Nachricht | Geschichte - Erinnerungspolitik / Antifaschismus Hermann Röchling - Hitlers Mann an der Saar

Aktuelles zur Diskussion "Hermann-Röchling-Höhe in Völklingen"

Die saarländischen Kabarettisten Barbara Scheck und Peter Tiefenbrunner haben ein Hörbuch mit Texten des Völklinger Industriellen Hermann Röchling (1872-1955) eingespielt und werfen die Frage auf: Darf heute noch ein Stadtteil Völklingens den Namen „Hermann Röchling“ tragen?

Anlass ist der Streit um den Völklinger Stadtteil Hermann-Röchling-Höhe, über dessen Namensgebung der Völklinger Stadtrat am Donnerstag, 10. Mai entscheiden wird.

Im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung/Peter-Imandt-Gesellschaft wurden Texte von Röchling aus Briefen, Memoranden, Anweisungen und Publikationen gesammelt, aus denen klar hervorgeht, dass Röchling „Hitler’s Mann an der Saar“, so deren Büroleiter Patric Bies. Er teilte dessen franzosenfeindliche, rassistische, antisemitistische und kriegerischen Ansichten ohne Vorbehalte. Dabei war Röchling immer bemüht, das verbrecherische Naziregime noch effizienter zu gestalten und hierfür sprichwörtlich über Leichen zu gehen.

Richtig sei zwar, dass Hermann Röchling der wohl bedeutendste Hütten-Industrielle an der Saar im 20. Jahrhundert gewesen war, ein glänzender Ingenieur und Entwickler neuer Stahlherstellungsverfahren. Aber das sei nur das eine Gesicht von Hermann Röchling. Denn nicht umsonst wurde er – als einziger deutscher Industrieller – zweimal als Kriegsverbrecher verurteilt.

Die Herausgabe der CD wurde unterstützt durch die „Bürgerinitiative Bouser Höhe“ und die Linke Stadtratsfraktion Völklingen.

Die CD ist kostenlos. Ab 15. Mai kann jeder Interessent ein Exemplar im Bürgerbüro der Linken Bundestagsabgeordneten Yvonne Ploetz in Völklingen abholen (Tel.: 06898-9122268).
Oder einen frankierten C5 Umschlag einsenden an Rosa-Luxemburg-Stiftung/Peter-Imandt-Gesellschaft, Futterstr. 17-19 in 66111 Saarbrücken.


Aktuelle Informationen zur Umbenennung der Hermann-Röchling-Höhe

27. Januar 2013:
Zweite Mahnwache in Völklingen vor dem Neujahrsempfang der SPD in der Kulturhalle Wehrden.
Altbürgermeister Fritz Diehl (SPD): "Ich bin toal gegen diese Verbrecher-Bande."

  

  

  

  

  

17. Januar 2013:
Doris Döpke in der Saarbrücker Zeitung (Sa. 19. Januar 2013) zur Mahnwache gegen eine „Röchling Höhe":
„Wir werden weiter kämpfen“
Jüdische Organisationen fordern Umbenennung des Stadtteils Hermann-Röchling-Höhe ohne „Röchling“.
Richard Bermann, Vorsitzender der Synagogengemeinde Saar, hatte sich schon vor einer Weile eingeschaltet in die Debatte um den Stadtteilnamen „Hermann-Röchling-Höhe“: mit einem leidenschaftlichen Appell, dem Stadtteil künftig einen Namen ganz ohne „Röchling“ zu geben.
Am Donnerstagabend stand der 71-Jährige nun auch ganz persönlich für seine Meinung ein, als Demonstrant vor der Wehrdener Kulturhalle. Völklingen müsse sich endlich klar distanzieren von den Nazi-Größen seiner Vergangenheit, sagt Bermann.
Bleibe „Röchling“ im Stadtteilnamen, sei das ein „katastrophales Signal“, gerade für junge Leute.
Und wenn der Stadtrat – so wie es sich derzeit abzeichnet – nur den „Hermann“ streicht?
„Wir werden weiterkämpfen“, sagt Bermann.

Fotos: Patric Bies


26. September 2012:
Johannes Kloth in der Saarbrücker Zeitung (Fr. 28. September 2012) über die Podiumsdiskussion "Wie geht's weiter mit Hermann Röchling?":
Keine Annäherung: Völklingen diskutiert über die Röchling-Höhe.
In Völklingen wird erbittert über eine mögliche Umbenennung des Völklinger Stadtteils Hermann-Röchling-Höhe diskutiert. Bei einer Veranstaltung im Alten Bahnhof forderte der CDU-Fraktionschef nun eine Bürgerbefragung.
Misst man die Veranstaltung an ihrem Untertitel („Versuch einer Schlichtung im Namensstreit“), so muss man sie für gescheitert erklären. Eines jedenfalls zeichnete sich bei der Völklinger Diskussionsrunde um die Hermann-Röchling-Höhe am Mittwochabend schnell ab: Die beiden Positionen im Streit um eine mögliche Umbenennung des Stadtteils sind unvereinbar. Die einen – allen voran eine Bürgerinitiative, die die Debatte angestoßen hatte – wollen sie, und zwar möglichst bald; die anderen lehnen sie gänzlich ab. Im Publikum,das war an etlichen zum Teil hoch emotionalen Redebeiträgen unschwer zu erkennen, dominierten die Umbenennungsbefürworter.
Dieses Ungleichgewicht mag zum einen daran gelegen haben, dass ausschließlich Befürworter zur der Runde geladen hatten: eben jene Bürgerinitiative Bouser Höhe – gegen das Vergessen und die Gleichgültigkeit (BI), die Stiftung Demokratie Saarland, die Heinrich Böll-Stiftung Saar und die Peter-Imandt-Gesellschaft. Zum anderen lag es aber wohl auch daran, dass mit Weltkulturerbe-Chef Meinrad Maria Grewenig und Oberbürgermeister Klaus Lorig gewichtige Umbenennungskritiker ihre Teilnahme abgesagt hatten. Auch von einer Pro-Röchling-Bürgerinitiative konnte kein Teilnehmer gewonnen werden, so dass der CDUFraktionschef im Völklinger Rat, Stefan Rabel, im Saal auf ziemlich einsamem Posten stand. Man müsse, so Rabel, „alle Aspekte“ Hermann Röchlings zur Kenntnis nehmen. Der habe „positiv wie negativ“ in Völklingen gewirkt und sei als „historische Figur“ zu betrachten – ähnlich Ludwig XIV, auf den die Benennung Saarlouis’ zurückgehe. Bei solch „unzulässiger Relativierung“ sträubten sich ihm die Nackenhaare, entgegnete der Historiker Hans Horch. Er erinnerte an Röchlings Rolle als Leiter der „Reichsvereinigung Eisen“ im Dritten Reich. Als solcher sei dieser „einer der wichtigsten Leute in der Nazi-Führung“ gewesen.
Röchling habe sein unternehmerisches Können voll und ganz in den Dienst der Kriegswirtschaft gestellt, habe Zwangsarbeit organisiert, sei treibende Kraft bei der Fortführung eines aussichtslosen Krieges gewesen und schließlich mitverantwortlich, dass 1942 bis 1945 die „drei schlimmsten Jahren in der deutschen Geschichte“ wurden. Holocaust, Zwangsarbeit sowie Millionen militärischer und ziviler Kriegsopfer habe der Hüttenbaron mitzuverantworten. Dies alles, so Christoph Gottschalk von der Bürgerinitiative, zeige, dass die 1956 erfolgte Umbenennung der Bouser Höhe vom Stadtrat dringend rückgängig gemacht werden müsse. Das sieht CDU-Chef Rabel anders.
Nachdem der Rat eine Entscheidung im Juni vertagt hatte, sollten nun die Völklinger selbst über den Namen des Stadtteils abstimmen. Dies könne zeitgleich mit der Bundestagswahl 2013 geschehen, so Rabel.

SZ - MEINUNG:
Das Ende der Argumente
Spätestens die Völklinger Podiumsdiskussion am Mittwoch hat eines deutlich gemacht: Nachdem Weltkulturerbe-Chef Grewenig von seiner These abgerückt ist, eine Umbenennung der Hermann-Röchling-Höhe gefährde den Weltkulturerbestatus der Hütte, gibt es auf Seiten der Umbenennungs-Gegner schlichtweg keine Argumente mehr. Eine Umbenennung – so viel scheint klar – ist nur eine Frage der Zeit. In anderen Kommunen Deutschlands ist man schon vor Jahren oder Jahrzehnten von Personen abgerückt, an denen Bürger nach dem Krieg aus falsch verstandener historischer Verbundeheit zunächst festhielten. Auch in Völklingen wird dies irgendwann passieren. Diejenigen, die sich heute gegen eine Umbenennung sträuben, werden sich spätestens dann fragen lassen müssen, warum sie noch im Jahr 2012 einen bekennenden Antisemiten und verurteilten Kriegsverbrecher geehrt haben.

O-Ton Stefan Rabel: Nicht der Stadtrat soll entscheiden, sondern die Bürger befragt werden.
(In der Mediathek (am Anfang dieser Webseite auch zu hören))

Fotos: Patric Bies


 13. August 1956:
Protokoll der Stadtratssitzung über die Umbenennung der Bouser Höhe in Hermann Röchling Höhe
(siehe auch pdf-Datei bei Download)


2. August 2012:
Sendebeitrag SR3: "Im Streit um eine Umbenennung der Hermann-Röchling-Höhe steht nun der Chef der Völklinger Hütte in der Kritik....."
(Link unter Downloads Podcoast SR3 zur Sendung)


23. Juni 2012:
Presseecho "Die Woch" (Link unter Downloads)


5. Juni 2012:
Hörbuch über Hermann Röchling vorgestellt
Vor dem Hintergrund der möglichen Umbenennung des Völklinger Stadtteils „Hermann-Röchling-Höhe“ hat die Peter-Imandt-Gesellschaft/Rosa-Luxemburg-Stiftung ein Hörbuch über Hermann Röchling produziert, das im Bistro des Naturkost-Geschäfts Schales in der Völklinger Bismarckstraße vorgestellt wurde.

„Hermann Röchling - Hitler’s Mann an der Saar“ heißt die die CD, auf der aus Schriften des Industriellen gelesen wird und dessen teilweise menschenverachtende Haltungen und Handlungen belegen.
Die Präsentation moderierte der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze (Die Linke), der die Schauspielerin Alice Hoffmann, alias Hilde Becker, unter den zahlreichen Gästen begrüßen durfte.
Paul Ganster begründete für Linke Fraktion im Völklinger Stadtrat warum seine Fraktion einen Antrag auf Umbenennung gestellt hat.

Für Georg Jungfleisch, Mitbegründer der "Bürgerinitiative Bouser Höhe", und selbst ein Patenkind Hermann Röchling's, war es wichtig mit falschem Geschichtsverständnis aufzuräumen und dessen Opfer mehr ins Blicklicht zu stellen. Deshalb könne die Bezeichnung für den Stadtteil unmöglich bleiben.

Abschließend lasen die beiden Sprecher Barbara Scheck und Peter Tiefenbrunner, auch als Kabarettduo Brunner & Barscheck bekannt, einige ausgewählte Texte und signierten Hörbücher, die für die Anwesenden gratis waren.

Weitere Hörbücher sind im Bürgerbüro der Linken Bundestagsabgeordneten Yvonne Ploetz, in der Bismarkstraße 22, 66333 Völklingen erhältlich oder im Regionalbüro der RLS/PIG in der Saarbrücker Futterstraße 17-19.

Fotos: Patric Bies


2. Juni 2012:
Positive Reaktionen auf CD-Verteilung auf der Hermann-Röchling-Höhe
Durchgehend positives Echo fand die Verteilung des Hörbuchs „Hermann Röchling – Hitlers Mann an der Saar“, das die Rosa-Luxemburg-Stiftung/Peter-Imandt-Gesellschaft in Kooperation mit der Linken-Stadtratsfraktion von Völklingen und der Initiative „Bouser Höhe“ produzierte und am 2. Juni in dem Völklinger Stadtteil „Hermann-Röchling-Höhe“ verteilte.
Auf der CD werden eine Auswahl von kriegstreibenden, antisemitischen und rassistischen Texten aus der Feder des Industriellen Hermann Röchlings (1871 bis 1955) von den Saarbrücker SchauspielerInnen Barbara Scheck und Peter Tiefenbrunner gelesen. Alle Haushalte des Völklinger Stadtteils erhielten ein Gratis-Exemplar.
Entgegen der sonst in der Vergangenheit zu beobachtenden Sympathie mit Hermann Röchling, nahmen viele Bewohner die CD dankend entgegen.
Foto: Verteilung der CD durch Michael Mamiani (Stadtratsmitglied), Georg Jungfleisch (Mitglied des Ortsrats) und RLS-Regionalmitarbeiter Patric Bies

Foto: Patric Bies