Nachricht | International / Transnational - Westeuropa «Europa - No Future?»

Neue transform! 09/2011 ist erschienen. Europäische Zeitschrift für kritisches Denken und politischen Dialog beschäftigt sich mit demokratischen und rechtspopulistischen Entwicklungen in europäischen Ländern.

Europa geht durch ein Wechselbad der Gefühle. Die Spitzenpolitiker der EU haben alle Hände voll zu tun, um ihre halbherzigen Rettungsversuche für ins Schlingern gerate Mitgliedstaaten zu managen und nachzubessern. Dabei ist nicht zu übersehen, dass den betroffnen Staaten keineswegs unter die Arme gegriffen wird – geschweige denn den von Kürzungsmaßnahmen betroffenen Bevölkerungsschichten. Ziel des unprofessionellen Krisenmanagements war und ist es, in erster Linie die europäischen Banken vor Kernschmelzen zu schützen und die Finanzmärkte bei Laune zu halten.

Eine Ironie der Geschichte besteht darin, dass die EU-Staaten erst dadurch in Schieflage geraten sind, dass sie nach Ausbruch der Krise 2008 ohne Rücksicht auf Verluste bzw. auf Budgetdefizite die Banken zu retten begonnen hatten. Mit dem Effekt, dass diese sich jetzt von finanziell schwächelnden Staaten über exorbitante Zinsen für Staatsanleihen zurückholen, was sie in der Krise verloren haben und für die Rettung durch den jeweiligen Staat locker machen mussten oder müssen. Der vermeintliche Triumph, die Krise in der EU mit einem blauen Auge übertaucht zu haben, hat sich längst in ein Wehklagen über Dauerprobleme der Euro-Zone gewandelt. transform! 09 bringt Analysen, die das Ausmaß der aktuellen Wirtschafts- und Währungskrise darstellen und ihre Tiefendimension ausloten.

Über Europa hinaus, aber auch am alten Kontinent erkennbar wird, dass eine steigende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern mit der herkömmlichen Politik und den traditionellen Parteien nichts mehr am Hut hat. Von New York bis Kairo, von London bis Griechenland geben vor allem junge Menschen zu erkennen, dass sie von der herkömmlichen Politik restlos enttäuscht sind und direktdemokratische Lösungen anstreben. Dabei kommt auch die Linke jenseits der Sozialdemokratie insofern in Bedrängnis, als es an klaren Alternativkonzepten mangelt. Im Moment lässt die Lage sich – sarkastisch gesagt – mit einem österreichischen Bonmot beschreiben: „Ich weiß zwar nicht wo ich hinfahre, dafür bin ich schneller dort!“ Oder anders ausgedrückt: Wie bisher kann es zwar nicht weitergehen, aber wie es weitergeht, ist derzeit völlig offen. Diese spannende Entwicklung spiegelt transform! 09 im Themenblock „Europa und die Welt in Bewegung“ wider. Wobei auch die engen Grenzen der bürgerlichen Demokratie zur Sprache kommen, die im Zeichen der Terrorhysterie noch enger gezogen wurden und dazu angetan sind, bei Bedarf gegen die Aktivistinnen und Aktivisten eines Wandels gewendet zu werden. Solange zwingende fortschrittliche Lösungen für die Bereinigung der herrschenden Misere nicht gefunden werden, hat die radikale Rechte in immer mehr europäischen Ländern Oberwasser. Ein tragisches Beispiel ist der Massenmord eines vorgeblichen Einzeltäters in Norwegen. Diese Untat ist ohne den Kontext der Rechtsentwicklung und des Aufkommens immer radikalerer Rechtsparteien in unserer Hemisphäre nicht vorstellbar. Auch mit diesem Thema setzt transform! 09 sich detailliert auseinander.

Unterschiedlich sind die Auswirkungen der krisenhaften Entwicklungen auf die Ergebnisse der Wahlen, die in letzter Zeit in verschiedenen europäischen Staaten über die Bühne gegangen sind. Für die Linke zieht das Versagen von Neoliberalimus und entfesseltem Kapitalismus keinen automatischen Erfolgslauf nach sich. Allerdings konnten da und dort ermutigende Ergebnisse erzielt werden. Einige Fallbeispiele präsentiert transform! 09 in den „Länderberichten“.

Viel Vergnügen bei der Lektüre dieser Ausgabe,
Lutz Holzinger

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transform! Europäische Zeitschrift für kritisches Denken und politischen Dialog
Publiziert mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Heft 09-2011, erscheint halbjährig
Herausgegeben von transform! Europe, Brüssel
Redaktion: Walter Baier (Wien, V.i.S.d.P.), Erhard Crome (Berlin),
Lutz Holzinger (Wien), Ulrike Kruh (Wien), Bernhard Müller (Hamburg),
Norbert Schepers (Bremen) und Conrad Schuhler (München).