Die Konservativen, das sind die Anderen. Während die Sozialdemokratie
vielfach Objekt linker Analyse ist, und nachvollziehbar bleibt, was sie
bewegt, zumindest ein Teil des Liberalismus über das Bild des Citoyens
begreifbar ist, bleiben die Konservativen ein Rätsel. Was verbindet einen
Heiner Geißler mit einem Günther Beckstein? Welche Überzeugungen bringen
selbst finanziell schwache Menschen dazu, konservativ zu wählen?
Die Linke hat sich wenig mit diesen Fragen beschäftigt. Es finden sich weder
Standardwerke noch weithin bekannte Referenten. Dennoch soll versucht
werden, einige Antworten zu finden. Denn die Frage, wie fortschrittliche
Kräfte, wie die Linke konservativer Dominanz und Leitbildern begegnet, kann
sich als entscheidend erweisen, um die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse
zu wenden.
Programm:
Samstag, 04.11.2006, 19:00 Uhr
I. Was ist Konservatismus?
Podium mit:
- Dr. Gerhard Hirscher (Hanns-Seidel-Stiftung)
- Martin Fochler, Kurt-Eisner-Verein, München
- Dr. Harald Pätzold, Linkspartei.PDS, Berlin
- Dr. Lutz Brangsch, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin
Konservativ - das ist nicht nur ein Feld auf dem Wahlzettel. Das ist eine
Selbstbeschreibung. In unserer Diskussion verbindet sich damit die
Vorstellung eines bestimmten Lebenszusammenhangs, der eher nicht urban,
nicht individualistisch ist. Konservativ, das sind Vorstellungen von
Gesellschaft und Staat, die von einer Generation an die nächste
weitergereicht werden. Danach besitzt der Staat einen Wert an sich; er
kümmert sich um seine Bürger wie ein fürsorglicher Vater und hält sie
zugleich in der Zucht. Aus diesen Vorstellungen wird Wirtschafts- wie auch
Sozialpolitik abgeleitet und vermittelt.
Diese verbreitete Sicht auf den Konservatismus grenzt zwar linke, kritische
und auf Veränderung zielende Politik erfolgreich vom konservativen Lager ab;
sie liefert aber keine Erklärung für Erfolge und Attraktivität moderner
konservativer Politik.
Die konservativen Parteien in Deutschland speisen sich aus unterschiedlichen
politischen Strömungen und vereinen diverse konfessionelle, soziale und
gesellschaftliche Gruppen und Interessen. Wie kann ein konservatives Milieu
beschrieben werden? Aus welchen Traditionslinien speist sich der politische
Konservatismus? Was sind zentrale Inhalte und Leitbilder dieser Strömung?
Sonntag, 05.11.2006, 10:00 Uhr
II. Linke Argumente und konservative Hegemonien
Podium mit:
- Siegfried Benker, B90 Die Grünen, Fraktionsvorsitzender im Stadtrat der LH
München
- Fritz Schmalzbauer, WASG-Bundesvorstand
- Stephan Dünnwald, Bayerischer Flüchtlingsrat
- Angefragt: Fritz Schösser, Vorsitzender des DGB-Bezirks Bayern
Während die CDU ihre Rechtfertigung aus der Politik Adenauers und Erhards
bezieht (mit den Stichworten Westbindung, Europa, soziale Marktwirtschaft),
ist es bei der CSU der Slogan "Laptop und Lederhose", das Versprechen der
Modernisierung bei Wahrung der Tradition. Wie steht die Linke zu dieser
Selbstwahrnehmung? Welche gesellschaftlichen Kräfte setzen sich durch, wenn
die Organisation der Arbeitswelt auf konservativer Seite theoretisch
betrachtet bzw. gesetzlich behandelt wird (an Fragen wie der Sonntagsöffnung
z.B. zeigt sich, dass es nicht einfach pauschal das Kapitalinteresse ist)?
Und warum kollidieren Forderungen nach mehr Demokratie, gewerkschaftliche
Ansprüche und die Vorstellungen einer auch kulturell offenen Gesellschaft
immer wieder mit konservativen Positionen? Was sind konservative Reaktionen
auf gesellschaftlichen Wandel? Wo liegen Brüche in politischer Theorie und
Praxis der konservativen Parteien, die Angriffsflächen für die Linke
liefern?
Warum ist es der SPD in den vergangenen Jahrzehnten nie gelungen, einen
wirklichen Gegenpol zur CSU in Bayern aufzubauen? Die offenbar starke
Integrationskraft der Konservativen ist dabei ein ebenso wichtiger
Diskussionspunkt wie ihre innere Differenziertheit.