Ein etwas anderer Rundgang brachte einer Besuchergruppe der Rosa Luxemburg Stiftung/Peter Imandt Gesellschaft die lothringische Hauptstadt näher. Noch vor wenigen Jahrzehnten galt die Stadt Metz als „abgehangen“ und das weiter die moselaufwärts gelegene Nancy rangierte als beliebteste Stadt der Region, deutlich vor Metz.
Während eines Rundgangs mit dem in der Moselstadt ansässigen RLS-Vertrauensdozenten Prof. John Neelsen, durften sich die Teilnehmer*innen selbst davon überzeugen, dass dies inzwischen Geschichte ist. Heute gilt Metz als schmucke Metropole mit außergewöhnlichen architektonischen Bauwerken, wie der historischen Kathedrale Saint Étienne mit Kirchenfenstern des Künstlers Marc Chagall oder dem 2010 eröffneten Centre Pompidou, ein eindrucksvoller moderner Museumskomplex.
Selbst wenn Nancy heute zurecht als ein barockes Kleinod und Wiege des französischen Jugendstils gilt, ist die Metzer Stadtgeschichte nicht minder aufregend. Im Mittelalter war sie eine unglaublich bedeutende Stadt, in der zahlreiche Reichstage und Bischofskonferenzen stattfanden.
Noch vor den Römern, schon zu Zeiten der Kelten, entstand am Zusammenfluss von Seille und Mosel eine Siedlung. Dies hatte zwei Gründe: Einerseits kamen hier mit Salz beladenen Kähne über die Seille an, um sie auf die Schiffe der Mosel umzuladen. Andererseits diente die Seille als natürlicher Zulauf des Wassergrabens, vor der über Jahrhunderte angewachsene Stadtmauer. Denn der Reichtum durch den Salzhandel weckte unzählige Begehrlichkeiten.
Ihren heutigen Namen verdankt die Stadt ihren ursprünglichen Gründern und Bewohnern: dem Keltenstamm Mediomatricum, aus dessen Name sich Mettis, Metis bzw. Metz ableitete.
Nach der römischen Eroberung unter Julius Cäsar um 52 v. u. Z. erlebte die keltische Siedlung einen wahren Bauboom. Etwa im 2. Jahrhundert zählte man schon 40.000 Einwohner und war damit größer als Paris.
Zur Zeit der Merowinger und Karolinger „verwandelte“ sich die Stadt, neben Reims, Köln, Trier und Aachen, zu einer der bedeutendsten Städte des Fränkischen Reiches.
Bis zum 17. Jahrhundert blieb Metz offiziell ein Teil dieses Heiligen Römischen Reiches und besaß als freie Reichsstadt zahlreiche Privilegien.
Noch heute lässt sich diese bewegte Geschichte im Stadtbild an Gebäuden und im Grundriss erkennen. Prof. Neelsen machte darauf aufmerksam, dass sich in Metz in einem ehemaligen römischen Thermen-Bau die älteste christliche Kirche Frankreichs befindet, Saint-Pierre-aux-Nonnains (deutsch: Sankt Peter auf der Zitadelle oder St. Peter zu den Nonnen).
Am deutlichsten lassen sich die baugeschichtlichen Spuren nach 1552 identifizieren. In dem Jahr besetzte der französische König Heinrich II. die Stadt und wehrte alle Versuche ab, sie wieder in die Sphäre deutscher Herrscher zurückzugeben. Einen Umstand, den der Westfälische Friede im Jahr 1648 endgültig festschrieb und Lothringen nebst Hauptstadt zu Frankreich schlug. Die gigantische Festungsanlage, deren heutiger Zustand weitgehend auf den Festungsbaumeister Vauban zurückgeht, schreckte potenzielle Armeen weitgehend ab.
Selbst im Zuge des Deutsch-Französischen Krieges 1870-1871, kapitulierte die belagerte Stadt erst nachdem der französische Kaiser von den Preußen gefangen genommen wurde. So mächtig waren ihre Festungswerke.
Ein Aspekt, der mit dazu beigetragen haben dürfte, der unterlegenen Seite (neben dem Elsass) Lothringen mit Hauptstadt abzupressen. Die wilhelminische Zeit brach an und dies bedeutete Modernisierung und Ausbau des Festungscharakters, Einführung deutscher Baustile und Anbindung an das deutsche Eisenbahnnetz mit Direktverbindung („Kanonenbahn“) parallel zur Mosel nach Koblenz. Natürlich erfüllte der alte, in der französischen Zeit errichtete Bahnhof nicht mehr seinen Zweck. Etwas neues, gigantischeres musste her: ein festungsähnlicher, neo-romanischer Bahnhof, der es binnen nur eines Tages möglich machte eine komplette Armee aus- oder zu verladen.
Natürlich besichtigte die Gruppe auch die Kathedrale Saint-Étienne (deutsch: Stephansdom) mit ihrem imposant hohen Innenraum und den legendären Glasmalereien u.a. nach Entwürfen von Marc Chagall und Jacques Villon.
Metz als mittelalterliche Metropole des Salzhandels hat das Interesse von vielen Teilnehmer*innen geweckt, im nächsten Frühjahr an einer „Salztour“ entlang der Seille teilzunehmen, auf deren Stationen alte Salz-Städte Vic-sur-Seille, Marsall und Dieuze besucht werden.