Spätestens gegen Ende des Jahres 2012 zeigte sich immer deutlicher, dass die jüngste Krise des Kapitalismus es durchaus mit den Krisen der 1970er Jahre und der Zwischenkriegsperiode aufnehmen kann, obwohl es zuvor einige Anzeichen für eine günstigere Entwicklung gegeben hatte: Deutschlands klares Bekenntnis zum Erhalt des Euro, Draghis Ankündigung, die EZB werde zur Unterstützung von Spanien und Italien unbegrenzt Staatsanleihen ankaufen («uneingeschränkte Finanztransaktionen»), und die Beharrlichkeit, mit der viele Länder ihre Austeritätsprogramme und «Strukturreformen» durchsetzten. Das Zinsgefälle ging drastisch zurück, und es kam sogar zu einer positiveren Bewertung einer Reihe von Volkswirtschaften durch die Ratingagenturen.
Andererseits hatten die meisten Ökonomien im Euroraum mit neuen Rezessionen oder Phasen der Stagnation zu kämpfen, wobei die Rezession in der Peripherie auch zu einem Aderlass im Zentrum führte. Wesentliche fiskalpolitische Ziele wurden verfehlt, und auch bei der Massenarbeitslosigkeit schien kein Ende in Sicht. Jederzeit können verschiedene, zum Teil unkalkulierbare Einflüsse und Kräfte die überaus fragilen Fortschritte in Richtung Stabilisierung zunichte machen. Einer der zentralen Unsicherheitsfaktoren sind nicht zuletzt die Menschen, insbesondere in den Ländern des Südens, da unklar ist, wie lange die Bevölkerung dort weiterhin bereit sein wird, sich den scheinbar nimmer enden wollenden Sparauflagen zu unterwerfen und die Aussicht auf weitere Jahre des wirtschaftlichen Stillstands zu akzeptieren.
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Euclid Tsaklotos ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Athen und Mitglied des politischen Sekretariats von Syriza, der Partei der radikalen Linken in Greichenland. Christos Laskos ist Ökonom.
Der Text ist eine deutsche Übersetzung des 6. Kapitels ihres Buches «Crucible of Resistance. Greece, the Eurozone and the World Economy».
Aus dem Englischen von Britta Grell.