikanern auf ihre Wahlplakate geschriebene Parole "Kinder statt Inder" zieht sich wie ein roter Faden durch Diskussionen über eine Wende in der Familien- und eine Rückkehr zur "aktiven Bevölkerungspolitik" (Edmund Stoiber, CSU).
Unter der Überschrift "Kinder als Schicksal" verlieh die Junge Freiheit am 14. Januar 2000 ihrer Überzeugung Ausdruck, dass Immigration den Geburtenrückgang nicht stoppen könne: "Massive Zuwanderung zwecks Rentenabsicherung ist zwar originell, aber mit seriösen ökonomischen Argumenten nicht zu begründen. Stattdessen schweigt die politische Klasse zum eigentlichen Thema: wie die Deutschen schlicht ermutigt werden können, wieder mehr Kinder in die Welt zu setzen." Ein halbes Jahr später erschien die ZEIT mit der Schlagzeile "Kinder, Kinder!" Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, dessen Publizistik schon seit Jahrzehnten eine familienpolitische Großoffensive verlangt, stellte Susanne Mayer (2000) in diesem Leitartikel vergleichbare Überlegungen an, wie die Geburtenfreudigkeit der Deutschen durch staatliche Maßnahmen zu steigern sei.
Um eine pronatalistische Sozial- und Familienpolitik ging es Susanne Mayer auch in ihrem ZEIT-Leitartikel "Die betrogene Familie" vom 1. Februar 2001, der sich seiner Diktion, hysterischen Aufgeregtheit und dramatisierenden Beschwörungsformeln nach kaum mehr von entsprechenden Beiträgen in rechtsextremen Publikationsorganen unterscheidet, zumal diese aus taktischen Gründen eher Zurückhaltung bei den Formulierungen üben. Auch die Art und Weise, wie "Kinderarmut", die es zunehmend auch wieder in der Bundesrepublik gibt, nicht mehr als soziale Notlage junger Menschen, sondern als "Mangel an (deutschen) Kindern" begriffen und zum Hauptproblem der Gesellschaft erklärt wird, erinnert an ultrarechte Gazetten. Kindermangel, meinte Mayer (2001), bedrohe die "Substanz des Staates". Sie fragte in alarmistischer Manier: "Woher sollen die Ärzte, die Ingenieure, die Wissenschaftler, die Lehrer und Computerfachleute kommen, um unserem Land eine Zukunft zu geben? Aus dem Internet? Wollen wir nur noch (?!) Fachkräfte aus der Dritten Welt abwerben?"
Während die Alten, weil für den "Wirtschaftsstandort D" nicht mehr produktiv, in der öffentlichen Meinung herabgesetzt und das Alter entwertet wird (vgl. dazu: Guha 2000), erhalten (deutsche) Kinder nicht nur in rechten Medien einen Kultstatus und Familien geradezu Fetischcharakter. In demagogischer Weise werden die Generationen gegeneinander ausgespielt. Während Susanne Mayer den "Notfall", dass "immer mehr Frauen und Männer (...) einfach keine Kinder mehr (bekommen)", einerseits durch weitere Steuerfreibeträge für Familien (Umwandlung des Ehegatten- in ein Familiensplitting, das besonders kinderreiche Spitzenverdiener begünstigen würde) bekämpfen möchte, sollen andererseits Strafabgaben ("Wenn eine Familie für ein Kind im Monat 800 Mark aufbringt, könnten doch Kinderlose einen vergleichbaren Betrag an das Finanzamt abführen.") eingeführt und die Mittel für Ältere drastisch beschnitten werden. Die ZEIT-Redakteurin behauptet allen Ernstes, "dass jede (?!) Rente schon heute viel zu hoch ist, aufgebläht durch Summen, die eigentlich anderen zustehen - Eltern nämlich, deren Tätigkeit in Haushalt und Kindererziehung spätere Erwerbsarbeit überhaupt erst ermöglicht, die zum Rentenbezug berechtigt." (Mayer 2001) Wie es scheint, zerstört der demografische Diskurs nicht nur jeglichen Realitätssinn, vielmehr auch jegliches soziales Verantwortungsbewusstsein: Sonst könnte die Verfasserin kaum übersehen, dass vor allem Millionen ältere Frauen von Kleinstrenten leben müssen, die unter dem Betrag liegen, den die Bundesregierung ihrer Meinung nach regelmäßig für jedes Kind ausgeben soll, ganz so, als sei es keine Privatangelegenheit, Nachwuchs in die Welt zu setzen, sondern eine Leistung, für die der Staat die Eltern zu entlohnen hat.
Literatur
- Akbayir, Hamide/Morres, Monika (2000): Hintergründe von Migration und Flucht am Beispiel der Kurd(inn)en, in: Christoph Butterwegge/Gudrun Hentges (Hrsg.), Zuwanderung im Zeichen der Globalisierung. Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik, Opladen, S. 62-74
- Assheuer, Thomas (1998): Was heißt hier deutsch? - Der Nationalkonservatismus definiert seine "Leitkultur", in: Die Zeit v. 16.7., S. 37 f.
- Böke, Karin (1997): Die "Invasion" aus den "Armenhäusern Europas". Metaphern im Einwanderungsdiskurs, in: Matthias Jung/Martin Wengeler/Karin Böke (Hrsg.), Die Sprache des Migrationsdiskurses. Das Reden über "Ausländer" in Medien, Politik und Alltag, Opladen, S. 164-193
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Konferenz: Kommen und bleiben. Migration und interkulturelles Leben in Deutschland. am 24./25. Mai 2002 in Köln, in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Nordrhein-Westfalen.