Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Wirtschafts- / Sozialpolitik Sanktionen bei Hartz IV: unbedingt verfassungswidrig!

Standpunkte 6/2012 von Isabel Erdem und Wofgang Nešković.

Information

Reihe

Standpunkte

Autor

Isabel Erdem,

Erschienen

Mai 2012

Bestellhinweis

Nur online verfügbar

Zugehörige Dateien

Am 26. April 2012 hat eine Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier des Deutschen Bundestags gegen die Abschaffung von Leistungskürzungen bei Hartz IV und bei der Sozialhilfe gestimmt. Diese Mehrheit irrt. Sanktionen bei Grundsicherungsleistungen sind verfassungswidrig. Sie verletzen das Recht auf Zusicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums, das sich aus der Menschenwürdegarantie selbst ergibt. Gemäß unserer Verfassung gelten bürgerliche Freiheiten und soziale Sicherheit gleichrangig neben- und miteinander. Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz lautet: «Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat». Doch in der Praxis steht es schlecht um unseren «Sozialstaat». Die Bedrohung geht vom Staat aus. Der Verfassungsbruch ist ständige Praxis der Jobcenter. Er ist Gesetzestext. Auf Grundlage verfassungswidriger Normen im Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) werden Hartz IV-Empfängerinnen und Hartz IV-Empfängern bis zu 100 Prozent des ohnehin kaum ausreichenden Regelbedarfs und der Kosten für Unterkunft und Heizung gestrichen. Mehr als 912 000 solcher Sanktionen verhängten die Jobcenter im Jahr 2011. Das sind täglich etwa 2500 «legale» Eingriffe in das Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Es ist unwürdig, dass in einem der reichsten Länder der Welt eine solche Praxis existiert. Sie gehört gestoppt.