Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Soziale Bewegungen / Organisierung - Globalisierung - Sozialökologischer Umbau - Commons / Soziale Infrastruktur - Globale Solidarität Globale Solidarität

Für einen Internationalismus der Zukunft

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Reihe

Manuskripte

Autor

Boris Kanzleiter,

Erschienen

April 2020

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In den weltweiten Diskussionen der Linken wird der Ruf nach einem «neuen Internationalismus» lauter. Bernie Sanders fordert im britischen Guardian die Gründung einer «internationalen progressiven Bewegung». Es müsse darum gehen, der «internationalen autoritären Achse» ein politisches Projekt entgegenzustellen, das für eine «Vision des geteilten Wohlstandes, der Sicherheit und Würde aller Völker» steht. Diese Bewegung müsse die «bestehende massive globale Ungleichheit, nicht nur in Bezug auf Reichtum, sondern auch in Bezug auf politische Macht» adressieren. Ähnlich argumentieren Akteur*innen eines breiten linken Spektrums: von der britischen Labour Party, den neuen feministischen Bewegungen über die Gewerkschaftsbewegung, die Klimagerechtigkeitsbewegung bis hin zu Intellektuellen aus dem globalen Süden. So veröffentlichte etwa der ägyptische Theoretiker und Gründer des Third World Forum, Samir Amin, kurz vor seinem Tod im Sommer 2018 einen Aufruf zur Gründung einer «5th International of workers and peoples».

Boris Kanzleiter ist Direktor des Zentrums für internationalen Dialog und Zusammenarbeit (ZiD) der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Angesichts der globalen Krise des Kapitalismus und ihrer Zuspitzung durch die aktuelle Corona-Pandemie scheint die Diskussion über einen «neuen Internationalismus» und eine internationale Vernetzung der gesellschaftlichen und politischen Linken notwendiger denn je. Ein Postulat dieses Textes ist, dass angesichts des globalen Charakters der Vielfachkrise jede dem aktuellen Kontext angemessene Strategiediskussion der Linken notwendigerweise mit einer globalen Problemanalyse und einer internationalistischen Perspektive verbunden sein muss. Es kann keine rein nationalstaatsfixierte Politik der Linken geben, auch wenn in Reaktion auf die Krisensymptome nationalstaatsorientierte Ansätze wieder populärer werden. Gleichzeitig darf sich die Forderung nach einem «neuen Internationalismus» nicht auf Appelle und Rituale, die die oft vergessene, beeindruckende Vergangenheit des Internationalismus der Linken in Erinnerung rufen, beschränken. Ein Blick in die Geschichte zeigt vielmehr, dass jede Phase der kapitalistischen Entwicklung auch eigene internationalistische Praxen der Linken hervorgebracht hat, die auf konkrete Herausforderungen reagiert haben. Wenn von einem «neuen Internationalismus» die Rede ist, muss es also in erster Linie darum gehen, vor dem Hintergrund des sich gegenwärtig schnell wandelnden politischen Kontextes konkrete Strategien und Praxen für den Kampf für linke gesellschaftliche Alternativen zu entwickeln und zu stärken.