Publikation International / Transnational - Parteien / Wahlanalysen Die Regionalwahlen vom 21. und 28. März 2004 in Frankreich

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Erschienen

April 2004

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Die Wahlen am 21. und 28. März 2004 haben Überraschungen und Umkehrungen im französischen politischen Klima produziert; eine "Bestrafungswahl" hat stattgefunden. Die Rechte fürchtete sie schon im Vorfeld und versuchte bereits zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung der Wahl herunterzuspielen. Sie behauptete, dass es sich "nur" um eine Lokalwahl handelte. Vergebliche Liebesmühe. Am Abend des ersten Wahlganges, mit 40,3% der Stimmen (eine Anstieg von 3 Punkte im Vergleich zu der Regionalwahl von 1998) sind die PS und andere linke Parteien (die PCF, die Grünen, der MCR und kleinere Mitte-Links-Gruppierungen) weit vor den Parteien der bürgerlichen Rechten (UMP, UDF und kleinere Gruppen) gelandet.

Die Regionalräte werden in Frankreich für 6 Jahre durch Listen der Parteien gewählt. Die Bürgerinnen und Bürger können also nur bestimmen, welche Mehrheitsverhältnisse zwischen den Parteien herrschen. Die personellen Entscheidungen über die KandidatInnen treffen nur die Parteien. Wenn eine Liste die absolute Mehrheit nach dem ersten Wahlgang gewinnt, bekommt sie pauschal ¼ der Sitze. Die andere Sitze werden proportional zwischen allen Listen geteilt (auch die Partei mit der absoluten Mehrheit ist hier noch mal beteiligt), die mindestens 5% der Stimme bekommen haben. Es ist aber unter den heutigen politischen Umständen kaum möglich, dass eine Liste 50% der Stimme im ersten Wahlgang gewinnt. Deshalb kommt es zumeist zu einem zweiten Wahlgang. An diesem nehmen alle Listen die teil, die im ersten Wahlgang mehr als zehn Prozent der Stimmen erhalten haben. Weiterhin können sie mit anderen Parteien, welche mehr als fünf Prozent erhalten haben, für die zweite Wahl ein Listenbündnis eingehen.

Die Partei deren Liste, die Wahl gewinnt, erhält pauschal ¼ der Sitze. Die anderen Sitze werden proportional zwischen allen Parteien geteilt, die mindestens 5% der Stimme bekommen haben. Der Regionalrat wählt dann seine Präsidentin oder seinen Präsidenten, die/der normalerweise vorher schon auf Listenplatz eins seiner stand.

Während die Linke (PS, PCF, Grüne und andere) den ersten Wahlgang gewonnen hat, musste die "extreme" oder "radikale" Linke eine Niederlage im Vergleich zu der Wahl von 2002 hinnehmen. Das LCR-LO Gespann, das 10% der Stimme im Jahre 2002 bei den Wahlen zur Nationalversammlung sammelte, hat nur rund 5% der Stimmen im ersten Wahlgang gewinnen können, mit Ergebnissen die von Region zur Region differierten ( min.3,03% in Alsace; max. 6,61% im Limousin). Die verkürzt als "trotzkistisch" zu bezeichnenden Parteien LO und LCR haben selbst addiert in keiner Region die 10% Hürde überwinden können. Arlette Laguiller (LO) und Olivier Besancenot (LCR), bei den Präsidentschaftswahlen von 2002 noch beide erfolgreicher als der PCF-Kandidat Robert Hué, haben nach der ersten Wahl für ihre Partei eine Fusion kategorisch ausgeschlossen. Dies hatte zum Ergebnis, dass die extreme Linke nach dem ersten Wahlgang in allen Regionen den weiteren Verlauf der Wahl nicht mehr beeinflussen konnte.

Der PCF hat seine Niederlage von 2002 (bei den Präsidentschaftswahlen und der Wahl zur Nationalversammlung, damaliger Parteivorsitzender und Spitzenkandidat: Robert Hue3,38 %) überwunden. In 17 der 22 Regionen in Frankreich ging der PCF ein Listenbündnis mit der PS und anderen gemäßigt linken Parteien eingehen und konnte an Stimmen und Bedeutungskraft wieder zunehmen. In den fünf verbleibenden Regionen, in denen der PCF ohne Bündnispartner antrat, errangen die Kommunisten unerwartet gute Ergebnisse. So erreichte der PCF zum Beispiel in der Picardie und in Nord Pas de Calais (Nordfrankreich) allein mehr als 10,5 % der Stimmen. Zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang haben drei der fünf Listen der PCF sich zu einem Wahlbündnis mit anderen zusammengeschlossen. Nur in Aquitaine und Ile de France (Region Paris) verblieben die Kommunisten ohne Bündnispartner.

Das Ergebnis des zweiten Wahlgangs vom 28. März 2004 übertraf die Erwartungen der Linken bei weitem. Von den 22 Regionen in Frankreich blieben acht links und dreizehn wechselten von rechts nach links. Lediglich der Elsaß verblieb unter einer Rechten Regionalvertretung. Der PCF regiert in 19 der 22 Regionen in Frankreich mit. Es war der größte Erfolg der Linken seit der Wahl François Mitterrand zum Präsidenten der Republik 1981. Ein Erfolg, von dem Francois Hollande, der bislang als blass beschriebene erste Sekretär der PS sicherlich nicht einmal geträumt hat.

Angesichts der Reformen die in Frankreich, ebenso wie in Deutschland, an sozialer Ausgewogenheit offensichtlich zu wünschen übrig lassen, und dem Ausbleiben von wirtschaftlichen Erfolgen wirkt diese Wahl nur, wie das Ausstellen einer überfälligen Quittung für die bürgerliche Rechte.