Eine außergewöhnliche Ausstellung wurde am Montagabend im Gebäude der Rosa-Luxemburg-Stiftung eröffnet. Auf etwa 50 Stellwänden ist die ganze Breite der antifaschistischen Bewegung während des II. Weltkrieges in fast allen damaligen europäischen Ländern widergespiegelt - und die zu sehende Vielfalt gilt nicht nur räumlich, sondern auch von den Aktionen her.
«Jede Aktion, sei sie noch so bescheiden gewesen, war Teil eines umspannenden Netzes antifaschistischen Widerstands in Europa», betonte bei der Eröffnung Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer - Bund der Antifaschisten (FIR), die die Ausstellung maßgeblich ins Leben gerufen hat.
Deren Entstehungsgeschichte ist ebenso außergewöhnlich. Die Idee zu ihr, berichtete Schneider, sei 2008 nach einem internationalen Jugendtreffen im ehemaligen KZ Buchenwald entstanden. 2010 habe es erste Arbeitstreffen gegeben. Im Sommer 2013 konnte die Exposition schließlich im Europa-Parlament das erste Mal gezeigt werden. Sie sei auch nicht von einer teuren Agentur gestaltet worden, sondern das Werk antifaschistisch engagierter MitarbeiterInnen und Ehrenamtlicher, der FIR und des belgischen Instituts des Vétérans (INIG)
Als einzige der damaligen europäischen Länder kommen nur Finnland, Schweden und die Schweiz in der Ausstellung nicht vor. Diese Staaten, erläuterte Schneider, waren der Okkupation durch den deutsch-italienischen Faschismus entgangen. Deshalb habe es in dem jeweiligen Land selbst keine originären antifaschistischen Strukturen gegeben, höchstens aus dem Exil heraus.
Für den FIR-Generalsekretär stellt sich die Ausstellung vor allem der Herausforderung, antifaschistische Erinnerung auf neue Art wachzuhalten - in einer Zeit, wo nur noch wenige der Zeitzeugengeneration den Nachgeborenen berichten könnten. Das habe, so Schneider, Konsequenzen für die Arbeit derjenigen, die historische Erfahrungen weitergeben wollten.
So könnte angesichts der heutigen Medienwelt Visualisierung hilfreich sein. Die Bilder müssten aber in ihrer Aussagekraft so sein, dass sie nicht fertige Antworten, sondern auch Nachfragen provozierten und zur aktiven Beschäftigung veranlassten, sagte Schneider. Gedenken habe für ihn immer auch eine heutige Dimension. So wurzelten die demokratischen Möglichkeiten der Gegenwart im damaligen antifaschistischen Widerstand. Dieser stelle deshalb auch eine Art «Mutmacher» dar für aktuelle Auseinandersetzungen.
Dass es eine Vielfalt von Widerstand, ja von «Widerständlichkeiten» gegen die Naziherrschaft gegeben hat, hatte eingangs auch Florian Weis, Geschäftsführer der Rosa-Luxemburg-Stiftung, hervorgehoben. Bei aller Kritik am gegenwärtigen politischen Zustand des Kontinents sei das Erbe des antifaschistischen Widerstandes ein enorm wichtiger europäischer Bezugspunkt für die Linke, sagte er.
Wolfgang Gehrcke, Vizevorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, wünschte sich abschließend, dass über die Ausstellung Bild für Bild debattiert wird. Für Gehrcke gab es bereits in der Nazizeit einen - in diesem Sinne - «europäischen» Widerstand, weil schon damals eine Vorstellung darüber existierte, was nach dem Krieg kommen sollte: ein besseres und anderes Europa. Dafür lohne es sich, auch heute zu kämpfen.
Text: Jörg Staude
Hintergrund zur Ausstellung
Zur Eröffnung am 26. Mai 2015 sprachen Wolfgang Gehrcke (MdB Linksfraktion), Dr. Ulrich Schneider (Generalsekretär FIR) und Dr. Florian Weis (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung).
Pressestimmen:
- Antifaschistischer Widerstand in Europa
junge Welt, 28.5.2015 - Widerstand als europäische Tradition gewürdigt
neues deutschland, 28.5.2015
Die Ausstellung ist Teil des geschichtspolitischen Jahresprogramms «70 Jahre. Befreiung! Neuanfang?» der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Eine Ausstellung des Institut des Vétérans (INIG) in Zusammenarbeit mit der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer – Bund der Antifaschisten (FIR) und der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Bundesvereinigung und Landesvereinigung Berlin. Mit freundlicher Unterstützung der Grundstücksgesellschaft FMP1.