Publikation International / Transnational - Krieg / Frieden - Asien Mit Protestplakat und Regenschirm

Ist die Antikriegsbewegung in Japan gescheitert? Standpunkte 3/2016 von Marius Palz

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Reihe

Standpunkte

Autor

Marius Palz,

Erschienen

Januar 2016

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Auch wenn in den deutschen Medien nicht viel davon ankam: 2015 war ein politisch heißer Sommer in Japan. Nachdem die japanische Regierung unter Shinzō Abe schon im Jahr zuvor gegen größeren Widerstand aus der Bevölkerung das umstrittene «Gesetz zum Schutze bestimmter (Staats-)Geheimnisse» (Tokutei himitsu no hogo ni kansuru hōritsu) verabschiedet hatte, brachten die Pläne für das Jahr 2015 Hunderttausende im ganzen Land auf die Straße. Mit der Uminterpretation des neunten Artikels der japanischen Verfassung, demzufolge es Japan lediglich gestattet ist, ein Heer zur Verteidigung der nationalen Sicherheit zu unterhalten, hat die Regierungskoalition aus Liberaldemokraten (LDP) und Kōmeitō, einer Partei, die inoffizielle Verbindungen zur neo-buddhistischen Sekte Soka-gakkai unterhält, den Weg für die ersten aktiven Kampfeinsätze seit dem Ende des Pazifikkriegs vor 70 Jahren geebnet. Nun ist es den sogenannten Selbstverteidigungsstreitkräften gestattet, das Recht auf kollektive Selbstverteidigung wahrzunehmen. Dies bedeutet im Klartext: Sollte ein Bündnispartner, beispielsweise die Vereinigten Staaten, unter Beschuss geraten, kann das japanische Militär diesem zur Hilfe kommen und aktiv in Kriegshandlungen eingreifen. Japanische SoldatInnen an der Seite Amerikas sind nun vorstellbar. Für viele Menschen in Japans Nachbarstaaten, aber auch für viele JapanerInnen selbst, wird somit ein lang befürchtetes Szenario immer realistischer: die Abkehr vom Pazifismus. Doch auch wenn die Proteste das Durchdrücken der «Sicherheitsgesetze » (Anzen hoshō kanren hōan) nicht stoppen konnten, wäre es ein Fehler, sie als fruchtlos abzutun.

Marius Palz studiert Ethnologie und Japanologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und arbeitet gegenwärtig zum Thema Minderheiten, vor allem der indigenen Minderheit der Ainu in Japan. Bis August 2015 hielt er sich in Tokio auf, wo er Augenzeuge der Protestbewegung wurde.