In den letzten Jahren ist das Interesse an Genossenschaften gewachsen: ILO und UNO haben sich mehrfach intensiv mit der Genossenschaftsproblematik befasst. Sie haben Empfehlungen und Programme diskutiert und verabschiedet, die darauf zielen, die Potenzen von Genossenschaften für die Lösung sozialer und globaler Probleme zu erschließen. Hunger, Unterentwicklung, Armut, Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen, Arbeitslosigkeit, unwürdige Arbeitsbedingungen und soziale Ausgrenzung werden als Herausforderungen genannt, für deren Überwindung Genossenschaften eine relevante Rolle spielen könnten. Staaten und Regierungen, wirtschaftspolitische Zusammenschlüsse, Arbeitgeber und
Gewerkschaften, Akteure der Zivilgesellschaft werden aufgerufen, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, das der Gründung und Entwicklung von Genossenschaften förderlich ist.
Der Europäische Rat, die Europäische Kommission und verschiedene Akteure der Europäischen Union haben zum Statut der Europäischen Genossenschaft und zur Förderung von Genossenschaften kommuniziert, beraten und beschlossen. In verschiedenen Mitgliedsländern der Europäischen Union sind genossenschaftsfreundliche Gesetze verabschiedet worden. Auch in Deutschland sind Genossenschaften wieder Thema öffentlicher Diskussion. Der rot-rote Senat von Berlin hat in drei Jahren Amtszeit für Genossenschaften in Deutschland Beispielloses geleistet.
Dennoch ist kein Aufatmen angesagt, denn herrschender Politik geht es insbesondere um dreierlei: Angesichts wachsender sozialer Probleme sollen Genossenschaften staatliche Sozial- und Beschäftigungspolitik entlasten. Sie sollen kleine und mittlere Betriebe den „Herausforderungen der Globalisierung“ anpassen. Und sie sollen dafür sorgen, dass trotz fortschreitender Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung „der Wirtschaft“ Gesellschaft weiter funktioniert.
Die Frage also ist, inwiefern Unternehmen, die zugleich soziale Organisation sind, Menschen und Ressourcen für eine Entwicklung mobilisieren können, die sich an den Lebensinteressen der Menschen in den Regionen, in Europa und weltweit orientiert statt an den Verwertungsinteressen von Konzernen.
Inwiefern können Genossenschaften helfen, Regionen wider die Logik kapitaldominierter Globalisierung zu entwickeln?
Referentinnen und Referenten:
- Geoff Brown, Mitarbeiter am College für Genossenschaften in Manchester
- Judith Dellheim, Vertragsnehmerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung
- John Goodman, Koordinator für genossenschaftliche Politik, Manchester
- Gabriele Herbert, Repräsentantin des Internationalen Instituts für Genossenschaften, Frankfurt am Main
- Geza Varga, Vorsitzender der Genossenschaft Galgafarm, der ersten ungarischen Öko-Genossenschaft
- Mervyn Wilson, Chefdirektor des College für Genossenschaften in Manchester
Programm 18.11.
11.00 Uhr
Begrüßung und Eröffnung
11.10 – 13.30 Uhr
Über Debatten zu Genossenschaften/zur Genossenschaftsidee in verschiedenen Ländern und seitens verschiedener Akteure
13.30 – 14.30 Uhr: Mittagspause
14.30 – 15.15 Uhr
Geoff Brown/Mervyn Wilson: Die ICA – Empfehlung 193, das Genossenschaftsstatut und die Mitteilung zur Förderung von Genossenschaften: Wandelndes Klima für Genossenschaften in Europa
15.15 – 15.30 Uhr: Pause
15.30 – 18.00 Uhr
Berichte/Informationen zum Umgang mit den EU-Papieren; Diskussion
Programm 19.11.
9.00 – 9.30 Uhr
Geza Varga: Nachhaltigkeit und Genossenschaftswesen im Lichte von „Global denken, lokal handeln“
9.30 – 10.00 Uhr
Gabriele Herbert: Regionalentwicklung: Der Neoliberalismus funktioniert nicht, aber die Genossenschaften funktionieren
10.00 – 10.30 Uhr
John Goodman: Die EU: Perspektiven aus der Sicht von Genossenschaften des Vereinigten Königreiches
10.30 – 11.00 Uhr
Judith Dellheim: Ambivalenzen der EU-Politik bezüglich Genossenschaften und Regionen – Einige Schlussfolgerungen
11.00 – 11.15 Uhr: Pause
11.15. – 13.00 Uhr
Diskussion
13.00 – 14.00 Uhr: Mittagspause
14.00 – 16.00 Uhr
Diskussion, Vorschläge für gemeinsame Aktivitäten und Auswertung des Workshops
16.00 Uhr: Schluss der Veranstaltung
Arbeitsmaterialien:
Genossenschaftliche Unternehmen und Organisationen als Akteure der Zivilgesellschaft, Genossenschaftliche Ansätze solidarischen Wirtschaftens – europäische Erfahrungen (Zusammenstellung von Judith Dellheim)
Promoting Co-operatives – The Changing Environment for Co-operatives in Europe (Mervyn Wilson)
Die Bedeutung des Genossenschaftssektors in Italien für Beschäftigung und soziale Vorsorge (Frederico Agostini) >>Vortrag, >>Folien