Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Kapitalismusanalyse - Gesellschaftstheorie Transformation im Kapitalismus und darüber hinaus

Beiträge zur Ersten Transformationskonferenz am 13./14.10.2011 von Michael Brie und Mario Candeias (Hrsg.).

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Dezember 2012

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Im Oktober 2011 fand die erste Transformationskonferenz des 2008 gegründeten Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung statt. Ziel dieser Konferenz war es, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in einem sehr intensiven Diskussionsprozess eine Bestandsaufnahme von Transformationsdiskussionen der akademischen Linken vorzunehmen.

Seit 1999 wird an der Rosa-Luxemburg-Stiftung ein Ansatz sozialistischer Transformationsforschung entwickelt und mit deutschen und internationalen Partnerinnen und Partnern diskutiert. Erste Zwischenergebnisse wurden auf einem lateinamerikanisch-europäischen Seminar in Rio de Janeiro im Juni 2004 vorgestellt und erörtert. Immer wieder ging es um das Grundverständnis von Kapitalismus und Sozialismus, von Eigentum und Macht, von unterschiedlichen Typen und Entwicklungspfaden kapitalistisch geprägter Gesellschaften, um Szenarien, Einstiegsprojekte, Krisen und neue Allianzen. Einen Überblick über wichtige Ergebnisse ist im Anhang zu diesem Reader gegeben.

Ziel dieser Forschung ist es, an einem Konzept »mittlerer Reichweite« zu arbeiten, das die von Boaventura de Sousa Santos identifizierte »Distanz zwischen der Praxis der […] Linken und den klassischen linken Theorien« überwindet. Sousa Santos folgert: »Aus dieser zum Teil bestehenden wechselseitigen Blindheit von Theorie und Praxis geht eine Untertheoretisierung der Praxis wie eine Irrelevanz der Theorie hervor. Dieses Aneinander-Vorbei erzeugt auf der Seite der Praxis oft ein Schwanken zwischen der revolutionären Spontaneität und einer bis zur Wirkungslosigkeit selbstbeschränkten Politik des Möglichen. Auf der Seite der Theorie erzeugt dies nicht selten ein Hin und Her zwischen einem Bestreben der nachvollziehbaren Anpassung post factum und einer arroganten Indifferenz gegenüber allem, was die Theorie nicht erfasst.«

Diese Kluft hatte dazu beigetragen, zwischen dem »Fernziel« einer befreiten und solidarischen Gesellschaft, einem demokratischen Sozialismus, und dem »Nahziel« konkreter Reformen, die die Lebenslage der Arbeitenden, von Frauen, von kolonial und ethnisch unterdrückten Völkern und Gruppen verbessern, einen falschen Gegensatz zu erzeugen, den Gegensatz von »Revolution« und »Reform«. Rosa Luxemburg hatte dem die Formulierung von »revolutionärer Realpolitik« gegenübergestellt. Eine solche Politik sucht nach Wegen der sozialistischen Bearbeitung der realen Widersprüche emanzipatorischer Bewegung. Es ist eine Politik der Gegen-Hegemonie, die auf transformatorische Bündnisse zielt. Veränderung der Kräfteverhältnisse, Einleitung eines Richtungswechsels der Gesellschaftspolitik und eine sozialökologische Transformation gehören in diesem Verständnis zusammen.

Berlin, Oktober 2012
Michael Brie Mario Candeias

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