Publikation Geschichte - Rosa Luxemburg Feliks Tych: Leo Jogiches - Alternativen zu Lenins diktatorischem Modell

Rosa-Luxemburg-Forschungsberichte Heft 20. Fragmente einer unveröffentlichten politischen Biographie. Zusammengestellt, übersetzt und bearbeitet von Jürgen Hensel und Holger Politt.

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Dezember 2023

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Der polnische Historiker Feliks Tych (1929–2015) gehörte zu den besten Kennern der Geschichte des sozialistischen Denkens im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Zu seinem Forschungsschwer­punkt gehörten Leben und Werk Rosa Luxemburgs. Mit seiner Ent­deckung der über 1000 Briefe Rosa Luxemburgs an Leo Jogiches in einem Moskauer Archiv in den 1950er Jahren darf überhaupt der Neube­ginn der Luxemburg-Rezeption nach der Moskauer „Luxemburgismus“-Verdammung datiert werden. Ohne diesen wertvollsten Archivfund stün­de die Luxemburg-For­schung immer noch auf wackligen Füßen.

Tychs Arbeiten zu Rosa Luxemburg zählen bis heute zu dem Wertvoll­sten, was die Erforschung der politischen Wege der großen Sozialistin und Revolutionärin zu bie­ten hat. Allerdings blieben die Texte verstreut, ein zusammenfassendes Kompen­dium entstand aus vielfältigen Grün­den nicht. Die politischen Umstände nach dem Zusammenbruch des sowjetisch geprägten Staatssozialismus im Ostteil Europas drängten Tych schließlich zu dem größeren Vorhaben, eine umfangreiche politi­sche Biographie über Leo Jogiches ins Werk zu setzen. Dass diesem Vorhaben kein Er­folg beschieden war, hängt zusammen mit dem Höhe­punkt in der beruflichen Lau­f­bahn des Historikers: 1995 wurde Tych gleichermaßen überraschend wie verdient zum Direktor des namhaften Jüdischen Historischen Instituts (ŻIH) in Warschau berufen, dieses kräftezehrende Amt bekleidete er bis 2006. Danach blieb Tych interna­tio­nal gefragt vor allem als Holocaustforsche

So blieben die Forschungsergebnisse zu Jogiches Fragmente, die hier – in deutscher Sprache – zum ersten Mal für ein breiteres Publikum in zu­sammengestellter Form vorgelegt werden. Gut zu erkennen sind für den Leser die Umrisse und die Struktur der geplanten Jogiches-Biographie. Zwei Punkte sollen hier besonders hervorge­hoben werden: Erstens die detaillierten Einblicke in die Jahre in Wilna (Vilnius), in denen der künf­tige freiheitliche Sozialist reifte und sich im Kampf gegen die Zaren­herrschaft die ersten Sporen verdiente. Zweitens die politische Schmie­de, die zwischen Rosa Luxemburg und Jogiches in den gemeinsamen Züricher Jahren entstanden war, in Berlin ab 1898 ihre volle Ausprägung erfuhr und während der Revolution 1905/1906 im Zarenreich den Höhe­punkt erlebte. Tych scheut nicht vor schwierigen Einzelheiten zurück, so bei der Zuordnung von Schlüsseltexten, die in der Regel allein Rosa Luxemburg zugeschlagen werden.

Ergänzt werden die Tych-Fragmente zu Jogiches mit autobiographi­schen und biogra­phischen Zeugnissen des Historikers selbst, die ihn mit dem Blick auf die Zeit vor 1945 in den Kontext schwierigster Zeitge­schich­te stellen.                          

Holger Politt

Inhalt
  • Statt eines Vorwortes: Ein Meilenstein künftiger Forschungen – zu Fe­liks Tychs unabgeschlossener Biographie Leo Jogiches’ (Holger Po­litt). S. 7–18
  • Feliks Tych: Leo Jogiches – Alternativen zu Lenins dikta­to­­rischem Modell. Fragmente einer unveröffentlichten politischen Bio­gra­phie. S. 19–149
    • Einleitung. S. 21–29
    • Politi­sches Erwachen in Wilna. S. 31–62
    • Der Einfluss auf Rosa Luxemburg in der Zür­cher Zeit. S. 63–73
    • Ungeduldige Reifezeit in Berlin. S.  75–112
    • Revolutions­tage 1905/1906. S. 113–139
    • Beeinflussung und Differenz – das Verhältnis zu Rosa Luxemburg in der Zeit der deutschen Revolution 1918/1919. S. 141–149.
  • Vom Leben davor: Drei Dokumente zum früheren Leben des polnischen Historikers Feliks Tych. S. 151–191
    • Vom Leben davor (Hol­ger Politt). S. 153–154
    • Über das Verste­cken auf der »arischen Seite«. Mit Professor Feliks Tych sprach Barbara Engelking. S. 155–162
    • Das Tagebuch der Miriam Chaszczewacka. Vorwort von Feliks Tych. S. 163–170
    • Der kleine Koffer nur für kurze Zeit. Das Gespräch mit Lucyna Tych führte Judyta Pawlak. S. 171–181
    • Feliks Tych als Historiker der polnischen Arbei­ter­bewegung. Ein unvollständiger, kurz kommentierter Überblick von Holger Politt nebst Bibliographie ausgewählter Arbeiten. S. 183–191
  • Abbildungen. S. 193–204
  • Verzeichnis der Abkürzungen. S. 205
  • Zu den Autoren. S. 207/208
  • Die bisher erschienenen Rosa-Luxemburg Forschungsberich­te. S. 209–223.

Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e.V., Leipzig 2023, 223 S. (Hrsg. von Manfred Neuhaus in Verbindung mit Klaus Kinner, Volker Külow und Holger Politt)

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