Bei den an diesem Wochenende beginnenden Wahlen in Nigeria steht viel auf dem Spiel. Zunächst geht es um die Präsidentschaft von Afrikas wichtigstem Öl-Exporteur und der größten Volkswirtschaft des Kontinents – am Bruttoinlandsprodukt gemessen belegt es weltweit Platz 25. Außerdem stehen in den meisten der 36 Bundesstaaten die gewichtigen Gouverneursposten sowie mehrere Hundert Parlamentssitze auf Bundes- und Landesebene zur Wahl. Den Gewinner*innen ist beträchtlicher Reichtum sicher, denn Nigerias Amtsträger*innen zählen zu den bestbezahlten der Welt – von Korruptionsgeldern aus dem Öl-Geschäft ganz zu schweigen.
Die Politik hat dem Land keinen guten Dienst erweisen. Militärdiktaturen haben sich mit zivilen Regierungen abgewechselt und die bedeutenden Potenziale dieses «Giganten Afrikas» untergraben. Ein Großteil der 180 Millionen Nigerianer*innen lebt in extremer Armut und hat mit der maroden öffentlichen Infrastruktur zu kämpfen. Die zahlenmäßig recht große politische und wirtschaftliche Elite hingegen konnte sich mit ihren prächtigen Villen, Privatschulen und Einkaufszentren eine abgeschottete Welt schaffen und ihre Angehörigen genießen Zugang zu Bildung und medizinischer Behandlung rund um den Globus. Doch von der sich aus massenhafter Verarmung speisenden Verschlechterung der Sicherheitslage sind selbst die Reichen nicht abgeschirmt.
Starke Widersprüche prägen Nigeria. Gepriesen als ein Land mit enormem Potenzial nähren die geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten der breiten Bevölkerung heute sogar Zweifel an der Überlebensfähigkeit des Staates. Seine Grenzen wurden vor mehr als hundert Jahren recht willkürlich von der britischen Kolonialmacht gezogen und so gelingt es der Politik seit der Unabhängigkeit kaum, eine stabile nationale Einheit innerhalb der Landesgrenzen zu etablieren. Die Nigerianer*innen sind als Bürger*innen und Nachbar*innen miteinander verbunden, doch häufig vertiefen Wahlkämpfe die regionalen und religiösen Spaltungslinien. Der öffentliche Diskurs im Vorfeld der diesjährigen Wahl hat gelegentlich gar das Gespenst des Staatszerfalls heraufbeschworen. Teile des Landes sind von Konflikten geprägt: Seit 2010 hat der islamistische Aufstand von Boko Haram in weiten Gebieten des Nordostens Dörfer und Städte zerstört, über 20.000 Menschen das Leben gekostet und zu mehr als drei Millionen Vertriebener geführt. Auch die Kämpfe zwischen Viehhirten und Bauern im Zentrum und Süden des Landes haben bereits Tausende Opfer gefordert und zerstörte Dörfer hinterlassen. Die sezessionistische Biafra-Bewegung im Südosten wiederum ist zwar nicht bewaffnet, genießt aber, wie sich vergangenes Jahr zeigte, breite Unterstützung unter den Igbo, die während der späten 1960er Jahren erfolglos mit einem Bürgerkrieg für ihre Unabhängigkeit kämpften. Führende Vertreter*innen der Bewegung haben zum Wahlboykott aufgerufen, was das Militär als Gefahr für die Sicherheit wertet.
Jenseits solcher Zentrifugalkräfte hofft die Mehrheit der Nigerianer*innen weiterhin auf eine Regierung, die wenigstens das elementarste öffentliche Gut bereitstellt – eine stabile Stromversorgung, im energiereichen Nigeria bis heute ein Luxusgut. Als Investitionen von mehreren Milliarden Dollar in das staatliche Stromnetz keine spürbaren Verbesserungen brachten, wurde eine Privatisierung als Lösung propagiert. Doch auch seit dem Verkauf der National Electric Power Authority (NEPA) hat sich die Lage nicht gebessert. Zu sagen, dass die Nigerianer*innen von der Regierung enttäuscht wären, ist noch eine Untertreibung.
Glaubhaft saubere Wahlen würden gleichwohl zur Legitimität der politischen Führungsschicht beitragen und Maßnahmen der Regierung gegen die sich verschlechternde sozioökonomische Lage ermöglichen. Gleichsam sind die Wahlen auch ein Prüfstein für die nigerianische Demokratie und die Robustheit noch junger Traditionen und Institutionen ziviler Regierungsführung. In gewissem Sinne ist ihre Durchführung schon an sich ein Erfolg; es sind die sechsten landesweiten Wahlen seit dem Übergang von der Militärdiktatur zur Demokratie 1999. 2019 verzeichnet Nigeria mit zwei Dekaden seine bislang längste Phase ununterbrochener Demokratie.
Diese Beständigkeit ist auch Wahlrechtsreformen in Folge zivilgesellschaftlichen Drucks zu verdanken, die einige der Missstände früherer Wahlen beheben konnten, bei denen Politiker*innen aufgrund des Mehrheitswahlrechts um die ungeteilte Macht kämpften, was in unterschiedlichem Ausmaß zu Manipulationen und Gewalt führte. Doch auch diesmal haben sich Politiker*innen gegenseitig beschuldigt, Wahlfälschungen vorzubereiten. Die größte Oppositionspartei, die People’s Democratic Party (PDP), unterbrach im Januar zeitweilig ihren Wahlkampf aus Protest dagegen, dass der Präsident den Vorsitzenden Richter des Obersten Gerichtshofes suspendiert hatte – nur wenige Wochen vor den Wahlen. Sie befürchtete, die Regierung des All Progressive Congress (APC) wolle damit den zuständigen Richter für die Prüfung von Beschwerden über Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen ausschalten. Die APC ihrerseits warf der PDP vor, sie schüre zur Destabilisierung der Regierung vorsätzlich eine Krise. Angesichts dieser zugespitzten Situation haben die Vereinigten Staaten und die Europäische Union zur Zurückhaltung aufgerufen, da ein umstrittener Wahlausgang die ethnisch-religiösen Spannungen in dem bereits tief gespaltenen und von Konflikten geprägten Land weiter verschärfen könnte.
Eine kompromittierte Demokratisierung
An den bevorstehenden Wahlen werden erstmals auch nach dem Übergang zur Demokratie 1999 geborene Nigerianer*innen rechtmäßig teilnehmen können – unrechtmäßig soll dies Berichten zufolge auch schon bei früheren Wahlen vorgekommen sein. Viele junge Wähler*innen haben keine eigenen Erinnerungen an die Ära militärischer Diktatoren, deren Demokratisierungsversprechen zum Scheitern verurteilt waren oder bestenfalls kosmetische Veränderungen bewirkten. Ab den späten 1980er Jahren und vor allem während der 1990er forderte eine dynamische Demokratiebewegung die Militärdiktatoren heraus und erzeugte großen öffentlichen Druck für die Abhaltung von Wahlen. So initiierte General Ibrahim Babangida, der Staatschef General Buhari 1985 durch einen Putsch abgelöst hatte, offiziell eine Demokratisierung, nur um sie bei jeder Gelegenheit selber zu torpedieren. Nachdem er zunächst Politikern der «alten Garde» die Kandidatur untersagt hatte, annullierte er kurzerhand die von seinem eigenen Regime organisierten Wahlen vom 12. Juni 1993, bei denen sich der reiche Unternehmer und Freund der Militärs Moshood Abiola durchgesetzt hatte. Massenproteste der Demokratiebewegung waren die Folge, die Babangida zum Rücktritt zwangen und General Sani Abacha den Weg zur Macht ebneten. Dessen brutale Herrschaft war sodann gekennzeichnet von der Ermordung und Inhaftierung von Oppositionspolitiker*innen und führenden Vertreter*innen der Demokratiebewegung. Auch Abiola starb im Gefängnis. Abacha hatte vor, sich durch ein Demokratisierungsprogramm zum zivilen Präsidenten zu machen, starb aber 1998 unerwartet. Sein Nachfolger, General Abdusalami Abubakar, leitete unverzüglich einen Übergang zur Demokratie in die Wege, der zu den Wahlen von 1999 führte.
Für die Beteiligung einer Partei an diesen Wahlen setzte Abdusalamis Regime allerdings hohe Hürden. Selbst für Lokalparlamente durften nur Parteien kandidieren, die ein mit Personal ausgestattetes Büro in der Bundeshauptstadt Abuja sowie auch in den mehr als 700 Regierungsbezirken des Landes nachweisen konnten. Das dafür nötige Geld konnten in der relativ kurzen Zeit nur ehemalige Militärs und Politiker aufbringen, die sich an der großen Plünderung der nigerianischen Öleinnahmen beteiligt hatten. Schlussendlich ließ die Militärjunta lediglich drei Parteien zu: die People‘s Democratic Party (PDP), die All People‘s Party (APP) und die Alliance for Democracy (AD). Letztere, die damals als die Partei der Yoruba galt, erfüllte die vom Militär vorgegebenen Kriterien zwar nicht, wurde aber zur Befriedung dieser ethnischen Gruppe, die sich vehement für die Anerkennung des Wahlergebnisses vom 12. Juni 1993 eingesetzt hatte, trotzdem zugelassen.
Die Demokratiebewegung hatte seit der Ära Babangida für die Demokratisierung des Landes klare politische Vorschläge formuliert. Einer der wichtigsten war die Einberufung einer Souveränen Nationalkonferenz (Sovereign National Conference, SNC), auf der Vertreter*innen der nigerianischen Völker und politischer Kräfte noch vor der Abhaltung von Wahlen eine offene Diskussion über die Fundamente der nigerianischen Föderation führen und eine neue Verfassung ausarbeiten sollten. Gefolgt von einem Referendum sollte die SNC die Basis für den Aufbau einer neuen Demokratie schaffen. Stattdessen ließ General Abdusalami mit Unterstützung der USA und der EU Wahlen auf Grundlage einer Verfassung abhalten, die das Militär entworfen und ohne öffentliche Debatte oder ein Referendum per Dekret erlassen hatte. Mit nur drei vom Militär zugelassenen Parteien ermöglichten die Wahlen von 1999 dem alten Regime die Konsolidierung seiner Macht: Wahlsieger wurde der frühere Militärdiktator General Olusegun Obasanjo, dessen PDP bis 2015 an der Macht blieb. Nach acht Jahren als Präsident stellte Obasanjo die Machtübergabe an Umaru Yar’adua sicher, den jüngeren Bruders seines Freundes und früheren stellvertretenden Militärdiktators (1976-1979) General Shehu Yar’adua, der unter Abacha im Gefängnis ermordet wurde. Als Umaru Yar’adua 2010 einer unheilbaren Krankheit erlag, übernahm sein Vize Goodluck Jonathan die Präsidentschaft. Seit 1999 ist er bis heute der einzige Staatschef ohne historische Verbindungen zu Militärdiktaturen. 2015 verlor er die Wahlen gegen den All Progressive Congress (APC) von General Buhari, der die Unterstützung von Obasanjo, Babangida und anderen bekannten Ex-Generälen genoss. Der APC war erst ein Jahr zuvor durch den Zusammenschluss von drei Oppositionsparteien und Überläufern von der PDP entstanden, was politisch einer Palastrevolte gleichkam.
In den Jahren davor war der politische Raum für die Partizipation weiterer Parteien neben den drei vom Militär 1999 zugelassenen geöffnet worden. Auf Drängen von Gani Fawehinmi, einem Vorkämpfer der Demokratie von der National Conscience Party (NCP), hatten nationale Gerichte im Vorfeld der Wahlen 2003 erklärt, dass die Wahlkommission mit ihren Kriterien für die Zulassung politischer Parteien gegen die verfassungsmäßigen Rechte der Nigerianer*innen verstoße. Zu dem Zeitpunkt, als neue politische Akteure die Bühne betreten durften, hatte das alte Regime seine Macht jedoch bereits stark gefestigt und genügend Reichtum zur Finanzierung einer klientelistischen Politik angehäuft. Die politische Elite weiß, wie der Hase läuft und dass man Wahlen auch durch unverhohlene Manipulation gewinnen kann, solange man Institutionen wie Polizei und Justiz kontrolliert. Nach den Wahlen 2007 äußerten auch gewöhnlich eher zurückhaltende internationale Beobachter*innen scharfe Kritik an der Wahldurchführung und den offiziellen Ergebnissen; das US-amerikanische Team sprach von einem «Mangel an Glaubwürdigkeit» und erklärte, das System habe «nicht wie vorgesehen funktioniert. Vielen Menschen wurde die Stimmabgabe verwehrt. Das nigerianische Volk wurde von seiner Führung betrogen.» Selbst die von der EU entsandten Beobachter*innen konstatierten, dass «die Wahlen die Hoffnungen und Erwartungen des nigerianischen Volkes nicht erfüllt haben und das ganze Verfahren nicht glaubhaft sauber war». Dennoch erkannten sie die aus den Wahlen hervorgegangene Regierung an.
Wie der Wahlsieg der APC 2015 gezeigt hatte, können von der alten Garde – Amtsträger*innen in den Bundes-, Landes- und Lokalregierungen nach 1999 – instituierte neue politische Parteien den Konsens in der Elite verschieben und einen Regierungswechsel vorantreiben, sofern ein kollektives Interesse daran besteht. Auch im Vorfeld der diesjährigen Wahlen ließen sich solche Wechsel beobachten. Einflussreiche APC-Mitglieder wie Atiku Abubakar kehrten in die PDP zurück, auch Senatspräsident Bukola Saraki, mehrere Dutzend Bundesabgeordnete sowie sechs Gouverneure wechselten von der Regierungspartei zur PDP. Die ehemaligen Staatschefs General Obasanjo und General Babangida, die 2015 noch Buhari unterstützt hatten, sprechen sich heute offen für den PDP-Kandidaten Atiku aus. Derweil klammert sich der regierende APC an die Macht und will nichts dem Zufall überlassen. Die Ernennung, Versetzung und Entlassung hochrangiger Polizeibeamt*innen sowie die Suspendierung des Vorsitzenden Richters am Obersten Gerichtshof werden als politische Manöver gesehen, die die Bedrohung durch die PDP bannen soll.
Nicht-zivile Herrschaft: Krisen und Konflikte im Übergang zur Demokratie
Während sich die öffentliche Aufmerksamkeit vor allem auf die Präsidentschaftskandidat*innen richtet, bleiben der entscheidende Faktor für den Ausgang nigerianischer Wahlen die Gouverneure der Bundesstaaten. Dem Regierungsapparat unterhalb der Bundesebene stehen rund 50 Prozent der Öleinnahmen zur Verfügung mit dem die Gouverneure in der Vergangenheit häufig auch Schlägertrupps angeheuert haben. Rekrutiert werden deren Mitglieder oft bei Jugendorganisationen sowie ethnischen und religiösen Milizen. Bei den Wahlen 2003 und 2007 trugen die Beziehungen von Gouverneuren zu solchen Gruppierungen erheblich zur Eskalation der Gewalt bei, die noch lange nach den Wahlen anhielt. Im ölreichen Nigerdelta gelangten nach 1999 neue Gouverneure an die Macht, während gleichzeitig lokale Gruppen entstanden, die gegen die Umweltverschmutzung der Ölfirmen sowie ihre eigene Marginalisierung im Gesamtstaat protestierten. Aus ihren Reihen stellten die Gouverneure von Bayelsa, Delta und Rivers Trupps zusammen und bewaffneten sie, um politische Gegner einzuschüchtern. Aus einigen dieser Gruppen gingen später das Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND) und ähnliche Gruppierungen hervor, die ab 2006 zu Geiselnahmen und Bombenanschlägen auf Ölanlagen übergingen. Im nordöstlichen Bundesstaat Borno wurden die Führer der islamistischen Gruppe Boko Haram vom Gouverneur angeheuert, um politische Probleme mit Gewalt zu lösen. Nach einem Zerwürfnis mit ihrem Geldgeber entwickelte sich die Gruppierung zu einer der gefährlichsten Terrororganisationen der Welt. Seit 2010 hat Boko Haram zu verschiedenen Zeitpunkten riesige Gebiete um den Tschadsee herum kontrolliert – von Nigeria bis nach Niger, Tschad und Kamerun. Die Gewalt der Gruppierung und die Militäreinsätze der vier Staaten, in denen sie operiert, haben bislang mehr als 20.000 Todesopfer gefordert und über drei Millionen Vertriebene zur Folge gehabt. Obwohl das nigerianische Militär ihre Kämpfer zurückgedrängt hat und sie angeblich keine nennenswerten Gebiete mehr hält, konnte sie ihre tödlichen Angriffe auf Militär und Zivilist*innen auch in den Wochen vor den Wahlen fortsetzen.
Die Hauptkandidaten
Der amtierende Präsident Muhammadu Buhari – in den 1980er Jahren noch Militärdiktator – setzte sich bei den Wahlen 2015 als Kandidat des damals wichtigsten Oppositionsbündnisses APC durch. Geholfen haben ihm dabei ein asketisches Auftreten und sein erwiesener Einsatz gegen die Korruption – ein erfrischender Kontrast zu den unersättlichen Politiker*innen, die mit ihrem Reichtum die Nigerianer*innen verhöhnen. Buhari hatte war zuvor dreimal erfolglos für das Amt des Präsidenten angetreten. 2015 schließlich finanzierten Teile des mächtigen politischen Establishments inklusive korrupter Überläufer von der PDP seine Kampagne. Diese neuen politischen Allianzen verschlossen ihm jedoch jede Möglichkeit den Kamof gegen die Korruption effektiv zu führen, als er das Amt übernahm. So war die Bekämpfung der Korruption seit Buharis Amtsantritt bestenfalls zurückhaltend, während er sein Versprechen, den Aufstand von Boko Haram niederzuschlagen, trotz gewisser Fortschritte nicht halten konnte. Sein größter Makel bleibt indes, dass er zu der Gewalt von Viehhirten aus seiner im Norden beheimateten Ethnie der Fulani weitgehend geschwiegen hat. Im Wahlkampf hat sich die Interessenorganisation der Viehhirten dieses Mal offen hinter Buhari gestellt, dem Untätigkeit angesichts der vor allem im Landeszentrum wütenden Gewalt zwischen Hirten und Bauern vorgeworfen wird, der Tausende von Menschen und mitunter ganze Dörfer zum Opfer gefallen sind. Die überwältigende Mehrheit der Viehhirten geht ihrer uralten nomadischen Lebensweise friedlich nach, an der Gewalt beteiligt sich nur ein sehr kleiner Teil. Allerdings sind nicht wenige davon überzeugt, dass diese wenigen gut bewaffneten Gewalttäter einflussreiche Hintermänner haben müssen. Viele betrachten die bevorstehende Wahl als ein Referendum über Buharis Umgang mit dem Konflikt. Der wichtigste Gegenkandidat Atiku Abubakar, ein reicher Unternehmer und ehemals Vizepräsident, ist ebenfalls ein Fulani aus dem Norden – was dabei helfen könnte, Spannungen nach der Wahl im Zaum zu halten.
Abubakar präsentiert sich im Wahlkampf als Retter, der den Mangel an Sicherheit und die wirtschaftliche Misere Nigerias beenden will, wird aber als ehemaliger Zollbeamter, der binnen kurzer Zeit steinreich wurde, nur schwer den Verdacht von Korruption und Vetternwirtschaft los. Abgesehen von den Hauptkandidaten haben Buharis regierende APC und Abubakars PDP viel gemein. Auf einem politischen Terrain, auf dem Macht als ein Spiel gilt und Weltanschauungen wenig zählen, sind viele ihrer führenden Figuren in den vergangenen fünf Jahren von der einen zur anderen Partei gewechselt – Abubakar war bis vor einigen Monaten selbst Mitglied der APC. Betrachtet man deren Bilanz der letzten vier Jahre und die Regierungszeit der PDP von 1999 bis 2015 – in der Abubakar acht Jahre lang Vizepräsident war –, dann lassen sich die Wahlen kaum als spannend bezeichnen. Angesichts potenziell kriegerischer Spannungen im Land besteht die primäre Bewährungsprobe allerdings darin, ob es Politikern überhaupt gelingt, die Wahlen und den Wahlausgang so zu gestalten, dass die Demokratisierung auf absehbare Zeit weitergehen kann.
Ein Ausblick über die Wahlen 2019 hinaus
Neben Buhari und Abubakar sind im Präsidentschaftswahlkampf auch einige bemerkenswerte Außenseiter angetreten, etwa Omoyele Sowore, Gründer der radikalen Online-Nachrichtenagentur Sahara Reporters, Kingsley Moghalu, früher Vizechef der Zentralbank, und der charismatische Redner Fela Durotoye. Obiageli Ezekwesili, ehemals Bundesministerin und Wirtschaftsprüferin der Weltbank, hat sich vor einigen Wochen aus dem Rennen zurückgezogen. Diese und weitere jüngere Kandidaten sind angetreten, um das korrupte politische Establishment herauszufordern, und haben bestimmte Wählergruppen mit ihrem auf Sachfragen fokussierten Wahlkampf und der Forderung nach einem Paradigmenwechsel in der Politik begeistert. Für eine aussichtsreiche Kandidatur fehlt es ihnen aber noch an Ressourcen, flächendeckenden Parteistrukturen und Verbindungen. Dennoch bieten sie eine Vision dessen, wie Politik sein sollte. Junge öffentlich sichtbare Intellektuelle diskutieren bereits über die Wahlen 2023 und hoffen auf die Konsolidierung alternativer politischer Plattformen, die tatsächlich Möglichkeiten einer Veränderung eröffnen könnten.