Die Idee des offenen, politischen Raumes sollte eigentlich die Sozialforen – ob lokal oder global – für Feministinnen attraktiv machen. Denn eine Erfahrung ist, dass feste Organisationsstrukturen oft zu Benachteilung und Ausschluss von Frauen führen und in unseren Gruppen feministische Diskussionen und Projekte oft den vermeintlich wichtigeren politischen Kämpfen nachgeordnet werden. Geschlechterverhältnisse sind nicht mehr dieselben und trotzdem gleich, neue Diskriminierungen offensichtlich. Doch wo sind die Orte für Feministinnen, an denen Austausch, Streit und Vernetzung stattfindet – international, globalisierungskritisch und trotzdem basisorientiert, um Geschlechterfragen neu zu bewerten und ihre Forderungen neu auszurichten?
In den letzten Jahren haben Feministinnen sich auf allen Ebenen der Sozialforen eingebracht, sie mitgestaltet und Kämpfe neu justiert. Ein Beispiel ist der Zusammenschlusses lateinamerikanischer Frauen „Feminist Articulación Marcosur“. Allerdings ist Papier eben geduldiger als der geschlechterpolitische Alltag - manchen scheint dieser als ein geschlechterpolitischer Rückschritt, anderen als Normalität feministischer Gegenwartskämpfe. Immer wieder bildeten sich auf den Sozialforen separate (Frauen-) Räume. Es wurden autonome Positionen geschrieben und zum Teil haben Frauen sich auch wieder zurückgezogen.
Wir wollen anlässlich des 4. Europäischen Sozialforums in Athen (vom 4.-7. Mai 2006) einen geschlechterpolitischen Blick auf die bisherige Sozialforumsbewegung werfen: Was haben die verschiedenen Foren geboten, was wurde versucht und wo verliefen die Grenzen? Welche Auseinandersetzungen und Strukturen scheinen uns produktiv? Und zu guter Letzt: Wo sehen wir Ansatzpunkte, politische Konflikte zuzuspitzen?
Dafür beginnen wir mit einem kritischen, aber solidarischen Blick auf Athen und die vorherigen europäischen Sozialforen, um von da aus einen Bogen nach Porto Alegre und Mumbai zu schlagen und schließlich in Berlin anzukommen. Als Beiträge zur Diskussion sind ein 20-minütiger Film zum Sozialforum in Athen, zur Geschichte der Sozialforen und ihrer feministischen Themen sowie Inputs von Aktivistinnen verschiedener Initiativen und Sozialforen – von Corinna Genschel, Silke Veth, Judith Dellheim, Andrea Plöger und einer Vertreterin von respect – geplant.