Publikation Wirtschafts- / Sozialpolitik - Krieg / Frieden - Verteilungskrise Kriegsgewinne besteuern

Ein Beitrag zur Debatte um Übergewinnsteuern

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Reihe

Studien

Autor*innen

Christoph Trautvetter, David Kern-Fehrenbach,

Erschienen

August 2022

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Russischer Angriffskrieg, Lieferengpässe, heftige Energiepreisschocks – die Inflation ist hierzulande erkennbar gestiegen und stürzt Geringverdiener*innen, Erwerbslose oder allgemein Menschen mit wenig Geld schon jetzt in große soziale Not. Auch Teile der Mittelschicht erleben eine deutliche finanzielle Belastung.

Eine angemessene Antwort wäre die Einführung einer Übergewinnsteuer, um etwas von den exorbitanten Kriegsgewinnen großer Mineralölkonzerne und Stromproduzenten für den hiesigen Staatshaushalt abzuschöpfen. Die Mittel könnten für sozial- und verteilungspolitisch sinnvolle Entlastungen sowie dringend benötigte Investitionen in eine bessere Zukunft eingesetzt werden (Stichwort Energiewende, Klimakrise, völlig auf Verschleiß gefahrene öffentliche Dienstleistungen).

Die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung beauftragte Studie «Kriegsgewinne besteuern. Ein Beitrag zur Debatte um Übergewinnsteuern» des Netzwerk Steuergerechtigkeit legt Berechnungen vor, nach denen sich aus den deutschen Verbrauchswerten rechnerisch auf ein Jahr Extraprofite von rund 110 Milliarden Euro für die Mineralölkonzerne und Stromproduzenten ergeben würden. Diese Übergewinne könnten – je nach Ausgestaltung und Steuersatz (25, 50 oder 90 Prozent) – der öffentlichen Hand hierzulande Einnahmen von rund 30 bis 100 Milliarden Euro pro Jahr einbringen.

Zwei Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages argumentieren mittlerweile recht eindeutig, dass eine Übergewinnsteuer in Deutschland rechtlich möglich ist.

Studie «Kriegsgewinne besteuern»

Doch die FPD blockiert mit Finanzminister Lindner jeden Vorstoß in die Richtung – und Grüne und SPD sind willfährig beigedreht.

Viele Argumente gegen eine Übergewinnsteuer sind dabei nicht stichhaltig und dienen dazu, den verteilungspolitischen Status quo mit aller Macht aufrecht zu erhalten. Großbritannien, Italien, Spanien, Griechenland, Rumänien und Ungarn machen währenddessen – mit unterschiedlichen Ansätzen – vor, dass man eine nationale Übergewinnsteuer sehr wohl einführen kann. Spanien kündigte in diesen Tagen sogar an, die Steuer auszuweiten auf das Bankenwesen. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestags kommt mittlerweile in zwei Gutachten zu dem Schluss, dass eine Übergewinnsteuer rechtlich möglich ist.

Die vorliegende Studie will die Debatte fortführen und verbreitern. Sie liefert nicht nur wichtige Zahlen, sondern ordnet zudem kompakt ein, auf welch unterschiedlichen Grundlagen unsere Nachbarländer ihre Übergewinnsteuern erheben und wo Vor- und Nachteile dieser Modelle liegen. Schließlich entkräftet die Publikation einige der am häufigsten vorgebrachten Argumente gegen eine Übergewinnsteuer.

Die Autoren Trautvetter und Kern-Fehrenbach schlagen vor, dass Deutschland kurzfristig eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne und Stromproduzenten einführt und mittelfristig auf eine allgemeingültige, international abgestimmte Übergewinnsteuer hinwirkt.

Eine nationale Übergewinnsteuer könnte nach Vorbild nationaler Digitalsteuern anderer Länder gestaltet werden. Dabei würden die hier zu versteuernden Gewinne anhand des Umsatzes, der in Deutschland anfällt, ermittelt. Mit diesem Steuermodell à la Digitalsteuer könnte man dem Problem begegnen, dass die internationalen Mineralölkonzerne einen großen Teil ihrer Gewinne, die sie hierzulande erwirtschaften, bisher nicht in Deutschland versteuern, sondern in Niedrigsteuerländern bzw. in Steueroasen verbuchen.

Diese gängige Steuerpraxis führt dazu, dass auch bei den jüngst erlassenen Übergewinnsteuern unserer europäischen Nachbarn bisher ein großer Teil der Steuern nicht von den Mineralölkonzernen, sondern aus dem Strommarkt stammt. Doch selbst das zeigt, was möglich ist: Die erwarteten Mehreinnahmen belaufen sich dort von 300 bis 400 Millionen Euro und 0,2 Prozent des BIP (Griechenland) auf bis zu elf Milliarden Euro und 0,6 Prozent des BIP (Italien). Auf das deutsche BIP übertragen und auf ein Jahr gerechnet wären dies Mehreinnahmen von elf bis 40 Milliarden Euro.

Es ist aus sozialen und politischen Gründen das Gebot der Stunde, eine nationale Übergewinnsteuer durchzusetzen. Damit tatsächlich etwas von den obszön hohen, leistungslosen Profiten abgeschöpft werden kann, müssen die großen Mineralölkonzerne von dieser Steuer erfasst werden.

Zu den Autoren:

Christoph Trautvetter ist externer Projektleiter des Projekts «RLS-Cities – Wem gehört die Stadt?» der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Autor mehrerer Studien zum Berliner Immobilienmarkt. Er arbeitet außerdem als wissenschaftlicher Referent für das Netzwerk Steuergerechtigkeit.

David Kern-Fehrenbach hat sich insbesondere mit den Themen Financial Governance und Anti-Korruption bei der GIZ und UNDP beschäftigt und Transparency International Deutschland im Bereich Steuertransparenz unterstützt. Beim Netzwerk Steuergerechtigkeit arbeitet er in den Themenbereichen Steuern & Entwicklung und Unternehmenssteuern.

Eine Studie des Netzwerks Steuergerechtigkeit im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

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