Publikation Bildungspolitik - Rosa-Luxemburg-Stiftung - Studienwerk Wege und Wirkungen

Zweite Ehemaligenstudie zur Studien- und Promotionsförderung der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Information

Erschienen

August 2023

Bestellhinweis

Nur online verfügbar

Zugehörige Dateien

Im Sprachgebrauch der Stiftung werden die ehemaligen Stipendiat*innen häufig als «Schatz» bezeichnet, der wahlweise gehegt und gepflegt oder erst noch gehoben werden soll. Um das eine wie das andere zu tun, müssen wir viel mehr über unsere Ehemaligen und ihre (Lebens-)Wege wissen. Denn die Zeiten, als alle Mitarbeiter*innen im Studienwerk und alle Stipendiat*innen sich im Grunde noch persönlich kannten, sind längst vorbei. Die Zahl der Ehemaligen oder Alumni (mit diesem Wort fremdeln wir zugegebenermaßen ein wenig aufgrund seiner Assoziationen mit Lebensbündelei und Finanzialisierung von Bildung) ist mittlerweile auf über 3.400 angewachsen. Ehemalige Stipendiat*innen gibt es seit über 20 Jahren: 1999 wurden die ersten drei Stipendiat*innen aufgenommen; schon im Jahr 2000 hatten die ersten ihr Stipendium wieder abgeschlossen.

Von Anfang an war es Stiftung und Studienwerk ein Anliegen, den Kontakt zu halten, Netzwerke für die Zukunft aufzubauen, Fäden nicht abreißen zu lassen. Das war von Anfang an auch eine Herausforderung. Die Ehemaligen sind in den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern und Regionen beruflich, politisch oder anderweitig tätig. Sie sind sicher keine eingeschworene Gemeinschaft mit völlig identischen Zielen und Interessen, sondern gemäß unserer Förderpolitik Ausdruck der Vielfalt und Komplexität der Mosaik-Linken und eben Menschen, die sehr unterschiedliche, manchmal auch scheinbar unmögliche Bildungswege gegangen sind.

Im Jahr 2012 haben wir zum ersten Mal genauer hingeschaut und eine Ehemaligenstudie beauftragt. Das dort Zusammengetragene reicht nicht mehr, um all das einzuschätzen, was seitdem passiert ist und Wirkungen entfaltet. Viel mehr Stipendiat*innen und Ehemalige, neue Förderinstrumente und vor allem der nun mögliche Langzeitblick machten den Gedanken einer neuen Erhebung attraktiv, ja fast zwingend. Ihr Ziel ist klar:

  • Wir wollen erfahren, wie die Förderung subjektiv erlebt wurde
  • und welche objektiven Erfolge sie zeitigt, wo unsere Ehemaligen also nun nach der Förderung stehen und auf welchen Wegen sie dorthin gelangt sind;
  • ob wir sie mit unseren Angeboten der Ehemaligenarbeit weiterhin erreichen oder wie das gegebenenfalls zukünftig besser erfolgen kann.

All dies sollte auch immer durch die Brille unserer spezifisch linken Förderziele bewertet werden:

  • Welchen Beitrag leistet unsere Förderung tatsächlich zum Abbau von Benachteiligungen?
  • Erreichen wir wirklich die Gruppen, die wir avisieren: linkspolitisch Engagierte ebenso wie Menschen, für die aufgrund verschiedenster Merkmale eine höhere Bildung nicht selbstverständlich ist, weil sie zum Beispiel nicht dem Bildungsbürgertum entstammen oder weil sie aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung, aufgrund ihrer Herkunft oder körperlicher Beeinträchtigungen Diskriminierungserfahrungen machen?
  • Und gelingt es, diese bei aller Vielfalt und Divergenz miteinander und mit der Stiftung langfristig zu vernetzen?

Kurz: Wie agiert das Studienwerk zwischen seiner rechtlichen Funktion als «linkes BAFöG-Amt» und seinem Selbstverständnis als linker, solidarischer und kritischer Bildungsinstitution?

Um diese und andere Fragen zu beantworten, haben wir ein Team der Technischen Universität Dresden beauftragt, unsere Ehemaligen zu befragen. Die nun vorliegenden Ergebnisse sind auch ein Schatz – ein Datenschatz, den es ebenso zu heben und nutzen gilt. Die Befunde geben der Arbeit des Studienwerks Rückenwind und sie zeigen, wo es noch hakt und vielleicht besser werden könnte. Hier ist zu erwähnen, dass im Rückblick manche aktuellen Erfolge auch «untergehen». So liegt der Anteil der Erstakademiker*innen unter unseren geförderten mittlerweile konstant bei über zwei Drittel. Dorthin zu gelangen war ein langer Weg, der sich im Rückblick der Ehemaligenstudie noch deutlich spiegelt, während das (gegenwärtige) Ende dieses Weges sich in diesem Rückblick noch nicht zeigt.

Die vorliegende Publikation ist dabei nur Ausgangspunkt weiterer Arbeit. Hier sind die Befunde zur Vielzahl der untersuchten Themenfelder gesammelt und strukturiert aufbereitet. Sie sind die Basis des folgenden Prozesses: In Diskussionen und Workshops haben wir uns mit den Ergebnissen auseinandergesetzt. Eine Folgepublikation, eine Art «Begleitband», wird die Studienergebnisse zum Ausgangspunkt weiterer Reflexionen und Rückblicke auf mittlerweile fast 25 Jahre RLS-Studienwerk machen. Vieles soll seine Umsetzung in unserer Arbeit finden. Uns dazu reichhaltige Anregungen zur Verfügung gestellt zu haben, ist das große Verdienst der vorliegenden umfangreichen Studie.