Offenbar war bereits im Juli 2006 bei Heckler & Koch bekannt, dass auch in den Bundesstaat Guerrero in Mexiko Gewehre geliefert wurden. Aber die Angeklagten versuchen sich mit fehlenden Geographiekenntnissen herauszureden.
Bericht vom 10. Prozesstag am 1. August 2018.
Es war ein kurzer Prozesstag, nach noch nicht einmal zwei Stunden war alles vorbei. Verschiedene Angeklagte wurden vom Vorsitzenden Richter zum bisherigen Prozessvorlauf und vor allem zu einigen Dokumenten/Emails befragt, die den Mexiko-Deal betrafen.
Nach dem bisherigen Prozessverlauf ist eine der wichtigsten Fragen, wann die Angeklagten erstmals wussten, dass die Gewehre auch an nicht belieferungsfähige Bundesstaaten gegangen sind. Dazu legte der Vorsitzende Richter eine E-Mail aus dem Juli 2006 vor, die einen klaren Hinweis gibt. Der damalige Mexiko-Beauftragte Markus B. schrieb darin unter anderem, dass 420 G36-Gewehre nach Chilpancingo geliefert worden seien. Chilpancingo aber ist die Hauptstadt des Bundesstaates Guerrero, der als problematisch galt.
Einer der Empfänger dieser E-Mail war der Angeklagte Wolfram M. Er versuchte sich in der Befragung durch den Vorsitzenden Richter damit herauszureden, dass er nicht gewusst habe, wo Chilpancingo liegt. Das habe ihm überhaupt nichts gesagt. Aus heutiger Sicht frage er sich, wieso diese Stadt in einer Mail auftauche, wenn der Absender doch wisse, dass Chilpancingo die Hauptstadt eines nicht belieferungsfähigen Staates ist. Übersetzt: Sein Problem ist offenbar nicht die Belieferung von Guerrero, sondern die Dummheit des HK-Mannes in Mexiko, das schriftlich festzuhalten...
Ein anderer wichtiger Aspekt im Verfahren ist die Frage – die der Vorsitzende Richter bereits mehrfach aufgeworfen hat – inwieweit eine Beschränkung auf einzelne Bundesstaaten überhaupt verwaltungstechnisch umgesetzt werden könnte, weil die exportierende Firma ja keinen Einfluss darauf habe, was mit den Waffen in Mexiko geschehe. Interessanterweise ging offenbar der frühere HK-Geschäftsführer und heutige Angeklagte Joachim M. seinerzeit davon aus, dass es eine solche Verpflichtung für Heckler & Koch geben könnte.
Er habe, so sagte er auf Befragung durch den Vorsitzenden Richter, bereits im Oktober 2005 intern Bedenken geäußert, dass eine regional beschränkte Erlaubnis von Heckler & Koch gar nicht administriert werden können. Er habe drauf bestanden, dass HK keinerlei Verpflichtung gegenüber den Genehmigungsbehörden übernimmt, in Mexiko Überwachungsaktionen durchzuführen. Der damalige Vertriebsleiter und ebenfalls angeklagte Ingo S. habe ihm dann allerdings gesagt, dass Berlin das gar nicht verlange, denen reiche aus, wenn das mexikanische Verteidigungsministerium eine entsprechende Endverbleibserklärung ausstelle.
Ausblick
Der nächste Prozesstag am 16.08.2018 wird sehr kurz werden und sich wahrscheinlich nur mit Prozessformalia befassen. Für die Prozesstage danach sind die Zeugen bereits geladen, darunter auch ein ehemaliger Waffenvorführer von Heckler & Koch (wahrscheinlich am 3. September) sowie mehrere Exportverantwortliche der Firma.
Ob danach dann noch weitere Zeugenvernehmungen von der Verteidigung beantragt werden, ist offen. Die Verteidigung versuchte den Vorsitzenden Richter dazu zu bringen, bei einem der nächsten Prozesstage eine Art Zwischenbilanz zu ziehen und eine vorläufige Einschätzung des Gerichtes zur Frage abzugeben, was denn Inhalt der Genehmigungen gewesen sei. Der Richter ließ offen, ob es dazu kommen wird. Wenn nicht, sind wohl noch recht viele Beweisanträge der Verteidigung zu erwarten und der Prozess könnte sich noch bis in den Winter hinziehen.