Dokumentation Demokratie ohne die Medien - Medienkontrolle in Europa

Zu Mediendemokratie und Pressefreiheit in Ungarn. Reihe «Handlungsfeld Europa». Bericht und Fotos.

Information

Veranstaltungsort

Europäisches Haus / Großer Konferenzsaal des Informationsbüros des Europäischen Parlaments
Unter den Linden 78
10117 Berlin

Zeit

18.03.2011

Veranstalter

Ramona Hering,

Mit

Lothar Bisky, MdEP DIE LINKE; Karoly Vörös, Chefredakteur der ungarischen linksliberalen Zeitung «Nepszabadsag»; Gemma Pörzgen, Vorstandsmitglied «Reporter ohne Grenzen»; Moderation: Aureliana Sorrento, taz

Themenbereiche

Kommunikation / Öffentlichkeit, International / Transnational, Westeuropa, Kultur / Medien

Demokratie schützt Medien

Das ungarische Mediengesetz überschattete zu Beginn des Jahres 2011 Ungarns Ratspräsidentschaft und wurde von vielen Seiten, zu Recht, heftig kritisiert. Dabei ist Ungarn, was die Beschränkung der Pressefreiheit betrifft, beileibe kein Einzelfall. Problematisch am ungarischen Mediengesetz ist - auch nach den Mitte Februar 2011 von der ungarischen Regierung vorgelegten Änderungen - die Tatsache, dass die Medienkontrollbehörde kein unabhängiges Gremium ist und dass Informanten nicht mehr ausreichend Schutz gewährleistet werden kann. Unabhängig davon scheint sich das Gesetz in eine Reihe von Maßnahmen zu gliedern, die sämtlich geeignet sind demokratische Grundrechte einzuschränken. Dies machte Károly Vörös, Chefredakteur der Népsabadság und engagierter Gegner des ungarischen Mediengesetzes in dieser Veranstaltung der Handlungsreihe Europa deutlich.

Das Europäische Parlament, der Europäische Rat und die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) hatten vorher festgestellt, dass das Mediengesetz nach wie vor eine Gefahr für die Pressefreiheit in Ungarn darstellt. In einer Entschließung vom 10. März hatten die EU–Parlamentarier mit einer klaren Mehrheit eine weitere Überprüfung des Gesetzes gefordert. Lothar Bisky, Mitglied des Europäischen Parlaments (DIE LINKE) und Fraktionsvorsitzender der European United Left/Nordic Green Left, kurz GUE/NGL ist sich allerdings mit Vörös darüber einig, dass eine Überarbeitung das Gesetz nicht besser machen kann und dass im Grundes das gesamte Gesetz unnötig sei.

Gemma Pörzgen von der Organisation Reporter ohne Grenzen machte deutlich, dass im Fall des ungarischen Mediengesetzes das Europäische Parlament, aber auch die Kommission richtig reagiert hätten. Die Kontrollfunktion sei eine der Kernaufgaben des EP und diese habe gut funktioniert. Dementsprechend sei auch die Forderung des Europäischen Parlaments an die Kommission, noch in diesem Jahr eine EU-Richtlinie zu Medienfreiheit, Medienpluralismus und unabhängiger Medienverwaltung vorzulegen, positiv zu bewerten. Eine solche Richtlinie schaffe eine Handlungsoption für anders gelagerte Fälle von Medienbeschränkung oder –kontrolle, wie sie beispielsweise in Italien, Bulgarien und teilweise in Frankreich vorliegen. Unabhängig davon sei es notwendig auf Entwicklungen im Medienbereich zu reagieren und die Vielfalt der Medienformen, insbesondere der Kommunikations- und Informationsplattformen im Internet zu reagieren.

Einig waren sich alle Gesprächspartner darin, dass die Freiheit der Presse ein höchst wertvolles Gut in demokratischen Gesellschaften ist und dass die EU hier durchaus eine Vorbildfunktion habe. Gegenwärtig ist es jedoch vor allem das Parlament, welches sich wachsam zeigte und über Fraktionsgrenzen hinweg die europäische Werte verteidigt.

Ramona Hering, RLS
 

«Das ungarische Mediengesetz ist ein schlechtes Signal für die Entwicklung der Pressefreiheit in dem Land, das gegenwärtig die EU-Ratspräsidentschaft inne hat. Die EU kritisiert zu Recht Beschränkungen der Pressefreiheit überall auf der Welt, macht sich aber unglaubwürdig, wenn innerhalb der Mitgliedsstaaten dieselben Rechte, die sie bei anderen einfordert, missachtet werden.»

Lothar Bisky (2011)