HINTERGRUND: DAS FORSCHUNGSPROJEKT «ANTISEMITISMUS DEFINIEREN»
Mehr als zwei Jahre lang hat sich eine interdisziplinäre Forschungsgruppe am Zentrum für Antisemitismusforschung intensiv mit Problemen von Antisemitismusdefinitionen und -begriffen auseinandergesetzt.[1] Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass der öffentliche Streit um Antisemitismusdefinitionen derzeit wenig produktiv geführt wird. Im Ergebnis ist ein Handbuch mit multiperspektivischen Zugängen zum Thema entstanden.[2] In knapper Form werden dort zentrale Sachthemen und die Perspektiven von Autor*innen vorgestellt, die für die wissenschaftliche wie öffentliche Diskussion zum Thema Antisemitismus maßgeblich sind. Die Darstellungen arbeiten die Grundlinien unterschiedlicher wissenschaftlicher Antisemitismusbegriffe heraus. Das Handbuch ist deshalb auch für die antisemitismuskritische Bildung von Bedeutung.
Mit der vorliegenden Handreichung geben wir politischen Bildner*innen und Lehrkräften Hinweise zur Orientierung in einem komplexen und schwierigen Feld und möchten sie zu einer vertieften Beschäftigung mit Antisemitismus ermutigen. Viele der nachfolgend aufgeführten Überlegungen zum möglichen Umgang mit Antisemitismusverständnissen berühren allgemeine Grundlagen und fachliche Standards der politischen Bildung und lassen sich teilweise auf andere Felder, beispielsweise die Rassismuskritik, übertragen.
Um eine Anschlussfähigkeit bzw. «Übersetzung» in das Praxisfeld zu gewährleisten, haben wir unsere Ideen mit Praktiker*innen antisemitismuskritischer Bildung diskutiert, denen wir für ihre Expertise und Beratung herzlich danken [3].
[1] Das Projekt «Antisemitismus definieren» wurde am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin mit einer Finanzierung durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung durchgeführt. Mitglieder der Forschungsgruppe waren: Sina Arnold, Anna Danilina, Uffa Jensen, Klaus Holz, Ingolf Seidel, Hannah Tzuberi, Peter Ullrich und Jan Weyand. Eine Vielzahl externer Autor*innen steuerte einzelne Beiträge bei. Wir bedanken uns auch bei unseren studentischen Mitarbeitern Jannis Göckede und Julius Leonhard.
[2] Was ist Antisemitismus? Begriffe und Definitionen von Judenfeindschaft, hrsg. von Peter Ullrich, Sina Arnold, Anna Danilina, Klaus Holz, Uffa Jensen, Ingolf Seidel und Jan Weyand (erscheint im Februar 2024 im Wallstein-Verlag).
[3] An der Diskussion eines Entwurfs dieser Handreichung waren als externe Berater*innen beteiligt: Chaja Boebel (IG Metall), Claudia de Coster (Rosa-Luxemburg-Stiftung), Monique Eckmann (emeritierte Professorin für Soziale Arbeit an der Westschweizer Hochschule für angewandte Wissenschaften und Kunst in Genf), Susanna Harms (BildungsBausteine e. V.) und Gottfried Kößler (bis 2019 stellvertretender Direktor des Fritz Bauer Instituts, Schwerpunkt Pädagogik).