Dokumentation Von Partisanen, Aufständen und Streiks

Die Fotoausstellung «Europäischer Widerstandskampf gegen den Nazismus» war vom 26.5. bis zum 10.6. im Foyer der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin zu sehen.

Information

Zeit

26.05.2015 - 10.06.2015

Veranstalter

Henning Heine,

Mit

Wolfgang Gehrcke, Ulrich Schneider, Florian Weis, u.a.

Themenbereiche

Geschichte, Erinnerungspolitik / Antifaschismus, 70 Jahre. Befreiung! Neuanfang?

Eine außergewöhnliche Ausstellung wurde am Montagabend im Gebäude der Rosa-Luxemburg-Stiftung eröffnet. Auf etwa 50 Stellwänden ist die ganze Breite der antifaschistischen Bewegung während des II. Weltkrieges in fast allen damaligen europäischen Ländern widergespiegelt - und die zu sehende Vielfalt gilt nicht nur räumlich, sondern auch von den Aktionen her.

«Jede Aktion, sei sie noch so bescheiden gewesen, war Teil eines umspannenden Netzes antifaschistischen Widerstands in Europa», betonte bei der Eröffnung Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer - Bund der Antifaschisten (FIR), die die Ausstellung maßgeblich ins Leben gerufen hat.

Deren Entstehungsgeschichte ist ebenso außergewöhnlich. Die Idee zu ihr, berichtete Schneider, sei 2008 nach einem internationalen Jugendtreffen im ehemaligen KZ Buchenwald entstanden. 2010 habe es erste Arbeitstreffen gegeben. Im Sommer 2013 konnte die Exposition schließlich im Europa-Parlament das erste Mal gezeigt werden. Sie sei auch nicht von einer teuren Agentur gestaltet worden, sondern das Werk antifaschistisch engagierter MitarbeiterInnen und Ehrenamtlicher, der FIR und des belgischen Instituts des Vétérans (INIG)

Als einzige der damaligen europäischen Länder kommen nur Finnland, Schweden und die Schweiz in der Ausstellung nicht vor. Diese Staaten, erläuterte Schneider, waren der Okkupation durch den deutsch-italienischen Faschismus entgangen. Deshalb habe es in dem jeweiligen Land selbst keine originären antifaschistischen Strukturen gegeben, höchstens aus dem Exil heraus.

Für den FIR-Generalsekretär stellt sich die Ausstellung vor allem der Herausforderung, antifaschistische Erinnerung auf neue Art wachzuhalten - in einer Zeit, wo nur noch wenige der Zeitzeugengeneration den Nachgeborenen berichten könnten. Das habe, so Schneider, Konsequenzen für die Arbeit derjenigen, die historische Erfahrungen weitergeben wollten.

So könnte angesichts der heutigen Medienwelt Visualisierung hilfreich sein. Die Bilder müssten aber in ihrer Aussagekraft so sein, dass sie nicht fertige Antworten, sondern auch Nachfragen provozierten und zur aktiven Beschäftigung veranlassten, sagte Schneider. Gedenken habe für ihn immer auch eine heutige Dimension. So wurzelten die demokratischen Möglichkeiten der Gegenwart im damaligen antifaschistischen Widerstand. Dieser stelle deshalb auch eine Art «Mutmacher» dar für aktuelle Auseinandersetzungen.

Dass es eine Vielfalt von Widerstand, ja von «Widerständlichkeiten» gegen die Naziherrschaft gegeben hat, hatte eingangs auch Florian Weis, Geschäftsführer der Rosa-Luxemburg-Stiftung, hervorgehoben. Bei aller Kritik am gegenwärtigen politischen Zustand des Kontinents sei das Erbe des antifaschistischen Widerstandes ein enorm wichtiger europäischer Bezugspunkt für die Linke, sagte er.

Wolfgang Gehrcke, Vizevorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, wünschte sich abschließend, dass über die Ausstellung Bild für Bild debattiert wird. Für Gehrcke gab es bereits in der Nazizeit einen - in diesem Sinne - «europäischen» Widerstand, weil schon damals eine Vorstellung darüber existierte, was nach dem Krieg kommen sollte: ein besseres und anderes Europa. Dafür lohne es sich, auch heute zu kämpfen.

Text: Jörg Staude

Hintergrund zur Ausstellung

Nachdem jede offene Opposition weitgehend ausgeschaltet war, begannen faschistische Führung und Großindustrie in Deutschland mit Aufrüstung und Ausweitung ihres Machtgebiets. Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann die offen kriegerische Phase.

Die Ausstellung über den antifaschistischen Widerstand in Europa umfasst Tafeln für alle europäischen Länder der damaligen Zeit, die im Kampf gegen den Nazismus eingebunden waren: Italien, Spanien, Portugal, Deutschland, Österreich, Tschechoslowakei, Polen, Norwegen, Dänemark, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion, Ungarn, Albanien, Jugoslawien, Griechenland, Bulgarien und Rumänien. Sie lebt durch eindrucksvolle Bilder und reproduzierte Dokumente. Die Illustrationen wurden meist von den nationalen Verbänden der Widerstandskämpfer und Antifaschisten zur Verfügung gestellt. Dabei wurden besonders solche Bilder gewählt, die Breite und Tiefe des Widerstands darstellen, nationale Besonderheiten des Kampfes und allgemeine Tendenzen zum Ausdruck bringen.

Zu finden sind Fotos vom Slowakischen Nationalaufstand, vom Kopenhagener Generalstreik, von den jugoslawischen Partisanenarmeen oder das Flugblatt der KPD von 1938 «Wider die Judenpogrome», eines der wenigen Beispiele des öffentlichen Protests gegen die von NSDAP, SA und Gestapo organisierten antisemitischen Übergriffe in Deutschland. An Film- und Hörstationen berichten Frauen und Männer zudem von unterschiedlichen Formen des Widerstands. Die Ausstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie zeigt aber, dass der Widerstandskampf in allen europäischen Ländern in unterschiedlicher Form und unter Berücksichtigung der nationalen Spezifika stattfand.

Zur Eröffnung am 26. Mai 2015 sprachen Wolfgang Gehrcke (MdB Linksfraktion), Dr. Ulrich Schneider (Generalsekretär FIR) und Dr. Florian Weis (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung).

Pressestimmen:

Die Ausstellung ist Teil des geschichtspolitischen Jahresprogramms «70 Jahre. Befreiung! Neuanfang?» der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Eine Ausstellung des Institut des Vétérans (INIG) in Zusammenarbeit mit der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer – Bund der Antifaschisten (FIR) und der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Bundesvereinigung und Landesvereinigung Berlin. Mit freundlicher Unterstützung der Grundstücksgesellschaft FMP1.

 

Mediathek

«Europäischer Widerstandskampf gegen den Nazismus»

Mitwirkende

Wolfgang Gehrcke ,