Der Autor ist Leiter des Regionalbüros südliches Afrika der Rosa Luxemburg Stiftung in Johannesburg.Am 14. April werden in Südafrika das nationale Parlament und die Provinzparlamente zum dritten Mal seit dem demokratischen Wandel von 1994 neu gewählt. Und alles andere als die Zweitdrittelmehrheit für den African National Congress (ANC), der nach neueren Meinungsumfragen sogar bis zu 73 Prozent der Stimmen gewinnen könnte, käme einer politischen Sensation gleich.
Bewahrheiten sich die Prognosen, dann würde der ANC bei der dritten Wahl zum dritten Mal seinen Anteil steigern - von 63 Prozent 1994 und 66,35 Prozent 1999 - und hätte erstmals die verfassungsändernde Mehrheit, was unter bestimmten Bedingungen wichtige Konsequenzen haben kann (zum Bespiel wenn dem alten und höchstwahrscheinlich auch neuem Präsidenten Thabo Mbeki eine dritte Amtszeit ermöglicht werden soll).
Die anderen Parteien verlieren den Vorhersagen zufolge weiter an Boden. Auch die selbsternannte "offizielle Opposition" - die Democratic Alliance (DA) - wäre wie auch die Inkatha Freedom Party (IFP) von (Noch)Innenminister Buthelezi weiter marginalisiert. Fällt es den drei größten Oppositionsparteien (DA, IFP und News National Party - NNP) schon schwer, die Wähler zu überzeugen, ihnen ihre Stimme zu geben, so haben es die anderen, kleineren Parteien - von den Independent Democrates (ID) bis zum United Democratic Movement (UDM) - noch ungleich schwerer, ihre Wählerschaft zu mobilisieren. Allgemein macht sich bei denen, die nicht dem ANC (und damit der Dreierallianz aus ANC, Kommunistischer Partei - SACP und dem Congress of South African Trade Unions - COSATU) zuneigen, mehr und mehr Resignation breit. Da der Wahlsieg des ANC nicht verhindert werden kann und zudem noch eine Zunahme politischer Einfluß- und Bedeutungslosigkeit oppositioneller Kräfte absehbar ist, sehen die Nicht-ANC-Wähler auch kaum noch einen Sinn darin, überhaupt wählen zu gehen. Das wiederum könnte dazu führen, daß der ANC-Wahlsieg sogar noch höher als erwartet ausfällt.
Es sind 400 nationale Parlamentsmandate zu vergeben, die allein über Wahllisten nach dem Verhältniswahlrecht auf die Parteien verteilt werden. Für einen Parlamentssitz werden ca. 0,25 Prozent der abgegebenen Stimmen (rund 55.000) benötigt. Eine Sperrklausel gibt es nicht.
Von den schätzungsweise 27 Millionen Wahlberechtigten haben sich 20,7 Millionen (77 Prozent) registrieren lassen; unter ihnen allerdings bedenklich wenig Jung- bzw. Erstwähler. Offen bleibt, wie viele von den Registrierten tatsächlich auch wählen werden. Neben den apathischen und regsignierenden Nichtwählern ist die die Gruppe der Protest-Nichtwähler, die sich lautstark dazu bekennen, beträchtlich angewachsen. Insbesondere regierungskritische, linke Gruppen, die sich selbst als "New Social Movements" bezeichnen (wie das Anti-Privatisation Forum - APF, das Environmental Justice Network Forum - EJNF und die Landlosenbewegung - LPM), haben unter ihren Mitgliedern mehr oder weniger offen zur Wahlverweigerung aufgerufen; explizit die LPM mit dem Slogan "No Land - no Vote!".
Zwar können die Nichtwähler den Sieg des ANC insgesamt nicht gefährden, aber den Wahlausgang in einzelnen Provinzen sehr wohl maßgeblich beeinflussen. Bis auf die DA, die in allen Provinzen mit durchschnittlich 5 bis 10 Prozent der Stimmen rechnen kann, sind die anderen "großen" Oppositionsparteien ausgesprochene Regionalparteien. Die "Zulu-Partei" IFP rechnet sich so insbesondere in KwaZulu-Natal, wo sie ein Wahlbündnis mit der DA eingegangen ist, aus, die absolute Mehrheit des ANC in der Provinz zu verhindern und (erneut) den Premier zu stellen. Prognosen zufolge könnte das auch realistisch sein - der ANC steht zur Zeit "erst" bei geschätzten 48,7 Prozent (1999 40 Prozent) und damit "noch" unter der 50-Prozentmarke. Im Western Cape ist der ANC (Prognose 32 Prozent; 1999 42 Prozent) mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Koalition mit der NNP (1999 38 Prozent) angewiesen, dort könnte die DA rund 25 Prozent (1999 12 Prozent) der Stimmen gewinnen.
Glaubt mensch allerdings den Führern der Oppositionsparteien so sind alle bisher veröffentlichten Ergebnisse von Meinungsumfragen Schall und Rauch. So geht zum Beispiel die DA-Spitze davon aus, daß ihre Partei das Ergebnis von 1999 (ca. 10 Prozent) mindestens verdoppeln wird. Wer allerdings am Ende recht behält, wird sich nur all zu bald erweisen…