Dokumentation Über „fossilen Kapitalismus“ und sozialökologische Transformation - Diskussion zu linken Alternativen in Suhl

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Zur Thema „Kapitalismus ohne Wachstum oder Postwachstum ohne Kapitalismus“ referierte am 5. Oktober 2019 im Rahmen des „Suhler Gesprächsforum alternativ“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung Dr. Dennis Eversberg, Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Eversberg begann mit einem Blick auf die gegenwärtige Diskussion zu einer sozial-ökologischen Transformation der Gesellschaft. Die dramatischen Erhöhungen von Energieproduktion und damit einhergehender Ressourcenausbeutung in den vergangenen Jahrhunderten sind alarmierend und begannen mit der Entstehung des Kapitalismus in England. Für die Produktion der notwendigen Energie allein der Textilindustrie war die Erschließung neuer Energiequellen unabdingbar geworden, denn weder menschliche Arbeitskraft noch Wassermühlen reichten damals aus, um den wachsenden Energiebedarf zu befriedigen. Der Übergang zur kapitalistischen Produktionsweise begann mit der Herausbildung eines „fossilen Kapitalismus“. Die damals historisch neue Gesellschaft setzte von Beginn an auf eine systematisch erweiterte Nutzung vor allem von festen, flüssigen und gasförmigen Energierohstoffen, wie Torf, Stein- und Braunkohle, Erdöl und Erdgas. Die Gewinnung von Energie aus fossilen Brennstoffen wurde damit von Anfang an zum Wesensmerkmal des Kapitalismus – und das ist noch heute so. Auch heute ist die Nutzung erneuerbarer Energiequellen weltweit nur marginal. Wie Eversberg zeigte, sind die zentralen Probleme die dringend nötige Nutzung neuer Energiequellen, neue Antworten auf die Frage, wie wir künftig leben wollen und die Zeitnot, in der die erforderlichen Erneuerungen umgesetzt werden müssten.

Immer dringlicher werde daher auch die Frage nach der Aktualität einer demokratischen gesellschaftlichen Transformation. Der Begriff der Transformation ist zwar heute beinahe in aller Munde, aber wie sie sich konkret vollziehen soll, ist umstritten. Für manche ist sie einfach ein „Green New Deal“, der die Gestaltung der Transformation den Entscheidungen des Marktes überlassen will. Doch die konservative Beibehaltung der gegenwärtigen gesellschaftlichen Ordnung und die Reduzierung der Transformation auf eine Ablehnung des wirtschaftlichen Wachstums werden nicht weiterhelfen. Eversberg wies unmissverständlich darauf hin, dass ein „Postwachstum“ ohne Kapitalismus nötig sei.

In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum über linke und progressive Alternativen in der Politik wurden zahlreiche Fragen nach konkreten Schritten zur demokratischen Umgestaltung des Lebens diskutiert. Reale Möglichkeiten sozialer und ökologischer Erneuerungen stoßen jedoch oft auf das Ignorieren wissenschaftlicher Erkenntnisse durch nationalistische Kräfte. Eines blieb aber unumstritten: eine sozialökologische Transformation ist ohne eine machtvolle und starke öffentliche Bewegung nicht denkbar, und auch globale Fragen werden zu dringenden Problemen in der Kommunalpolitik.