Nachricht | Amerikas - International / Transnational Land und Frieden in Kolumbien

Eine Veranstaltung mit Alberto Castilla in der Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Nicht einmal 24 Stunden währte sein Aufenthalt in Berlin. Nach seiner Teilnahme am „Encuentro internacional por la paz y la solución política al conflicto colombiano“ (Internationales Treffen für den Frieden und die politische Lösung des kolumbianischen Konflikts) in der Schweiz kam Alberto Castilla nach Berlin. Trotz der Kürze seines Besuchs nahm er an einer gemeinsam von der Kolumbienkampagne Berlin und des Lateinamerika-Referats der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisierten Veranstaltung zum Thema  Landfrage und Friedensprozess teil.  Kristina Dietz (FU), Mitglied des Arbeitskreises Lateinamerika, moderierte die gut besuchte Gesprächsrunde, die im Stiftungsgebäude stattfand.

Alberto Castilla ist Vorsitzender des kolumbianischen Kleinbauerndachverbandes CNA (Coordinador Nacional Agrario), Vertreter des Netzwerkes „Red de Hermandad y Solidaridad con Colombia“ (koordinierende Organisation der „Kampagne gegen Vertreibung – für Selbstbestimmung und Permanenz im Territorium“), Mitglied des Vorstandes des Polo Democrático Alternativo (linke Partei Kolumbiens) sowie des „Congreso de los pueblos“, einem seit 2010 bestehendem kolumbienweiten Zusammenschluss, an dem zehntausende von Personen mitwirken, um basisdemokratisch eine neue politische Agenda auszuarbeiten. In Zusammenarbeit mit dem CNA und der kolumbianischen Partnerorganisation CEDINS organisiert das Regionalbüro der Andenländer der Stiftung seit 2011 Bildungsveranstaltungen in verschiedenen Regionen Kolumbiens.

Zum aktuellen Stand der Friedensgespräche in Kolumbien befragt erklärte er, dass ein Waffenstillstand zwischen den verfeindeten Lagern – Regierung, Guerillaorganisationen, paramilitärische Gruppen – in greifbare Nähe rücke. Dabei ist jedoch für Castilla „Frieden“ weit mehr als das Ende bewaffneter Konflikte. Eine zentrale Rolle in den Friedensgesprächen spiele die Landfrage, denn echter Frieden in Kolumbien sei nur möglich, wenn die Ursache des bewaffneten Konflikts, die ungerechte Landverteilung, beseitigt werde. Dem kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos gelänge es, der Weltöffentlichkeit sein Image als Frieden und Gerechtigkeit schaffender Präsident zu vermitteln. Santos´ Gesetz zur Landrückgabe bezeichnet Alberto Castilla in diesem Sinne jedoch nicht als Akt der Gerechtigkeit, sondern als Farce: Seit Mitte der 1980er Jahre wurden ca. 10 Millionen Hektar Land enteignet, nun sollen gerade mal knapp 10 % zurückgegeben werden. Dazu geht es  nur um die Rückgabe von Grund und Boden – nicht um die darauf befindlichen Pflanzungen. In der Zwischenzeit wurden die Ländereien agroindustriellen Konzernen für den Anbau von Ölpalmen zur Verfügung gestellt, die nach dem Willen der Regierung bestehen bleiben sollen. Anstatt auf ihrem Grund und Boden Nahrungsmittel für den Eigenbedarf und den ihrer Region anzubauen sollen die Bauern ihr Land an agroindustrielle Konzerne verpachten. „Das bedeutet die Vernichtung des Bauerntums in Kolumbien, das Ende jeglicher Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität“. Für die Regierung bestehe Ernährungssicherheit aus einem ausreichenden Angebot an Lebensmittel auf den Märkten. Die Nahrungsmittelproduktion durch die Bauern werde nicht bedacht, im Fokus stehe allein der Anbau von Agrotreibstoffen, bei dessen Produktion Kolumbien bereits weltweit den fünften Platz einnimmt. Dabei setzt sich die kolumbianische Regierung unter Erfolgsdruck: Bis 2019 soll der ambitionierte Entwicklungsplan „Visión Colombia 2019“ umgesetzt werden, der unter anderem den massiven agroindustriellen Ausbau der Wirtschaft vorsieht.

Zivilgesellschaftliche Organisationen in Kolumbien arbeiten im „Congreso de los pueblos“ daran, die Landfrage zu einem zentralen Thema der Friedensverhandlungen zu machen. Alberto Castilla berichtete dass man dort unter dem Thema „Land und Souveränität“ in diesem Jahr alternative Gesetzesvorlagen zum herrschenden  Entwicklungsplan und Gesetz zur Landrückgabe entwickeln werde.

In der anschließenden Diskussion wurden Einzelaspekte seines Vortrags vertieft. Alberto  betonte, dass die internationale Solidarität für die kolumbianische Bevölkerung sehr wichtig sei, ebenso wie der direkte Austausch mit Europa, weil es dem kolumbianischen Präsidenten sonst gelänge, ein falsches, geschöntes Bild der Realität in seinem Land zu vermitteln.

Für weitere Informationen siehe auch:
http://www.redcolombia.org/
http://www.comitedesolidaridad.com/
http://www.rosalux.org.ec/es/component/content/article/258-congreso-tierras