Text der Woche 30/2001Anmerkungen zu einer Buchpräsentation
Am 6. Juli hatte das Europahaus am Pariser Platz, die Berliner Filiale des Europäischen Parlaments, und der NOMOS-Verlag zu einer Buchpräsentation geladen. Herausgeberin Christa Randzio-Plath stellte ihre eben erschienene Publikation "Zur Globalisierung der Finanzmärkte und Finanzmarktstabilität - Herausforderungen für Europa" vor. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung im Europäischen Parlament sowie wirtschafts-, steuer- und währungspolitische Sprecherin der Gruppe der SPD-Abgeordneten.
Seit 1970 brachen über 120 Finanzkrisen auf der Welt aus. Mit der rasanten technologischen Entwicklung, verstärkt durch die Entwicklung der Informationstechnologien, beschleunigt sich dieser Prozess. Die Beiträge der Autoren dieser Publikation aus Politik, Wirtschaft und Finanzwelt, wie Rolf Breuer, Willem Duisenberg, Hans Eichel, Horst Köhler und Ernst Welteke analysieren und machen Vorschläge zur Förderung der Finanzmarktstabilität.
"Finanzmarktstabilität ist ein öffentliches Gut, auf das die Bürger einen Anspruch haben", stellte Herausgeberin Randzio-Plath fest. Aber w i e dieses öffentliche Gut geschützt werden soll, darauf hatte auch sie keine mich überzeugende Antwort. Finanzmarktkrisen weltweit haben Einfluss auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung in Europa. Die Globalisierung macht Finanzmärkte zu Machtfaktoren in bezug auf gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen. Insofern ist an Finanzmarktstabilität jeder interessiert, der multinationale Konzern ebenso wie jeder Bürger, jede Bürgerin.
Ob Finanzkrisen in Zukunft abgeschwächt oder vermieden werden können, bleibt dennoch fraglich. Der in Vertretung für den Finanzminister Hans Eichel herbeigeeilte Staatssekretär im Finanzministerium, Herr Koch-Weser, beteuerte, wie sehr der Regierung eine Finanzmarktstabilität am Herzen läge. Jedoch die Kette der Ansteckungsgefahren habe sich verstärkt. Man habe die Mexiko-Krise, die Asien-Krise, die Russland-Krise, die Lateinamerika-Krise überstehen müssen. Doch Krisen seien nicht zwingend, Prävention müsse stärker auf der Tagesordnung stehen. Wenn die amerikanische Notenbank und die europäischen Notenbanken enger zusammenarbeiteten, IWF-Formen weiter ausgebaut und dem G 20 - Forum mehr Gewicht verliehen werden würde, hätte man den globalen Finanzmarkt schon im Griff, versprach Herr Koch-Weser. In Deutschland soll eine Allfinanzaufsicht installiert werden. Wenn der Herr Staatssekretär behauptet, "eine europaweite Aufsicht erscheint mir im Moment nicht nötig", ist diese Feststellung angesichts der unmittelbar bevorstehenden Einführung des Euro mehr als halbherzig.
Die Kompetenz des Eingreifens wird also höher bewertet als das Risiko. Dabei pfeifen es die Spatzen schon von den Dächern, dass die Weltwirtschaft nur noch von den Finanzmärkten getragen wird. Jede angeblich bewältigte Finanzkrise hat zusätzlich strukturelle Massenarbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und entsetzliche Armut nach sich gezogen. Auch die Aura von Alan Greenspan als Magier beginnt zu bröckeln. Ob dem Vorsitzenden der amerikanischen Notenbank in Zukunft weiterhin magische Kräfte zugeschrieben werden, hängt aber wohl nicht von ihm allein ab. Eine Senkung der Zinssätze kann nur vorübergehend einen Crash aufhalten.
Das vorgestellte Buch wirft für mich mehr Fragen auf als es Antworten gibt. Ich empfehle doch eher "Die Krise des globalen Kapitalismus" des Börsen-Gurus George Soros zu studieren, denn die nächste Krise kommt bestimmt, vielleicht sind wir schon mittendrin.