Standpunkte 18/2004
Neoliberale Politik steht für die rigorose Kürzung sozialer Leistungen bei gleichzeitiger Absenkung der Steuern auf Gewinne, Vermögen und Spitzenverdienste; sie steht für umfassende Privatisierungen und den Abbau sozialer Rechte, kurz: für eine radikale Umverteilung von unten nach oben im Dienste optimaler Kapitalrenditen. Daß all diejenigen, die den Verwertungsansprüchen des Kapitals nicht bedingungslos genügen – Alleinerziehende, Ältere, Kranke, Menschen mit Behinderungen, weniger Qualifizierte – zu den überwiegend hoffnungs- und chancenlosen Verlierern dieser Politik gehören, ist schwer zu bestreiten. Das neoliberale Modell eines entfesselten Kapitalismus US-amerikanischer Prägung bringt aber nicht nur für sie gravierende Verschlechterungen. Es beeinflußt nicht allein die Sekundärverteilung der Einkommen und den Umfang der staatlichen Transferleistungen an diejenigen, die ihre Arbeitskraft nicht mehr oder nur noch zu entwürdigenden Konditionen verkaufen können. Es verändert, untrennbar davon, das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit selbst und gibt ersterem viele wirksame Hebel in die Hand, auch die primäre Einkommensverteilung zu seinen Gunsten zu verschieben.