Neue Feinde gesucht …

Am 10. August berichteten die Medien von Truppenkonzentrationen an der Grenze zwischen Kuweit und Saudi-Arabien. Noch war die Dimension des bevorstehenden Krieges nicht abzusehen. (zur Chronik)

Dieser Zweite Golfkrieg (nach dem Krieg zwischen Irak und Iran 1980-1988) dauerte zwar lediglich von August 1990 bis zum April des Folgejahres, war aber mit enormen Zerstörungen vor allem im Irak verbunden. Die UNO reagierte auf diesen Bruch des Völkerrechts mit umfangreichen Sanktionen. Alle Versuche einer friedlichen Lösung scheiterten allerdings an der Haltung der USA und Iraks, die von ihren weitergehenden Kriegszielen nicht abgehen wollten.

Am 8. August fiel die Nachricht über einen neuen Krieg eher bescheiden aus. Nach seit Mitte Juli andauernden verbalen Attacken hatte Irak am 2. August Kuweit überfallen und eine Marionettenregierung installiert. Nach dem Krieg zwischen Irak und Iran 1980-1988 um die Vorherrschaft in der Region, einer der bis dahin verlustreichsten und blutigsten Kriege, versuchte die irakische Führung erneut, ihre Interessen in der Region durchzusetzen. Während der Irak-Iran-Krieg weitgehend ein regionaler Krieg blieb, war der Golfkrieg 1990/1991 der Beginn der Zeit der globalen Kriege. Die USA nutzten die Gelegenheit, sich als globale Führungsmacht zu profilieren. Unter dem Kommando der USA waren in den «Koalitionsstreitkräften» 22 Staaten vertreten, darunter die Mitglieder des Warschauer Vertrages Tschechoslowakei und Polen. Die Bundesrepublik beteiligte sich aus der Ferne vor allem mit Geld sowie Marine- und Fliegerkräften. Eine unmittelbare Beteiligung war politisch noch nicht möglich. Formal betrachtet diente der Einsatz der Durchsetzung der Embargomaßnahmen und war so durch die UNO-Resolutionen gedeckt. Der heiße Krieg zwischen der Koalition und dem Irak begann am 16. Januar 1991.

Für den Nahen Osten markierte dieser Krieg den Beginn einer weiteren Eskalation so ziemlich aller Konflikte und prägt die Art der Versuche ihrer Lösung bis heute. Das Feindbild der NATO «Warschauer Vertrag» wurde nahtlos durch neue Feindbilder ersetzt.

«Als Anfang August 1990 der Irak offensichtlich eher mit als ohne vorherigem Wissen der USA Kuwait besetzte, hatte sich dieses früher mit vielen Milliarden finanzierte und hochgerüstete Bollwerk des Westens gegen den islamischen Fundamentalismus im Iran selbständig gemacht… Wochen nach dem Ende des Kalten Krieges – so meine These – begann genau der beim Anschluss der DDR an die BRD schon erprobte machtpolitische Block zu handeln. Geradezu blitzartig wurde das weltpolitische Machtvakuum gefüllt, um die Zeichen der NEUEN ORDNUNG zu setzen. Mit dem Golfkrieg ist die Produktion dieser Ordnung aus der Nullserie in die Massenfertigung übergegangen.»[1]

Ähnlich beschrieb Jürgen Reusch im März 1991 die Szenerie:

«Die UNO, inzwischen aus den Schlagzeilen weitgehend verschwunden, hat für das Vorgehen der USA nur die Kulisse abgegeben, ähnlich wie beim Korea-Krieg in den fünfziger Jahren, mit dem Unterschied, daß die UdSSR diesmal nicht in der Lage war, über eine subalterne Rolle hinaus eine eigenständige politische Position zu entwickeln. Die UdSSR und China wurden vielmehr von den USA ökonomisch und politisch so massiv und wirksam unter Druck gesetzt, daß sie sich zu einer Duldung der amerikanischen Ziele herbeifanden.»[2]

Das Versprechen der Völkerverständigung und Entspannung zerbricht sofort, nachdem es ausgesprochen wurde.


[1] Brie, Michael (Hrsg.) (1991). Let’s play golf: die Welt im Widerstreit 1. Aufl., Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag, S. 317.

[2] Reusch, Jürgen (1991). Der Golf-Krieg und die deutsche Linke. Einige persönliche Anmerkungen, in: Z. Zeitschrift marxistische Erneuerung, Vol. 2(Heft 5 (März 1991)), 5–14, S. 5f.