Publikation Globalisierung Reformierte Kirchen gegen neoliberale Globalisierung.

Von Ilsegret Fink, Mitglied des Vorstandes der Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Reihe

Online-Publ.

Erschienen

September 2004

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Mit großem Interesse haben wir zur Kenntnis genommen, dass im August dieses Jahres die Delegierten der 24. Generalversammlung des Reformierten Weltbundes in Accra, Ghana, eine ebenso ausführliche wie erhellende Erklärung abgegeben haben gegen die Ausplünderung von Mensch und Natur durch das derzeitige neoliberal globalisierte Wirtschaftssystem. In Anlehnung an die 1934 in Deutschland von der Bekennenden Kirche veröffentlichte »Barmer Theologische Erklärung«, in der christlich verbrämte faschistische Überzeugung in Kirchen und an theologischen Fakultäten öffentlich als »Irrlehre« verworfen wurde, wird in dieser jetzigen Erklärung öffentlich jede christliche Zustimmung zur aktuell betriebenen Globalisierung der Wirtschaft oder deren Rechtfertigung als »Irrlehre« bezeichnet, weil entscheidende christliche Grundüberzeugungen verraten werden. So heißt es in Paragraph 10 dieser Erklärung:

»Diese Ideologie, die behauptet, es gäbe zu ihr keine Alternative, verlangt von den Armen und der Schöpfung einen nicht endenden Strom von Opfern. Sie gibt das falsche Versprechen ab, die Welt durch die Schaffung von Reichtum und Wohlstand retten zu können, während sie die Herrschaft über das Leben beansprucht und totale Unterordnung verlangt, was einem Götzendienst gleichkommt.«

Und weiter heißt es in Paragraph 12:

»Nach neoliberaler Anschauung besteht der Zweck der Wirtschaft darin, für die Eigentümer von Produktions- und Finanzkapital alle Arten von Gewinn zu vermehren, wobei die Mehrheit der Menschen davon ausgeschlossen und die Schöpfung geplündert wird.«

Wie ist es zu dieser Erklärung gekommen?

Seit Jahren haben Mitgliedskirchen im südlichen Afrika auf eine verbindliche Stellungnahme des Weltgremiums gegen die neue Sklaverei durch internationale Konzerne gedrängt. Tatsächlich wurde ein »processus confessionis« in Gang gebracht, der das Prophetenwort »Sprengt die Ketten der Unterdrückung und das Joch der Ungerechtigkeit, damit die Unterdrückten frei sind« (Jesaja 58,6) zur Grundlage hat. Eine jahrzehntelange unermüdliche Basisarbeit, die von internationalen Konsultationen begleitet wurde, hat nun zur Verabschiedung eines Dokumentes geführt, das in der Geschichte der christlichen Weltbünde einmalig ist.

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung will sich an der Veröffentlichung dieser Positionen reformierter, presbyterianischer und unierter Kirchen beteiligen. Wir meinen, dass auch die Stimmen der »Theologie der Befreiung« speziell aus Lateinamerika viel stärker in kritische Diskurse einbezogen werden sollten.

Zum ersten Mal heißt es in der nun zunächst für Reformierte Kirchen und Christen verbindlichen Erklärung: »Die tieferen Wurzeln dieser massiven Bedrohung des Lebens liegen vor allem in einem ungerechten Wirtschafssystem, das mit politischer und militärischer Macht verteidigt und geschützt wird. Wirtschaftssysteme sind eine Sache von Leben und Tod« (Paragraph 6).

Seit Jahrzehnten haben sich christliche Autoren aller Kontinente mit ihren Veröffentlichungen an gesellschaftsanalytischen Diskussionen beteiligt, so z. B. die Professoren Ulrich Duchrow, Heidelberg, und Franz Hinkelammert, Costa Rica. Diese Diskussionen und Aktionen für Gerechtigkeit für Menschen und Umwelt haben mit der vorliegenden Erklärung weltweit einen wichtigen Text und viele Aktivisten dazu gewonnen.

»Wir sind uns«, heißt es im Paragraph 11, »der Größe und Komplexität dieser Situation bewusst und wollen keine einfachen Antworten. Bei unserem Wunsch nach Wahrheit und Gerechtigkeit und durch die Augen der Machtlosen und Leidenden sehen wir, dass die gegenwärtige Welt(Un)Ordnung auf einem extrem komplizierten und unmoralischen Wirtschaftssystem beruht, dass von einem Imperium verteidigt wird. Unter dem Begriff ›Imperium‹ verstehen wir die Konzentration von wirtschaftlicher, kultureller, politischer und militärischer Macht, die ein Herrschaftssystem bildet, das von mächtigen Nationen angeführt wird mit dem Ziel, ihre eigenen Interessen zu schützen und zu verteidigen.«

Die Erklärung ist im Wortlaut zu finden unter

http://www.bb-evangelisch.de/extern/frz_reform_potsdam/Mitteilungen-TxLinksBuecher-ErklaerungRWB.htm