Kommt das Zeitalter der künstlichen Superintelligenz? Wird sie uns versklaven oder befreien? Oder nur arbeitslos machen?
Die Referent*innen vertreten die Position, dass solche Befürchtungen oder Hoffnungen von der Sache, von den realen Potentialen und Gefahren der KI ablenken. Ziel der Veranstaltung soll sein, diese genauer kennenzulernen und zu verstehen, was sich hinter den Künsten der KI-Systeme verbirgt und wodurch sie sich von herkömmlichen IT-Systemen unterscheiden.
Den Blick hinter die Kulissen können alle machen — ohne Fachkenntnisse, doch mit der Bereitschaft, sich Zeit dafür zu nehmen —, um die gesellschaftlichen Aspekte der KI fundierter zu diskutieren.
Ablauf
- 10:30 Begrüßung, Überblick und Einleitung
- 11:00 Begriffliche Grundlagen: Semiotik, Rechnen mit Maschinen etc. (Peter Brödner)
- 12:00 Differenzierung: klassische Software und KI, statistische KI (Rainer Fischbach)
- 13:00 Mittagspause
- 14:00 KI in der Wirtschaft: Nur Distributivkraft oder auch Produktivkraft? (Sabine Pfeiffer)
- 15:00 Potentiale: Automatisierung, Ressourcenökonomie, Kontrolle, epistemische Macht und Biomacht (Rainer Fischbach, Sabine Pfeiffer)
- 16:00 Pause
- 16:45-19:00 Podium (Peter Brödner, Rainer Fischbach, Sabine Pfeiffer) mit Öffnung zum Publikum
Jeder Vortragsblock schließt mit einer Fragerunde und einer Pause von 5 Minuten.
Informatiksysteme wurden bisher vorwiegend als Instrumente der Rationalisierung gesehen und politisch insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung problematisiert. Vorhersagen technologischer Arbeitslosigkeit bestätigten sich bisher nicht, erleben jedoch in jüngster Zeit angesichts phantastisch erscheinender Leistungen der KI eine neue Konjunktur. Dazu gesellt sich mit der zunehmenden Bedeutung des Internets als Medium, spätestens jedoch seit den Enthüllungen von Edward Snowden, die Wahrnehmung bisher nicht gekannter Möglichkeiten der Überwachung und Beeinflussung der gesellschaftlichen Kommunikation und des Verhaltens.
Während letztere Möglichkeiten sich erkennbar realisieren, blieb die technologische Arbeitslosigkeit bisher eine Befürchtung. Die Veranstaltung wird die betreffenden Fragen ebenfalls adressieren, doch in den Mittelpunkt stellen, was bisher weitgehend der Aufmerksamkeit entging: nämlich, dass informatische Systeme bzw. die in ihnen zur Anwendung kommenden Techniken tatsächlich die Welt und das Bild gestalten, das wir uns von ihr machen. Und dass die Macht der KI, dies zu tun, noch tiefer reicht als die der herkömmlichen Systeme. Letztere dienen schon lange nicht mehr allein der Substitution von menschlicher Arbeitskraft, sondern, viel mehr noch, der Umgestaltung und Normierung von Arbeitsprozessen und, mittels der allgegenwärtigen Internet-Tools, auch des Alltagslebens. Die neuen KI-Anwendungen tendieren dazu, buchstäblich zu definieren, was die Welt ist und was das Weltwissen ausmacht. Ihnen wächst epistemologische Macht zu.
Peter Brödner: «Künstliche Intelligenz»: Dichtung und Wahrheit. Einblicke in die Technik des Berechnens und in Mythen um Intelligenz, International Reports on Socio-Informatics 20 (1), Bonn: IISI. Darin vor allem das Einführungskapitel.
Rainer Fischbach: Big data — big confusion: Weshalb es noch immer keine künstliche Intelligenz gibt. Berliner Debatte Initial, 2020(1). 136–147.
Sabine Pfeiffer: KI im Unternehmen – Herausforderungen an die betriebliche Gestaltung moderner Arbeit. DGUUV forum, 11/2023
Bevor wir uns diesen Zusammenhängen annähern, wollen wir zunächst ein paar Grundzüge eines klareren Bildes der informatischen Technik vorstellen. Es soll also nicht nur verständlich gemacht werden, was es mit den Algorithmen auf sich hat, sondern dass sie nur auf formalen Objekten operieren. Deshalb können sie Probleme aus der realen Welt nur bearbeiten, wenn zuvor jemand die entsprechenden Ausschnitte der Welt in formale Objekte und Operationen übersetzt, sie modelliert hat, wie die Informatiker dies nennen. Aus Dingen und Vorgängen werden Daten und die sind nicht, wie eine gängige Rede meint, als Rohstoff gegeben, sondern sie werden gemacht. Als derart gemachte machen sie auch den Kern der KI-Systeme aus, deren Verhalten vor allem durch sie und weniger durch eine Anzahl an weitgehend standardisierten Algorithmen bestimmt wird. Wir wollen dies und das, was sich daraus für deren Bedeutung ergibt, nicht nur darstellen, sondern mit den Teilnehmenden auch diskutieren. Zum Abschluss wird es ein Podium geben, dessen Diskussion sich für alle Teilnehmenden öffnen soll.
Die Veranstaltung wendet sich an alle, die sich für die Möglichkeiten und Grenzen der Künstlichen Intelligenz interessieren. Insbesondere geht es um die Fragen, wie die Künstliche Intelligenz unser Wissen und unser Bild über natürliche und gesellschaftliche Prozesse beeinflussen kann und welche Macht der KI in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen unserer Zeit zukommt bzw. zukommen könnte.
Die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung erfordert keinerlei technische Vorkenntnisse. Im Zentrum stehen vielmehr Fragen der wissenschaftlichen Erkenntnis und gesellschaftlichen Nutzung dieser Technologien.
Referent*innen
- Matthias Becker, Journalist und Sachbuchautor (unter anderem Automatisierung und Ausbeutung — Was wird aus der Arbeit im digitalen Kapitalismus?, 2017), lebt und arbeit in Berlin.
- Prof. Dr. Peter Brödner forschte Jahrzehnte zur industriellen Automatisierung und lehrt Informatik an der Universität Siegen.
- Rainer Fischbach lehrte Informatik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, forschte zur Planungsmethodik und zur Technikfolgenabschätzung, war Jahrzehnte als Berater und Entwickler in der Industrie und ist jetzt als Autor tätig.
- Prof. Dr. Klaus Fuchs-Kittowski lehrte Informatik und Wissenschaftsphilosophie an der Humboldt-Universität Berlin (als Podiumsgast).
- Prof. Dr. Sabine Pfeiffer lehrt Industriesoziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und forscht zur industriellen Automatisierung.
Standort
Kontakt
Silke Veth
Referentin Bildungsarbeit international , Rosa-Luxemburg-Stiftung
E-Mail: silke.veth@rosalux.org
Telefon: +49 30 44310163