Nachricht | Rassismus / Neonazismus NPD-Verbot, Verfassungsschutz und Rechtsterrorismus

Podiumsgespräch mit Wolfgang Nešković

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Rechte Demonstrationen, rassistische Übergriffe oder die Angriffe auf die Lausitzer Rundschau in Spremberg werden in der Öffentlichkeit intensiv beachtet. Aufmärsche und Heldengedenken werden in einigen Städten untersagt und treffen in anderen auf entschlossenen zivilgesellschaftlichen Widerstand. Doch auch unabhängig von konkreten Anlässen muss der juristische Umgang mit Strukturen von Neonazis diskutiert werden. Genau dies geschah auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg am 18. Juni an der BTU Cottbus.

Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für „Sozialwissenschaftliche Umweltfragen“ wurde ein Podiumsgespräch organisiert, in der folgende Fragen im Mittelpunkt standen: Könnte und sollte die Partei NPD verboten werden? Brauchen wir den Verfassungsschutz oder schadet er mehr als er nutzt? Nach kurzen einleitenden Worten von Wolfgang Nešković, MdB der Fraktion DIE LINKE, Bundesrichter a. D. und Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums, wurden verschiedene Fragen des juristischen Umgangs mit Neonazis diskutiert.

„Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden“ - mit diesem Zitat begann Wolfgang Nešković seine Ausführungen und machte damit deutlich, dass es auch Grenzen im Umgang mit politischen Gegnern gibt. Nicht zu dulden seien aber rassistische Ideologien und Versuche, eine nationalsozialistische Diktatur zu errichten.

Die Attentate des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrundes“ hätten gezeigt, welche Ausbreitung rassistische Gedankengut hat. Im Gegensatz zur RAF, die sich in einem Klassenkampf sah und sich mit den Mächtigsten in Politik und Wirtschaft angelegt hätte, suchte sich die NSU in einem "Rassenkampf" die Schwächsten der Gesellschaft als Ziel. Als Ergebnis ihrer Ideologie hätten sie gerade die gerade diejenigen angegriffen, die ein positives Beispiel für das Zusammenleben sein konnten: Blumenhändler und kleine Ladenbesitzer. Menschen also, die auch ein Stück „zu Hause“ ausmachen können und die Kommunikation zwischen den Kulturen alltäglich lebten.

Doch der Rassismus wäre eben nicht nur bei den Tätern zu finden gewesen – dramatischer sei ja der latente Rassismus in unserer Gesellschaft – der dann bei den Ermittlern und in den Medien sichtbar wurde. Allein „Dönermorde“ wäre schon ein rassistischer Begriff in sich – es seien ja keine Döner ermordet worden.

Unabhängig vom Terror der NSU sei aber ein Verfahren zum Verbot der NPD durchzuführen, diese sei eine gegen das Grundgesetz und die Völkerverständigung tätige Organisation, erklärte der parteilose Nešković. Ein Verbot der NPD würde rassistischen Ideologen die Organisationsbasis entziehen, u. a. könnten sie keinerlei staatliche Gelder z.B. zur Wahlkampfkostenerstattung mehr bekommen. Netzwerke würden zumindest gestört und die Ressourcenbasis dem rechten Spektrum entzogen.

Derzeit gäben lediglich die CDU-Innenminister der NPD eine Bestandsgarantie, weil sie ihre V-Leute nicht aus den Gremien der Partei abziehen würden. Auch die Glaubwürdigkeit solcher V-Leute zog Nešković in Zweifel, denn zunächst würden diese ja Verrat an den Menschen um sie herum begehen – es würde sich also um „moralisch verdorbene Persönlichkeiten“ handeln. Der Wahrheitsgehalt solcher Aussagen sei kaum zu prüfen und eine solche Arbeit sei auch ineffizient.

Die Arbeit des Verfassungsschutzes müssen auch insgesamt als kritisch angesehen werden – und so müsse dieser umorganisiert werden. Der Forderung der Abschaffung des Verfassungsschutzes aus dem Publikum konnte sich Nešković aber nicht anschließen. Die Arbeit mit V-Leuten sei aber ineffizient und derzeit arbeite der Verfassungsschutz zu 80 bis 90 Prozent schlecht oder ineffizient – dies müsse dringend evaluiert werden.

Aus dem Publikum gab es auch weitere kritische Anmerkungen und Fragen: Ob das herrschende Recht nicht von den Herrschenden gemacht wird und deshalb Widerstand auch in Form zivilen Ungehorsams wie Sitzblockaden nötig sei. Oder die Frage, ob der Schutz der Demokratie derzeit nicht auch den Schutz des Kapitalismus meine? Und Wolfgang Nešković antwortete bei beidem, dass er natürlich einer Utopie nachgeht, wie er das Grundgesetz versteht und dieses schütze weder Nazis noch ein spezifisches Wirtschaftssystem.

Die Relevanz der Veranstaltung wurde auch am nächsten Tag deutlich: Die „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“, die unter anderem mit der rassistischen „Volkstod-Kampagne“ ins Licht der Öffentlichkeit rückte, wurde verboten.