Nachricht | Wirtschafts- / Sozialpolitik - Sozialökologischer Umbau - COP28 In die falsche Richtung

Der Markt für Öl wächst wieder, statt zu schrumpfen

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Uwe Witt,

Um die globale Erwärmung auf höchstens 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, hat der Weltklimarat IPCC vorgerechnet, müssen die weltweiten Netto-Emissionen bis 2050 auf Null sinken. Der Pfad dorthin jedoch wird immer schmaler. Das hat 2021 selbst die Internationale Energieagentur (IEA), die sich lange Zeit vor allem um fossile Brennstoffe und deren künftige Verfügbarkeit kümmerte, in ihrem Report Net Zero 2050 festgestellt. Um bis 2050 Netto-Null zu erreichen, hätten laut des Berichts schon ab 2021 keine neuen Öl- und Gasfelder zur Erschließung mehr genehmigt werden dürfen, und natürlich auch keine neuen Kohlebergwerke. Denn würde man alle bekannten Reserven fossiler Brennstoffe fördern und verbrennen, würde dies 3,5 Billionen Tonnen CO₂ freisetzen – und alle Klimaziele reißen.

Ölmarkt: Wachstum statt Schrumpfung

Nach einer Studie des University College London dürften, um die Erderwärmung mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit auf 1,5 °C zu begrenzen, knapp 60 Prozent aller Öl- und Gasreserven und 90 Prozent der Kohlemengen, die heute als wirtschaftlich förderbar gelten, nicht angetastet werden. 2021 kündigte der Shell-Konzern an, die Öl- und Gasproduktion bis zum Jahr 2030 um ein bis zwei Prozent pro Jahr zu reduzieren.

Uwe Witt ist Referent für sozial-ökologische Transformation in der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

So ehrgeizig die Szenarien, so ernüchternd die Realität. Während Kohleförderung zumindest in den Industriestaaten zunehmend kritisch gesehen wird und immer mehr Länder Ausstiegsdaten festgelegt haben, ist dies im Fall von Erdöl – weltweit der wichtigste der fossilen Energieträger – keineswegs der Fall. Der Ölmarkt schrumpft nicht, er ist, nachdem er durch die Covid-19-Pandemie und die russische Invasion in der Ukraine kurzzeitig erschüttert wurde, wieder auf Wachstumskurs, wenn auch mit abgeschwächtem Tempo.

Für den Zeitraum 2022 bis 2028 rechnet die IEA in einer Studie vom Juni 2023 mit einer Zunahme der Welterdölproduktion um fünf Prozent auf 105,5 Millionen Barrel täglich (mb/d), insbesondere durch die anhaltende Expansion der petrochemischen Industrie und das Wachstum des Flugverkehrs. Die Nachfrage nach Flugtreibstoffen, heißt es dort, habe Anfang 2023 krisenbedingt noch 13 Prozent unter der von 2019 gelegen. Aber spätestens 2027 werde sie die Delle kompensiert haben, so die IEA-Analyst*innen. Immerhin soll sich zumindest bei Kraftstoffen insgesamt der Trend bis 2026 umkehren. Dies sei dann das Ergebnis einer durch die globale Energiekrise ausgelösten Hinwendung zu emissionsärmeren Energieträgern im Transportbereich, von Verbesserungen der Energieeffizienz und des raschen Anstiegs der Verkäufe von Elektrofahrzeugen.

Ansonsten führt die sich verschärfende Klimakrise aber nicht zu einer Kehrtwende. Shell macht hier keine Ausnahme: Der Konzern ist inzwischen von seinem Schrumpfungs-Versprechen von 2021 zurückgetreten. Kein Wunder, denn der Jahresgewinn 2022 des Konzerns stieg wegen der zwischenzeitlich explodierenden Öl- und Gaspreise infolge des Ukrainekriegs auf das Doppelte – auf etwa 40 Milliarden Dollar. Da scheint Drosselung keine Option. Die Begründung des neuen Shell-CEOs Wael Sawan lautete selbstverständlich anders: Eine Kürzung der Produktion fossiler Brennstoffe sei «gefährlich und unverantwortlich», da dies dazu führen könnte, dass die «Lebenshaltungskosten» «in die Höhe schießen».

Auch die Mitgliedsstaaten der OPEC, der Organisation erdölexportierender Länder, konnten im letzten Jahr die Nettoerlöse aus ihren Ölexporten deutlich steigern, sie erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um fast 50 Prozent. Inzwischen liegen die Rohölpreise wieder unter dem Vorkriegsniveau.

Christiana Figueres, von 2010 bis 2016 Exekutivsekretärin der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und wichtige Architektin des Pariser Abkommens, unterstützte lange die Idee, auch Unternehmen für fossile Brennstoffe müssten einen Platz am Tisch der Klimaverhandlungen haben («Wir brauchen alle Mann an Deck»). Nun kommt sie in einem bei Al Jazeera veröffentlichten Artikel zur Erkenntnis: Die fossile Brennstoffindustrie werde weiterhin gegen den Klimaschutz kämpfen. Ihre Meinung geändert habe, was die Unternehmen für fossile Brennstoffe in den letzten zwölf Monaten mit ihren Rekordgewinnen gemacht hätten. Anstatt diese Gewinne in die Dekarbonisierung zu investieren, zögen sich die Unternehmen für fossile Brennstoffe von ihren Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung und zum Umbau der Wirtschaft zurück (siehe auch Abschnitt «Fossile Profite»). «Darüber hinaus», so Figueres, «schmiedet die Branche als Ganzes Pläne, um neue Quellen für umweltschädliche fossile Brennstoffe zu erschließen und in den Vereinigten Staaten Interessengruppen einzuschüchtern, die sich in Richtung Umwelt-, Sozial- und Governance-Verantwortung bewegt haben.»

In Zahlen ausgedrückt, sieht das so aus: Die weltweiten Investitionen in Exploration und Förderung von Öl und Gas dürften in diesem Jahr laut IEA um 11 Prozent auf 528 Milliarden US-Dollar steigen. Auch die mittelfristigen Kapazitätsausbaupläne gingen nach oben. Dabei sind nicht die OPEC und ihre Verbündeten, etwa Russland, Treiber dieser Entwicklung. Diese wird getrieben von ölproduzierenden Ländern außerhalb der so genannten OPEC+-Allianz, und zwar mit einer geplanten Angebotssteigerung von 5,1 mb/d (Millionen Barrel pro Tag) Rohöl bis 2028, angeführt von den Vereinigten Staaten, Brasilien und Guyana. Innerhalb der OPEC+ führen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und der Irak den Kapazitätsaufbau an, während die afrikanischen und asiatischen Mitglieder der IEA zufolge mit anhaltenden Rückgängen zu kämpfen haben und die russische Produktion voraussichtlich aufgrund von Sanktionen zurückgehen werde. Der Nettokapazitätszuwachs bei den 23 Mitgliedern der OPEC+ betrage daher insgesamt nur 0,8 mb/d.

Einer der wenigen Lichtblicke ist Ecuador. Am 20. August dieses Jahres stimmte die Mehrheit der Menschen des Landes für den Schutz des Yasuní-Nationalparks und damit gegen die weitere Ölförderung dort. Somit wird weltweit erstmals eine Regierung von der Bevölkerung verpflichtet, Erdöl im Boden zu lassen.

Ein weiter Hoffnungsschimmer: Blickt man weiter zurück, etwa im Vergleich 2023 zu 2013, so sanken die globalen Investitionen zumindest für die Ölförderung deutlich. Die expandierenden Investitionen in Solarkraft liegen heute mit den (im Zeitraum um 42 Prozent schrumpfenden) Öl-Investitionen gleichauf. Den Hoffnungsschimmer trübt die IEA in ihrem neuesten Report aber gleich wieder ein.  Zwar werde mit den heutigen Rahmenbedingungen bis 2030 der Höhepunkt der weltweiten Nachfrage nach Kohle, Öl und Erdgas erreicht sein. Allerdings schrumpften anschließend bis 2050 die Verbräuche bei Öl und Gas (im Gegensatz zum Kohleverbrauch) nur geringfügig, was bei weitem nicht genüge, die globalen Klimaziele zu erreichen.

Die Bundesrepublik und das Erdöl

Da Deutschland aus eigenen Ölfeldern weniger als zwei Prozent des Bedarfs decken kann, ist die Bundesrepublik beinah vollständig von Importen von Rohöl und Ölprodukten abhängig. Da Deutschland kein Erdöl mehr aus Russland bezieht, sind gegenwärtig Norwegen, die USA, Großbritannien und Kasachstan die Hauptlieferländer.

Die Lieferungen erfolgen über Pipelines und Tanker. 2022 waren das 88 Millionen Tonnen Rohöl, was einen Anstieg von 8,5 Prozent zum Vorjahr ausmachte. Hinzu kamen 35 Millionen Tonnen Ölprodukte (Vorprodukte für Diesel oder Heizöl sowie Fertigprodukte wie Diesel, Benzin, Flugbenzin oder Schmierstoffe). Da Deutschland auch Ölprodukte exportiert hat (27 Millionen Tonnen) beliefen sich die Öl- und Netto-Ölproduktimporte auf 96 Millionen Tonnen.

Gut die Hälfte der gesamten 100 Millionen Tonnen Inlandsabsatz an Mineralölprodukten in Deutschland wird für Benzin oder Diesel genutzt – ein Volumen, dass sich über die letzten 25 Jahre kaum verändert hat. Kein Wunder, denn das leichte Sinken des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs der PKW-Flotte je 100 Kilometer wurde durch einen hierzulande stetig wachsenden Fahrzeugbestand zum großen Teil aufgefressen. Rund neun Prozent des Inlandsabsatzes wird für Flugtreibstoffe genutzt, elf Prozent für leichtes und schweres Heizöl. Zudem gehen rund 13 Prozent als Rohbenzin (Naphtha) in die chemische Industrie zur Weiterverarbeitung.

Insgesamt reduzierte sich in den letzten 25 Jahren in Deutschland nur der Heizölbedarf markant, er sank um zwei Drittel. Der Verbrauch der restlichen Ölprodukte verringerte sich in dieser Zeit um neun Prozent. Insgesamt sank der Verbrauch von Mineralölprodukten zwischen 1995 und 2022 nur um knapp 25 Prozent. Die Bundesrepublik befindet sich also ungebrochen in einer enormen Abhängigkeit von Erdöl.

Die deutschen staatlichen und gewerblichen Ölreserven beliefen sich laut dem Energieexperten Steffen Bukold Ende 2021 auf über 267 Millionen Barrel (etwa 35 Millionen Tonnen). Rechnerisch sollen sie die Gesamtversorgung für 117 Tage bei konstantem Verbrauch decken können. Die staatlichen Depots werden vom Erdölbevorratungsverband (EBV) verwaltet. Die Reserven lagerten in 58 Kavernen an vier Standorten in Norddeutschland vor allem Rohöl sowie landesweit in 130 überirdischen Tanklagern vor allem Öl-Produkte, häufig in oder in der Nähe von Raffinerien.

Öl aus Russland und die Sanktionen

Mit den Sanktionspaketen aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verhängte die EU bezüglich Energierohstoffen und –raffinerieprodukten unter anderem ein Verbot der Ausfuhr von bestimmten Erdölveredelungstechnologien, einen Importstopp für auf dem Seeweg transportiertes russisches Rohöl ab dem 6. Dezember 2022 und ein Verbot der Weiterleitung oder des Verkaufs raffinierter Erdölprodukte aus Pipeline-Öl an andere Staaten ab 5. Februar 2023.

Die G7, die EU sowie Australien verständigten sich Anfang Dezember 2022 schließlich über einen Preisdeckel für Rohöl russischen Ursprungs auf dem Seeweg in Höhe von 60 US-Dollar je Barrel, dieser galt ab 5. Dezember 2022. Für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen dürfen nach dem Beschluss der Price Cap Coalition nur noch dann ungestraft geleistet werden, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet.

Die russischen Einnahmen aus dem weltweiten Verkauf von Öl, Gas und Kohle gingen laut Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) im Dezember 2022 deutlich zurück und lagen erstmals niedriger als vor dem Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine. Noch deutlicher sind die Einnahmen aus Exporten in die EU geschrumpft: Sie betrugen im März 2022 fast 700 Millionen Euro pro Tag, zum Jahresende jedoch nur noch gut 200 Millionen Euro am Tag. Dieser Wert beträgt nicht nur weniger als die Hälfte des Wertes bei Kriegsbeginn. Er liegt auch deutlich unter dem Wert von September 2021. Einigen Schätzungen zufolge sollten sich die Anfang Februar 2023 in Kraft getretenen Sanktionen gegen russische Erdölprodukte stärker negativ auf die russische Wirtschaft auswirken als die Ölrestriktionen. Auf den Raffineriesektor, der größte Sektor des verarbeitenden Gewerbes, entfallen 15 Prozent der Industrieproduktion des Landes.

Von Januar bis Juli 2023 lagen dann laut taz die Öl- und Gaseinnahmen des russischen Staates auch um 41 Prozent niedriger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Allerdings stiegen in den letzten Monaten zumindest die Einnahmen aus dem Erdölgeschäft wieder, da sich der Abschlag auf die sonstigen Weltmarktpreisen für Erdöl reduzierte, den Russland seit Kriegsbeginn auf der Suche nach neuen Abnehmern hinnehmen musste. Außerdem stiegen die weltweiten Ölpreise insgesamt. Zu den Mehreinahmen dürfte auch die aufgebaute Schattenflotte von Tankern unter russischer Flagge beigetragen haben, welche Sanktionen wie der Ölpreisobergrenze ausweichen kann.

Russisches Öl in Deutschland

Im Jahr 2020 importierte Deutschland 34 Prozent seines Rohölbedarfs aus Russland. Im Rohölbereich und bei Raffinerieprodukten war es einfacher, alternative Bezugsmöglichkeiten zu finden als bei Gas, allein schon, weil etablierte alternative Transportrouten per Schiff vorhanden sind. Dennoch wurde auch hier eine Übergangszeit benötigt – schließlich kam jede dritte in Deutschland verbrauchte Tonne Rohöl aus Russland. Im Falle der Raffinerie Schwedt zeigt sich aber, dass eine solcher Ablösungsprozess nicht gelingt, in dem man einen Schalter umlegt. Es müssen Verträge neu geschlossen, Förderanlagen in anderen Staaten hochgefahren und Infrastruktur neu gebaut oder ertüchtigt werden.

Natürlich hätte man den Ölverbrauch stärker herunterfahren können als es geschehen ist, etwa durch ein Tempolimit, dass die FDP weiterhin blockiert. Der Analyst und Autor Steffen Bukold erarbeitete im Frühjahr letzten Jahres gemeinsam mit einem Team von Greenpeace unter dem Titel «Kein Öl für Krieg» zehn Maßnahmen, um den Ölverbrauch kurzfristig zu senken. Sie reichen von besagtem Tempolimit über autofreie Sonntage bis zur Stärkung des Bahn- und Radverkehrs.

Fossile Profite

Energiemärkte, wie sie heute organisiert sind, werden – insbesondere bei externen Schocks wie dem Ukraine-Krieg und den damit verbundenen Sanktionen – regelmäßig leistungslose Extragewinne generieren. Denn schließlich sind die erzielbaren Preise für die meisten Akteure in Zeiten geringen Angebots nicht von ihren Kosten bestimmt. Preissetzend vielmehr sind die Knappheiten. Nicht nur die meisten Stromerzeuger oder Raffineriebetreiber können so an der Energiekrise immens viel verdienen. Auch private Unternehmen in den Öl- und Gaslieferländern, wie den USA, oder staatliche Energieversorger in Norwegen freuen sich über zusätzliche Milliardeneinnahmen. So hat der US-Konzern ExxonMobil 2022 mit 55,7 Milliarden US-Dollar den höchsten Gewinn seiner Geschichte erzielt, 140 Prozent mehr als im Vorjahr. Übertroffen wird er noch vom norwegischen staatseigenen Erdöl- und Erdgaskonzern Equinor. Der konnte 2022 ein Nettoergebnis von 78,8 Milliarden US-Dollar einfahren – 2,3-mal mehr als im Vorjahr.

In Brüssel hatte der Ministerrat im letzten September darum gemeinsam mit den Vorgaben zur Preisbremse und Übergewinnabschöpfung im Strommarkt auch Mindestvorgaben dafür gemacht, wie deren temporäre Sondergewinne anteilig kassiert werden sollen. Die Regeln fielen allerdings extrem schwach aus: Firmen, die mit fossilen Brennstoffen handeln, wird in diesem und nächsten Jahr zugestanden, dass ihre Gewinne 20 Prozent über den durchschnittlichen Gewinnen der Jahre 2018 bis 2021 liegen dürfen. Das ist großzügig, aber angesichts des juristischen Neulands vielleicht noch verständlich. Alle Profite, die darüber liegen, sollen aber lediglich zu «mindestens 33 Prozent» abgeschöpft werden. Wieso nicht zu 60, 80 oder 100 Prozent?

Argumentiert wird häufig, dass die Unternehmen die Finanzkraft bräuchten, um den Übergang zu einer fossilfreien Wirtschaft zu stemmen. In der Realität ist das eine Nebelkerze. Wie Steffen Bukold in seiner neuesten Studie namens «The Dirty Dozen» nachweist, die er für Greenpeace Zentral- und Osteuropa erstellt hat, werden die sprudelnden Gewinne so gut wie gar nicht in regenerative Zukunftstechnologen investiert, sondern ins alte klimazerstörerische Geschäft.

Bukold hat für die Analyse die offiziellen Jahresberichte von zwölf europäischen Ölkonzernen für das Jahr 2022 ausgewertet. Ergebnis: Erneuerbare Quellen trugen lediglich 0,3 Prozent zur Energieproduktion dieser Unternehmen bei. Und das wird wohl absehbar so bleiben. Denn obwohl die zwölf untersuchten Konzerne ihre Gewinne im vergangenen Jahr um 75 Prozent gesteigert hatten, gingen 92,7 Prozent der Investitionen im Jahr 2022 in fossile Projekte und nur 7,3 Prozent in erneuerbare Energien. Die Unternehmen BP, Equinor, Wintershall Dea und Total Energies haben ihre Investitionen in die Erzeugung regenerativer Energie im Jahr 2022 verglichen mit dem Vorjahr sogar gesenkt. Laut der Analyse wollten die meisten der zwölf Unternehmen die Ausbeutung von Öl- und Gasvorkommen bis mindestens 2030 konstant halten - oder sogar steigern.

Daten und Fakten:

  • Erdöl stellt heute etwa 30 Prozent der weltweiten Primärenergien bereit. Mit knapp 27 bzw. 24 Prozent folgen Kohle und Erdgas.
  • Im Jahr 2019 entfielen rund 34 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen auf Öl, noch mehr, nämlich 40 Prozent, auf den Kohleverbrauch, 20 Prozent auf Erdgas und die restlichen 6 Prozent auf die Zementherstellung und andere Quellen. Bei der Förderung von Erdöl wird ungewolltes Gas gezielt abgebrannt. Diese Verbrennung ist aber unvollständig (sie erfolgt nur zu 91 Prozent), so dass über die Erdölförderung auch hochklimawirksames Methan in die Atmosphäre kommt, und zwar mehr als bislang angenommen.
  • Die beiden wichtigsten Handelsplätze für Rohöl sind die New York Mercantile Exchange (NYMEX) und die elektronische Handelsplattform Intercontinental Exchange (ICE) in London. An ihnen werden die beiden bedeutsamsten Rohöl-Sorten in US-Dollar gehandelt. Diese sind Brent (Nordsee-Öl) und WTI (West Texas Intermediate, Öl aus der US-Golfküste sowie dem mittleren Westen). Weltweit sind jedoch über 30 Sorten Öl verfügbar. Dubai Fateh (oder Dubai Crude) steht beispielsweise für Öl aus dem Golfstaaten. Erdöl aus Russland wird als Urals bezeichnet. Rohöl wird in der Maßeinheit Barrel (englisch: Fass) notiert. Ein Barrel entspricht etwa 159 Liter.
  • Die OPEC ist ein Zusammenschluss von derzeit 13 erdölexportierenden Ländern: Algerien, Angola, Äquatorialguinea, Gabun, Iran, Irak, die Republik Kongo, Kuwait, Libyen, Nigeria, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Venezuela. Ihr Ziel ist die Kontrolle der Förderung und des Verkaufs von Erdöl am Weltmarkt. Der Produktionsanteil der OPEC an der weltweiten Förderung liegt bei etwa 40 Prozent. Mit diesem Anteil beeinflusst sie stark die Weltmarktpreise, und zwar mittels eines kartellähnlichen Verfahrens. So wird von den zuständigen Minister*innen zweimal im Jahr die Situation am Erdölmarkt beurteilt. Dabei werden sowohl ein Ölhöchstpreis als auch die Fördermengen für die einzelnen OPEC-Mitgliedsstaaten festgelegt. Mittels Verknappung oder Steigerung des Rohölangebots sollen sich die Ölpreise in einem festgelegten und profitablen Zielpreisrahmen bewegen.
  • OPEC+ ist der Begriff für eine OPEC-Kooperation mit Nicht-OPEC-Staaten, wie Russland, Kasachstan, Mexiko und Oman.
  • Bis zur Invasion auf die Ukraine war Russland der größte Ölexporteur der Welt (einschließlich Öl-Produkte) und der zweitgrößte Rohölexporteur nach Saudi-Arabien. Beim weltweiten Anteil an der Rohölförderung (also ohne Ölprodukte) liegen 2022 die USA mit rund 19 Prozent und Saudi-Arabien mit 13 Prozent noch vor Russland mit 12 Prozent. Infolge der Sanktionen, und da westliche Investor*innen und Kreditgeber*innen für das Ölgeschäft das Land weitgehend verlassen haben, rechnet die IEA bis 2028 mit einem Rückgang des russischen Ölangebots, allerdings nur um sechs Prozent.
  • Bei der Ölnachfrage, die global knapp 100 Millionen Barrel täglich (mb/d) beträgt, ändert sich die Reihenfolge. Laut worldpopulationreview waren im Jahr 2023 die USA mit 19,7 Mb/d die größten Verbraucher vor China (11,7 mb/d), Indien (4,5 mb/d) und Japan (4,0 mb/h). Danach folgten Russland mit 3,6 mb/d und Saudi-Arabien mit 3,2 mb/d. Deutschland lag mit 2,4 mb/d auf Platz neun.