Bestimmen Viren unser Leben?

COVID-19 hat deutlich gemacht, welchen Einfluss Viren auf unser Leben haben können. Virale Infektionen, Epidemien und Pandemien sind aber keine ‚Erfindungen‘ der Neuzeit, es gibt sie seit es Menschen gibt. Das rasante Wachstum der menschlichen Population als potentieller Wirt für Erreger, die hohe Mobilität, Urbanisierung, Globalisierung, das Eindringen in und die Zerstörung von natürlichen Habitaten, die massive Zunahme von Nutztieren zur Ernährung von immer mehr Menschen… all das begünstigt offenbar das Überspringen von Erregern aus tierischen Reservoiren auf den Menschen. Dagegen steht die Ausrottung der menschlichen Pocken und der Rinderpest, und die herausragenden Erfolge bei der Bekämpfung von z.B. Masern, Kinderlähmung oder Tollwut durch den Einsatz effizienter Impfstoffe, die durch neue Technologien immer schneller zu entwickeln sind. Aber sind Viren nur ‚Gegner‘? Ohne Viren gäbe es das uns bekannte Leben nicht. Viren oder virusähnliche Elemente stehen am Anfang der Evolution und sind Treiber der Evolution. Viren stellen die abundanteste Lebensform und die größte genetische Vielfalt auf diesem Planeten dar, es gibt mehr Viren auf der Erde als Sterne am Himmel. Auch wir als Säugetiere würden ohne Viren nicht existieren. Insofern bestimmen Viren unser Leben auf vielfältige Art und Weise.

Zum Referenten:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Thomas Mettenleiter, geboren 1957 in Göppingen (Baden-Württemberg). Studium der Biologie in Tübingen. Seit 1996 Leiter, ab 1997 Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Insel Riems, der weltweit ältesten Virusforschungsstätte. Mitglied u.a. der Nationalen Akademie der Wissenschaft, Leopoldina. Ehrendoktor der Veterinärmedizin der tierärztlichen Hochschule Hannover und der Justus-Liebig-Universität Gießen. Apl. Professor an der Universität Greifswald und Honorarprofessor der Universität Rostock.