Pressemeldung | Türkischer Uranatlas zeigt, wie teuer Atomkraftstrom ist

Türkisch-sprachige Ausgabe des Uran-Atlas erschienen

Cover des türkisch-sprachigen Uran-Atlas

Die jetzt erschienene türkisch-sprachige Ausgabe des Uran-Atlas offenbart nicht nur die enormen ökologischen Folgen, die Atomkraft und der dafür notwendige Uranbergbau verursachen, sondern auch wie desaströs die wirtschaftlichen Konsequenzen für die Türkei sein werden. Während Deutschland die letzten drei Atomkraftwerke Mitte April stilllegen und das Atomzeitalter zumindest hinsichtlich der Atomstromerzeugung beenden will, werden in der Türkei erstmals Atomkraftwerke gebaut. Die Kosten für die notwendige Endlagerung des Atomstroms und den Jahrzehnte später notwendigen Rückbau der Anlage sind dabei genauso wenig eingepreist wie die Folgen eines möglichen Super-GAUs vergleichbar Tschernobyl oder Fukushima.

Dabei kosten Erneuerbare Energien in der Türkei nur einen Bruchteil dessen, was Atomkraft kostet, wie der türkische Uranatlas zeigt. Strom aus Windkraft lässt sich derzeit für 2 Dollar-Cent pro Kilowattstunde erzeugen, Sonnenstrom zwischen 1 und 1,7 Dollar-Cent. Diese Zahlen stammen aus den jüngsten Ausschreibungen zu Erneuerbaren Energien in der Türkei. Die aktuellen staatlichen Abnahmegarantien für die Erneuerbaren Energien in der Türkei sind viel niedriger als die Garantie, die der russische Staatskonzern Rosatom als Betreiber des Kernkraftwerks in Akkuyu erhält (12,35 Dollar-Cent pro Kilowattstunde). Die staatlichen Garantien liegen bei 1,7 bis 2,7 Dollar-Cent für Biomasse, 2,15 Dollar-Cent für Wasserkraft und 2,9 Dollar-Cent für Geothermie, die ebenfalls rund um die Uhr betriebsbereit ist. "Dass die Türkei in das Abenteuer Atomkraft einsteigt, ist ökonomisch nicht nachvollziehbar und ökologisch vollkommen unsinnig", sagt Dominic Noll, Türkeireferent der Rosa-Luxemburg-Stiftung. "In Deutschland und noch weit mehr im Nachbarland Frankreich behindert die Förderung der Kernenergie seit Jahrzehnten massiv den Ausbau der Erneuerbaren Energien. In Deutschland ist damit bald Schluss, in der Türkei beginnt das jetzt leider."

"Seit über 50 Jahren plant die Türkei, ins Atomzeitalter einzusteigen", betont Özgür Gürbüz, Kampagnendirektor bei Ekosfer. "In Akkuyu werden das erste Atomkraftwerk gebaut und es soll sehr bald bekannt gegeben werden, wann der erste Meiler ans Netz geht, obwohl unser Land über große Reserven an Erneuerbaren Energien verfügt, die nur einen Bruchteil im Vergleich zu Atomstrom kosten. Dabei gehört die Türkei zu den erdbebengefährdeten Gebieten, wie uns die jüngste Katastrophe mit mehr als 50.000 Toten vor Augen geführt hat. Ich hoffe aber, dass uns der gerade erschienene Uranatlas dabei hilft, wenigstens den geplanten Uranbergbau in unserem Land zu stoppen." Es gibt fünf Regionen in der Türkei, in denen Uran abgebaut werden könnte. Sie alle zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur geringe Uranvorkommen haben und das Uranerz nur einen Anteil zwischen 0,04 und 0,1 Prozent Uran enthält. Insgesamt ließen sich nur 12.600 Tonnen Uran fördern.

"Welche Folgen Uranbergbau hat, muss man sich bildhaft vorstellen", betont Horst Hamm, Projektleiter der Uranatlanten-Reihe und Chefredakteur der türkischen Ausgabe. "Bei einem Anteil von 0,1 Prozent Uran im Erz bleiben für jede Tonne Uran, die gefördert wird, 999 Tonnen Gesteinsreste und radioaktiv belastete Schlämme als strahlende Hinterlassenschaft des Uranbergbaus zurück." Das Spaltprodukt Uran wird zwar herausgelöst, aber Uran ist kein stabiles Element und zerfällt ohne jedes Zutun. Sämtliche Zerfallsprodukte von Uran sind in den Gesteinsresten enthalten - und mit ihnen ein Großteil der ursprünglichen Radioaktivität. Sie setzen bei jedem Zerfall Alpha-, Beta- oder Gammastrahlung frei und verursachen Atembeschwerden, Krebs, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und Missbildungen. Die gesundheitlichen Folgen für Bergarbeiter und Anwohner*innen sind aus den Abbaugebieten Nordamerikas, Afrikas oder Australiens gut bekannt.

Warum die Türkei trotz der vielfach höheren Kosten von Atomstrom und der strahlenden Belastung durch Uranbergbau trotzdem ins Atomzeitalter einsteigt, darüber kann nur spekuliert werden. "Ich fürchte, dass für die enormen Kosten, die dieser Einstieg verursacht, irgendwann der türkische Steuerzahler die Rechnung präsentiert bekommt", sagt Horst Hamm.

Wie bereits die deutsche, englische, tschechische, italienische und französische Ausgabe zeigt auch der türkische Uranatlas mit Karten, Grafiken und anschaulichen Beispielen, dass Atomkraft ausgedient hat. Die türkisch-sprachige Ausgabe des Uran-Atlas wird gemeinsam von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Nuclear Free Future Foundation, der Umweltstiftung Greenpeace und der türkischen Umweltschutzorganisation Ekosfer herausgegeben.

Download türkische Ausgabe Uranatlas: https://www.rosalux.de/en/uraniumatlas

Download deutsche Ausgabe Uranatlas: https://www.rosalux.de/uranatlas

Kontakte:

Dr. Horst Hamm, Nuclear Free Future Foundation, +49/1577/1543231, h.hamm@nuclear-free.com 

Özgür Günüz, Ekosfer, +90 533 660 10 05, ozgur.gurbuz@ekosfer.org

Dominic Noll, Rosa-Luxemburg-Stiftung, +49/30 44310 449, dominic.noll@rosalux.org

Jannine Hamilton
Pressesprecherin | Rosa-Luxemburg-Stiftung | Politische Kommunikation
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