1. Veränderte Rahmenbedingungen
Die gegenwärtige Welt ist gekennzeichnet von einer Vielzahl von Globalisierungstendenzen, die sich in verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich bemerkbar machen und auf die verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Globalisierungsstrategien reagieren. Eine, den Gesamtprozess prägende Tendenz, ist die der neoliberalen Kommodifizierung unter den Bedingungen einer postfordistischen Gesellschaft. Die Welt wird zur Ware, d.h. tendenziell werden alle gesellschaftlichen Bereiche (von Bildung, Kultur und anderen bislang unentgeltlichen oder subventionierten öffentlichen Angeboten und Diensten) bis hin zur Psyche der Subjekte dem Wert- und Kapitalverhältnis unterworfen. Der Prozess der radikalen Durchkapitalisierung der Gesellschaft mit seiner Tendenz eines immer weiter totalisierenden Vergesellschaftungszusammenhangs erfasst auch immer mehr Menschen, die bisher in diesem nicht unmittelbar integriert waren. Zugleich wächst an seinen Rändern, die Zahl jener, die von jeglicher Integration ausgeschlossen sind. Die Zahl der abhängig Arbeitenden hat sich zwischen 1970 und 2000 fast verdoppelt; sie umfasst ungefähr die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung, eine Dynamik, die insbesondere in Asien (China!) stattfindet. Allein der Anteil abhängig arbeitenden Frauen stieg in dieser Zeit von 33 auf 40 Prozent.
Gleichzeitig vollziehen sich tief greifende wirtschaftliche, soziostrukturelle, politische, soziokulturelle Umbrüche, die verbunden sind mit gravierenden Umbrüchen von Arbeitsprozessen und -strukturen und der Erosion von Beschäftigungsverhältnissen zugunsten von Deregulierung, Flexibilisierung, Prekarisierung und working poor. Den gegenwärtigen Weltmarktprozessen ist ein Selektionsmechanismus eigen, der die Ungleichheit der Potentiale, Vorteile und Chancen notwendig verstärkt. Extreme räumliche und soziale Segregation kann nicht mehr durch Homogenisierung der Lohnarbeiterschaft im Rahmen von Normalarbeitsverhältnissen einer fordistisch geprägten Arbeitsgesellschaft verhindert werden.
Diese löst sich auf und mit ihr kollektivvertraglich geregelte, sozial abgesicherte, abhängige Vollbeschäftigung unter Wahrung eines Mindestniveaus und arbeits- bzw. sozialrechtlich stabilen Rahmenbedingungen. Es kommt zum Verfall arbeitsrechtlicher und tariflicher Standards und zur Erosion der Mechanismen sozialer Sicherung, deren Voraussetzung lebenslange stabile Vollzeitbeschäftigung ist. Fragmentierte und ausdifferenzierte gesellschaftliche und individuelle Entwicklungen werden zur Normalität und führen zur politischen und sozialen Spaltung in den Arbeits- und Lebensbedingungen. Parallel zu all dem vollzieht sich die Auflösung der Kernfamilie, die Entwicklung globaler Metropolen, Heterogenisierung und Pluralisierung der Räume. ...