Dass die Corona-Pandemie bestehende Missstände verschärft und verdeutlicht, ist mittlerweile eine gängige These. Jedoch sind viele Themen nach einem medialen Peak zu Beginn der Pandemie schnell wieder aus dem öffentlichen Diskurs verschwunden – zum Beispiel das Thema Geld und Privatverschuldung, obwohl dies in Zukunft immer mehr Menschen betreffen wird. Denn wie geht es für Selbstständige weiter, wenn die Corona-Soforthilfen von Bund und Ländern aufgebraucht sind? [...]
Juri J. Wasenmüller schreibt über Queerfeminismus, Klassismus und postsowjetische Migration. Juri ist Kolumnist*in beim Missy Magazin und war vorher bei der taz.
Während des Politikstudiums lebte Juri mehrmals in Lateinamerika, zuletzt in Argentinien. Im Lokalbüro der Rosa-Luxemburg-Stiftung Buenos Aires beschäftigte Juri sich vor allem mit der Organisation des feministischen Streiks am 8. März und dem Kampf um reproduktive Gerechtigkeit.
Dieser Text soll dazu anstoßen, grundsätzlicher über das aktuelle Schuldensystem nachzudenken, das Thema Privatverschuldung aus verschiedenen aktivistischen Praxisfeldern heraus zu beleuchten und in die jeweiligen politischen Agenden zu integrieren. In Argentinien haben Feminist*innen den Schuldenbegriff in den vergangenen Jahren vermehrt politisiert und in ihre Kämpfe aufgenommen. Ausgehend von den Leerstellen im deutschsprachigen Diskurs stellt sich die Frage, was sichtbar wird, wenn wir uns von der argentinischen Debatte inspirieren lassen. Können wir an Organisierungsimpulse und Praxisbeispiele anknüpfen und sie produktiv auf die aktuelle Situation in Deutschland beziehen? Dieser Text bleibt dabei notwendigerweise unvollständig, da das Wissen über diese Zusammenhänge für Deutschland erst noch zusammengetragen werden muss. Die Recherche kann als erster Aufschlag und als Einladung verstanden werden, in politischen Organisationen, am Arbeitsplatz und zu Hause über das Thema Schulden zu diskutieren und die Debatte fortzuführen.