Publikation International / Transnational - Europa - Sozialökologischer Umbau - Klimagerechtigkeit Alle reden vom Klima. Wir reden über Klimagerechtigkeit.

maldekstra #7: Die Klimakrise ist kein reines Umweltproblem.

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Reihe

maldekstra

Herausgeber*innen

common Verlagsgenossenschaft e.G. ,

Erschienen

März 2020

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Die Klimakrise ist die zentrale Herausforderung für die globale Gesellschaft. Das dramatische Voranschreiten des Wandels lässt Armut wachsen, vertieft Ungleichheit, vertreibt Menschen aus ihrer Heimat und heizt die Konflikte um Ressourcen an. Es ist auch kein Zufall, dass in Zeiten der Klimakrise nationalistische Abschottung um sich greift. Doch die Probleme des Planeten lassen sich nur global lösen. Weltweit engagieren sich schon seit langem Menschen nicht nur gegen Umweltzerstörung oder Raubbau an der Erde. Die Konflikte haben immer auch eine soziale und ökonomische Seite. Das Problem ist der Kapitalismus, die Alternative heißt Klimagerechtigkeit. Wer die Klimakrise überwinden will, darf über neue Formen des Wirtschaftens und Zusammenlebens nicht schweigen.

«… die Erde und den Arbeiter»

Als wir mit der Planung dieser Ausgabe von maldekstra begannen, brannte Australien – und es gab Leute, auch Politiker, die wollten darin «normale» Buschfeuer sehen.

Als wir die ersten Gespräche mit Expert*innen über das Thema Klimagerechtigkeit führten, wurde «Klimahysterie» zum «Unwort des Jahres» ausgerufen – ein Begriff, mit dem Klimaschutz und Ökobewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert werden.

Als wir in die Produktion der Ausgabe einstiegen, wurde gemeldet, dass der Eispanzer Grönlands immer stärker schmilzt – und zwar auch unter Wasser. Als wir die ersten Manuskripte erhielten, lasen wir, dass eine Nachrichtenagentur auf einem Foto von Fridays for Future-Vertreterinnen beim Weltwirtschaftsforum in Davos die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate weggeschnitten hatte – als ob die Klimabewegung bloß «weiß» wäre.

Als wir uns über das Layout Gedanken machten, kamen neue Berichte über das Abflauen des Golfstrom-Systems herein – dies gilt als einer der möglichen Kipppunkte, welche die Zivilisation bedrohen könnten.

Als wir mit dem Korrektorat anfingen, schrieb eine Fachzeitschrift über eine Studie, laut der die Feuer in Australien eine historische Katastrophe waren – noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen wurde irgendwo auf dem Globus ein dermaßen großer Anteil eines Waldsystems durch Brände vernichtet. In Australien verbrennen in einer «normalen» Feuersaison durchschnittlich zwei Prozent der Wälder – diesmal waren es also mehr als zehnmal so viel.

Als wir diese Ausgabe für den Druck fertigmachten, war die Welt schon im Griff der Corona-Krise. Die Pandemie zeigte uns, zu welchen gravierenden, umfassenden, ja beispiellosen Maßnahmen die Politik fähig sein kann, wenn Gefahr besteht. Warum nicht mit selber Intensität, mit gleicher Durchschlagskraft, mit eben dieser Radikalität auch gegen die Klimakrise?

Diese Ausgabe widmet sich nicht einfach nur dem Klimawandel, der endlich und immer öfter als das bezeichnet wird, was er ist: eine Klimakrise. Auf den folgenden Seiten geht es um Klimagerechtigkeit, verstanden als ein politisches Herangehen, das die Krise nicht bloß als Umweltproblem begreift, sondern als ein gesellschaftliches: Es geht um Ungleichheit, um die Art, wie wir global produzieren, verteilen, um die sozialen und kulturellen Folgen einer Ökonomie, die Ressourcen nicht aus bösem Willen verbraucht, sondern weil dies einer Logik entspricht, der sie blind folgt. «Die kapitalistische Produktion», so hat es Karl Marx im ersten Band von «Das Kapital» geschrieben, untergrabe «die Springquellen allen Reichtums»: «die Erde und den Arbeiter».

Wir würden heute anders formulieren. Wir würden darauf hinweisen, dass es nicht nur um die Erde geht, sondern um komplexe Ökosysteme, um unwiederbringliche natürliche Ressourcen – um die Möglichkeiten des Lebens, Arbeitens, Liebens überhaupt. Wir würden «den Arbeiter» genauer fassen: Nicht alle Beschäftigten sind gleichermaßen von der Klimakrise betroffen, es ist von Belang, ob es sich zum Beispiel um Frauen handelt, ob man im globalen Süden lebt, wie man in die globale Arbeitsteilung eingebunden ist, welche Rechte man hat, um sich zu wehren und sich gegen die Klimakrise zu engagieren. Einige von ihnen stellen wir in dieser Ausgabe der maldekstra vor, in der Hoffnung, aufmerksam machen zu können auf die vielen Ungenannten, die sich für Klimagerechtigkeit, für ökologischen Wandel, für eine andere Welt engagieren. Denn auch davon, vom wachsenden Widerstand gegen Gleichgültigkeit und kapitalistisches «Weiter so», haben wir viel erfahren bei der Arbeit an dieser Ausgabe von maldekstra.

 
Kathrin Gerlof, März 2020

Globale Perspektiven von links: Das Auslandsjournal

maldekstra ist ein publizistisches Format, das internationalistische Diskurse und Praxen entlang von zentralen Themenlinien diskutiert.
 
Der Name ist dabei Programm: «Maldekstra» steht für «links» in der Weltsprache Esperanto und meint vor allem, aktuelle Fragen in ihrem globalen Rahmen zu sehen, nach weltgesellschaftlichen Lösungen zu suchen für Probleme, die in einer ökonomisch, politisch und kulturell immer enger zusammenrückenden und doch so zerrissenen Welt nur noch auf planetarischer Ebene behandelt werden können.
 
Diese großen Themen werden bei maldekstra entlang von konkreten Perspektiven anschaulich erzählt: internationale Partner und Personen der Rosa-Luxemburg-Stiftung werden vorgestellt, Fachdebatten übersetzt und sowohl die Vielfalt, als auch das Gemeinsame internationaler Entwicklungen aufgespürt. Möglicherweise erscheint die Welt dabei anders als bisher gewohnt – in einer linken weltgesellschaftlichen Perspektive. 

maldekstra ist ein Kooperationsprojekt, das die Rosa-Luxemburg-Stiftung gemeinsam mit der common Verlagsgenossenschaft e.G.  herausgibt. Sie erscheint mehrmals im Jahr als Beilage in der Wochenzeitung der Freitag und der Tageszeitung neues deutschland sowie online bei rosalux.de.