Die Anmerkungen "Über völkerrechtswidrige Angriffs- oder Präventivkriege entscheiden Regierungen - der EUVerfassungsvertrag legitimiert sie jedenfalls nicht" von Sylvia-Yvonne Kaufmann zum Papier des Gesprächskreises Frieden und Sicherheitspolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung sind durchzogen von einem merkwürdigen Rechtsnihilismus.
Die Anmerkungen sind offensichtlich von der Absicht geleitet, die entsprechenden militärischen Vertragsbestimmungen zu relativieren. So findet bei Sylvia-Yvonne Kaufmann keine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Kern des neuen EU-Vertrags statt.
Ziel des Verfassungsvertrags ist die weitere Militarisierung der Europäischen Union hin zur globalen Kriegsführungsfähigkeit. Er soll die "auf militärische Mittel gestützte Fähigkeit zu Operationen" (I-41, 1) sichern. Aufrüstung wird Verfassungsgebot: "Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern" (I-41, 3). Eine "Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung" wird das überwachen und "zweckdienliche Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors" durchsetzen (III-311)", dies alles bleibt in Kaufmanns Ausführungen unbenannt.
Ähnlich wie von Angelika Beer in ihrem jüngsten Angriff auf die Friedensbewegung in der Frankfurter Rundschau, wird eine Militarisierung der EU mittels der Bestimmungen des EU-Verfassungsvertrags schlicht bestritten. Im Falle von Sylvia-Yvonne Kaufmann auch noch mit dem Argument, dass "fast alle militärisch relevanten Aussagen im Verfassungstext im Kern bereits Bestandteil bestehender Verträge bzw. getroffener Beschlüsse des Europäischen Rates sind." Abgesehen davon, dass diese Aussage schlicht nicht zutrifft, versucht Sylvia-Yvonne Kaufmann den Eindruck zu erwecken, als wären Beschlüsse des Europäischen Rates mit geltendem EU-Recht und den EU- und EG-Verträgen gleichzusetzen. Dies zeigt nicht nur mangelhaftes Verständnis für europapolitische Problematiken, sondern lässt auch einen Rechtsnihilismus erkennen, der erschreckt. Frei nach dem Motto: "Es ist doch egal, ob es in Recht gegossen wird, wenn es bereits in der Politik existiert." Man stelle sich vor, wie es in der Politik aussähe, wäre dieses Prinzip z. B. im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg gegen Jugoslawien in Deutschland angewandt worden. Wenn es denn schon einen politischen Völkerrechtsbruch durch die Bundesregierung gegeben hat, wäre es doch nicht mehr so wichtig, wenn dies auch beispielsweise durch die Streichung des Verbots von Angriffskriegen im deutschen Grundgesetz auch rechtlich manifest würde.
Rüstungsagentur verfassungsvertraglich absichern
Und in dieser Logik von der Bedeutungslosigkeit des Rechts wird denn im Text von Sylvia-Yvonne Kaufmann die schönfärberische Umdeutung der EU-Militarisierung Punkt für Punkt abgehandelt. Angefangen mit der Rüstungsagentur, die in der EU-Verfassung eine vertragliche Grundlage erhalten soll. Hier wird argumentiert, es habe doch schon seit 1999 eine europäische Rüstungszusammenarbeit gegeben. In diesem Zusammenhang wird auch wieder auf Beschlüsse des Europäischen Rates verwiesen. Dass es einen Unterschied ums Ganze macht, wenn die Rüstungszusammenarbeit in einem völkerrechtlichen Vertrag institutionell fixiert wird, verschweigt Sylvia-Yvonne Kaufmann. Ganz anders sieht es im Übrigen die EU-Rüstungsindustrie, die vor Abschluss des Verfassungskonvents mit ganzseitigen Anzeigen in großen deutschen Tageszeitungen eine explizite Aufnahme der Rüstungsagentur in den Verfassungsvertrag einforderte. Traurig stimmt der Verweis von Sylvia-Yvonne Kaufmann, dass die EU-Verfassung die Schaffung einer "Agentur für Rüstungskontrolle sowie ein Europäisches Amt für Abrüstung und Rüstungskonversion" nicht verbiete. Folgt man dieser Logik, dann gibt es im Verfassungsvertrag noch mehr Erfolge für die Linke zu feiern, wie etwa, dass zivile Abrüstung im Verfassungsvertrag nicht rundweg verboten wird.
Keine Bindung an Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates
Falsch ist im Text von Sylvia-Yvonne Kaufmann auch die Behauptung, es gäbe ein verbindliches explizites Friedensgebot im EU-Verfassungsvertrag.
Um nicht missverstanden zu werden. Selbstverständlich darf nicht verkannt und unterschätzt werden, dass der Verfassungsvertrag friedensorientierte Bestimmungen der vorangegangenen Verträge aufgreift und Ziele formuliert, die so dort nicht zu finden sind. Nach der Präambel des Nizza-Vertrags will die EU „Frieden, Sicherheit und Fortschritt“ fördern und nach der des Verfassungsvertrages „auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt hinwirken“. Während bei der Formulierung der Ziele der EU in Artikel 2 des Nizza-Vertrags vom Frieden nicht die Rede ist – „die Wahrung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit entsprechend den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen“ wurden allerdings schon in Art. 11 des Nizza-Vertrags als spezielle Ziele der GASP verankert – , werden in Art. I-3 Verfassungsvertrag als Ziele der Union formuliert, „den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern“. Die EU – so heißt es dort – „leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen“. Das sind schöne und gute allgemeine Orientierungen. Auffällig ist allerdings, dass, wie schon in den Vorgängerverträgen, das Bekenntnis zur Charta der Vereinten Nationen nur deren Grundsätze, also Artikel 2, betrifft, nicht aber die Charta insgesamt einschließt, und dass die Beziehungen zur UNO auf „zweckdienliche Zusammenarbeit“ mit deren Organen reduziert wird (III-327). Die Bindung an die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen ist zweifellos von besonderer Bedeutung. In ihnen sind die Prinzipien des Völkerrechts angelegt, die 1970 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als allgemein verbindlich bestätigt wurden. Allerdings nehmen sogar die Diktionen des WEU-Vertrags und des NATOVertrags, denen man friedliche Intentionen nicht unterstellen kann, beide nicht nur auf die Ziele und Grundsätze, sondern auf die Charta insgesamt Bezug. Wenn aber lediglich eine Verpflichtung auf die Grundsätze der UN-Charta vorliegt, hält sich die EU die Tür für nicht UN-mandatierte Militärinterventionen offen, weil das Kapitel VII der UN-Charta, in dem es um die Ermächtigung der Anwendung von Gewalt durch den UN-Sicherheitsrat geht, nicht Bestandteil der Grundsätze der UN-Charta ist. Das Hauptproblem ist, dass die Friedensorientierungen des Verfassungsvertrages in den Bestimmungen über die GASP und die GSVP nicht konkretisiert, sondern eher unterlaufen und ins Gegenteil verkehrt werden. In diesem Zusammenhang ist es auch mit entscheidend, dass für die Militarisierungsbestimmungen jeweils institutionelle Konkretisierungen vorliegen, wie etwa die Rüstungsagentur, die für die Umsetzung der Aufrüstungsverpflichtung verantwortlich sein soll. Zivile Institutionen, die ein Friedensgebot umsetzen helfen könnten, die für Rüstungsexportkontrolle oder für Abrüstung und Konversion verantwortlich zeichnen würden, sucht man dagegen vergeblich. Eine ständige strukturierte zivile Zusammenarbeit ist nicht vorgesehen. Deshalb können nicht existierende Institutionen den Vertrag nicht zustimmungswürdig machen.
In den Artikeln I-41 und III-309 ff. des EU-Verfassungsvertrages wird die Option der EU zum Einsatz militärischer Mittel außerhalb der völkerrechtlich zulässigen Selbstverteidigung eindeutig und konkret festgeschrieben. Nach Art. I-41 Abs. 1 kann die EU auf „eine auf zivile und militärische Mittel gestützte Fähigkeit zu Operationen (...) bei Missionen außerhalb der Union“, also überall auf der Welt, zurückgreifen. Art. III-309, Abs. 1 ist aus unserer Sicht die Kernbestimmung der Militarisierung der EU. Die „Missionen“ umfassen „Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten“ sowie „Unterstützung für Drittländer [also für Staaten außerhalb der EU – d. A.] bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet“. Welche Art von Krisen durch Kampfeinsätze bewältigt werden sollen, bleibt offen. Autorisierungen und Mandate des Sicherheitsrates der UNO dafür werden nicht vorausgesetzt. Der Sicherheitsrat und die Kapitel VII und VIII der Charta kommen in den einschlägigen Bestimmungen des Verfassungsvertrages überhaupt nicht vor. „Präventive“ Verteidigung im Sinne von Bushs neuer Nationaler Sicherheitsdoktrin ist damit nicht ausgeschlossen, ja als eine zulässige Option möglich. Es ist nicht zu verkennen, dass zuerst die zivilen Mittel genannt werden. Aber die militärischen Mittel werden voraussetzungslos als gleichrangige Option offen gehalten und mit den zivilen vermischt. Völkerrechtliche Kriterien und spezielle Voraussetzungen für die Anwendung militärischer Gewalt werden nicht formuliert. Gefährlich ist gerade, dass zivile und militärische Reaktionen zur Verfolgung unterschiedlicher Ziele zur freien Auswahl nebeneinander gestellt sind. Die Charta der Vereinten Nationen trifft dagegen genaue Unterscheidungen zwischen Maßnahmen friedlicher Streitbeilegung sowie friedlichen und militärischen Sanktionsmaßnahmen und definiert die jeweiligen Voraussetzungen für deren Anwendung.
Hier kommt der Pferdefuß deutlich zum Vorschein, der in der Reduktion der Bedingungen des Einsatzes von Kampftruppen der EU auf die Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen liegt. Eine Bindung an Beschlüsse des Sicherheitsrats wird tunlichst vermieden.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Aussage von Sylvia-Yvonne Kaufmann, dass über Angriffskriege die Politik entscheidet und dass der EU-Verfassungsvertrag diese nicht legitimiere, reichlich zynisch. Auf die Fragen des Heilbronner Friedensrats hatte sie im Europawahlkampf 2004 noch bedauert, dass es nicht zu einer expliziten Ächtung von Angriffskriegen im EU-Verfassungsvertrag gekommen war. Kaufmann damals: "Ungeachtet dessen habe ich mich im Konvent dafür eingesetzt, ganz ausdrücklich und unzweideutig in der Verfassung klarzustellen, dass die Union Angriffskriege ächtet. Dieser Vorschlag fand im Konvent – vielleicht nicht zufällig – keine Zustimmung." ( http://www.friedensrat.de/ergebnis.pdf )
Und auf die Frage nach der Militarisierung hatte Kaufmann auch eine andere Antwort als heute parat: "In der Tat hat das Europäische Parlament den geltenden europäischen Verträgen zufolge bei der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wenig bis gar nichts zu bestellen. Hier hat sich leider durch den EU-Verfassungsentwurf des Konvents nichts geändert. In ihrem Europawahlprogramm hat die PDS festgestellt: Wir wenden uns auch entschieden dagegen, 'dass der zivile Charakter der europäischen Integration aufgegeben wird. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), vor allem aber die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), zielt darauf ab, die EU zu einer global agierenden Militärmacht aufzubauen. Das vollzieht sich zudem weitgehend ohne öffentliche Debatte und zum Teil völlig außerhalb demokratischer Kontrolle. Dies darf nicht so bleiben. Die PDS fordert die Aufhebung der Beschlüsse zu GASP und GSVP, die die EU in eine Militärmacht verwandeln, und lehnt auch alle Schritte und Maßnahmen ab, die auf eine solche Entwicklung der EU gerichtet sind. Die PDS unterstützt vielmehr die Entwicklung einer zivilen gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik und will, dass die Europäische Union eine aktive friedensbewahrende Rolle in der internationalen Politik spielt. Die EU verfügt über große politische und enorme wirtschaftliche Möglichkeiten zur Konfliktprävention und Konfliktbeilegung, die umfassend ausgeschöpft werden müssen.' Zur Frage der Beteiligung des Europaparlaments an Entscheidungen hinsichtlich militärischer Kriegseinsätze hat die PDS in ihrem Europawahlprogramm erklärt: 'Die PDS tritt der Anwendung militärischer Gewalt zur Lösung von Konflikten entschieden entgegen. Sie lehnt jegliche EU-Militäreinsätze uneingeschränkt ab. Darüber hinaus halten wir es für vollkommen undemokratisch und sind nicht bereit zu akzeptieren, dass selbst der Einsatz von EU-Eingreiftruppen keiner Zustimmung des Europäischen Parlaments bedarf. Die Frage von Krieg oder Frieden ist zu wichtig, als dass sie allein der Entscheidung von Regierungen überlassen werden darf.'"
Und auf die Frage, ob die geplante EU-Verfassung in wesentlichen Teilen eine Militärverfassung sei, erklärte Kaufmann: "Als einziges Mitglied des Europäischen Verfassungskonvents habe ich in einem offiziellen Beitrag 'Anforderungen an den Verfassungsvertrag für eine friedensfähige Europäische Union' (...) , in den Debatten in der Arbeitsgruppe 'Verteidigung' und im Plenum des Konvents die Einrichtung einer Agentur für Konversion und Abrüstung sowie die Einrichtung einer Agentur für Rüstungsexportkontrolle gefordert. Bei beidem stand ich leider allein auf weiter Flur. Auch die Vertreter von SPD und Grünen wollten davon nichts wissen. Sie engagierten sich vielmehr für die Europäische Rüstungsagentur. Im Europawahlprogramm fordert die PDS die 'Schaffung Europäischer Agenturen für Abrüstung und Rüstungskonversion sowie ... die Kontrolle der Rüstungsexporte durch Veränderung der Aufgabenstellungen des Europäischen Amtes für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten; Reduzierung der militärischen Kapazitäten der EU und ihrer Mitgliedstaaten bis zur strukturellen Nichtangriffsfähigkeit; Beseitigung der Massenvernichtungswaffen in Europa'; (...) Leider ist die PDS die einzige größere Partei in der Bundesrepublik, die sich für eine klare Politik in Richtung Abrüstung und ausschließlich zivile Konfliktbeilegung engagiert. Im europäischen Kontext sehen die Mehrheitsverhältnisse zur Zeit ähnlich aus. Von daher ist es überaus wichtig, die öffentliche Debatte zu all diesen Fragen zu befördern und dabei vor allem mehr Menschen für eine alternative Politik zu gewinnen."
Besonders pikant aber die damalige Antwort von Kaufmann auf die Frage, ob sich durch den Verfassungsvertrag etwas hinsichtlich der Militarisierung ändere: "Festzuhalten bleibt: Die Bestimmungen des Verfassungsentwurf des Konvents senken die Schwelle für Militärinterventionen ganz erheblich. Es steht nicht zu erwarten, dass sich dies mit einer Einigung der Staats- und Regierungschefs über den EU-Verfassungsvertrag verändert."
Ächtung von Angriffskriegen
Noch im Juni 2003 hatte Kaufmann in ihrer Rede vor dem Konvent die explizite Ächtung von Angriffskriegen beantragt: "In Artikel 3,4 sollte die unmissverständliche Aussage angefügt werden, dass die Union Angriffskriege ächtet."
( http://european-convention.eu.int/docs/speeches/9358.pdf )
Und diese Klarstellung war schon in einer früheren Phase des Verfassungskonvents von ihr beantragt worden: "In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen. Sie trägt bei zu Frieden, Sicherheit, nachhaltiger Entwicklung der Erde (...) sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere der Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen. Sie ächtet Angriffskriege." - so ihr damaliger Änderungsantrag (fett unterstrichen im Text) im Verfassungskonvent. Eine Ächtung von Angriffskriegen aber findet sich auch jetzt nicht im Verfassungstext, jeder Versuch hier Klarheit zu schaffen, wurde abgelehnt. Damit blieb die Tür offen für nicht UNmandatierte Militärinterventionen.
Petersberg-Aufgaben: Massive Ausweitung im EUVerfassungsvertrag
Gegenüber dem Vertrag von Nizza findet sich im EUVerfassungsvertrag eine massive Ausweitung der so genannten Petersberg-Aufgaben, das heißt vertraglicher Interventionsermächtigungen. Diese Ausweitung unterschlägt Sylvia-Yvonne Kaufmann einfach, um ihre These aufrecht erhalten zu können, es habe sich eigentlich im Vergleich zum Vertrag von Nizza nicht viel verändert - ganz anders als noch im März 2004, wie wir gesehen haben. Anbei deshalb ein Vergleich der beiden Passagen. Hier kann man sehen, wie die Petersberg-Aufgaben, etwa um den Punkt der Durchführung militärischer Missionen zur Abrüstung, erweitert wurden:
Interventionsermächtigungen laut EU-Vertrag von Nizza, Artikel 17 (2):
"Die Fragen, auf die in diesem Artikel Bezug genommen wird, schließen humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen ein."
Interventionsermächtigungen laut Verfassungsvertrag, Artikel III-309 (1):
"Die in Artikel I-41 Absatz I vorgesehenen Missionen, bei deren Durchführung die Union auf zivile und militärische Mittel zurückgreifen kann, umfassen gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des Terrorismus beigetragen werden, unter anderem auch durch die Unterstützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet."
Solidaritätsklausel: Militärische Terrorbekämpfung im Inneren
Bedauerlich ist auch, dass sich Sylvia-Yvonne die militärische Solidaritätsklausel (I-43 und III-329) schönredet. Militärische Terrorismusbekämpfung im Inneren wird von ihr offensichtlich ohne Wenn und Aber befürwortet.
Artikel I-43 des Verfassungsvertrags schafft die völlig neue, so genannte „Solidaritätsklausel“. Kern der Bestimmung ist eine vertraglich fixierte Beistandsklausel der Mitgliedstaaten. Wenn „ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe betroffen“ ist, dann „mobilisiert die Union alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, um
- terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden;
- die demokratischen Institutionen und die Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen zu schützen;
- im Falle eines Terroranschlags einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen.“
Hier wird nichts anderes als eine gegenseitige, militärische Hilfeleistung bei der innenpolitischen Terrorbekämpfung festgeschrieben. Auf Grundlage dieser Klausel könnte beispielsweise die deutsche Bundeswehr, nach einem Hilfeersuchen der spanischen Regierung, infolge eines ETA-Anschlags in Spanien eingesetzt werden. Im Hinblick auf die Bedeutung, die der militärischen Terrorbekämpfung zugeschrieben wird, ist es durchaus aufschlussreich, sich die Genese dieses Artikels im Verfassungskonvent vor Augen zu führen. Ursprünglich wurde dieser Artikel in der Konventsarbeitsgruppe „Verteidigung“ diskutiert und entwickelt, nicht in der Arbeitsgruppe „Freiheit, Sicherheit und Recht.“ Im Abschlussbericht der Arbeitsgruppe „Verteidigung“ finden sich an unterschiedlichen Stellen Verweise auf die „Solidaritätsklausel". In Punkt 56 des Berichts ist festgehalten: „Die Gruppe stimmte auch darin überein, dass auf diese Bedrohung (durch den Terrorismus – A.) mit dem synergetischen Einsatz des gesamten Instrumentariums reagiert werden muss, das der Union und insbesondere den Mitgliedstaaten derzeit zur Verfügung steht (militärische Mittel, Intelligence, polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Bevölkerungsschutz usw.)“. In Punkt 58 des Berichts geht es um „Maßnahmen im Gebiet der Union, die insbesondere dazu dienen, terroristische Anschläge zu verhindern“. Hierfür sollten „sowohl die militärischen Mittel und die ursprünglich für die Petersberg-Aufgaben geschaffenen Strukturen“ dienen. In einer Stellungnahme von Joseph Fischer und Dominique de Villepin zu einem ersten Entwurf des Abschlussberichts wurde nicht nur ein eigener Pakt für Aufrüstung, sondern auch ein eigenes Protokoll für diese Solidaritätsklausel der militärischen Terrorismusbekämpfung vorgesehen. Im Vorentwurf des Berichts der Arbeitsgruppe war sogar noch die präventive militärische Terrorbekämpfung außerhalb des Territoriums der EU vorgesehen. Auch wenn sich diese europäische Variante militärischer Präemptivschläge nicht durchsetzte, so atmen die Bestimmungen des Artikels I-43 weiterhin den Geist der militärischen Terrorbekämpfung.
Sie verschieben die Debatten und die rechtlichen Voraussetzungen der Innen- und Rechtspolitik in der EU abermals zuungunsten der Grundrechte. Es steht in der Tat in Frage, wie der Erhalt der Grundrechte und der Einsatz von Militär im Inneren bei der Bekämpfung terroristischer Gefahren zusammengehen sollen.
Militärische Beistandsklausel: Angriff ist die beste Verteidigung
Als friedenspolitischer Erfolg gilt Sylvia-Yvonne Kaufmann die Etablierung einer militärischen Beistandsklausel. Dies wäre der Beleg, dass es auch "Verteidigungsoptionen" im EU-Verfassungsvertrag gäbe.
Nach Art. I-12 und I-16 gehört die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, „die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann“ (im Nizza-Vertrag heißt es noch konjunktivisch „könnte“), zu den Zuständigkeiten der EU. In Art. I-41 Abs. 2 wird noch deutlicher bestimmt: „Diese (die GSVP, d. A) führt zu einer gemeinsamen Verteidigung, sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat.“ Damit ist die EU als Militärunion konstitutionell festgeschrieben. Mit dem hier und an anderen Stellen verwendeten Verteidigungsbegriff ist keineswegs kollektive Selbstverteidigung der EU gegen einen Angriff von außen nach Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen gemeint. Von Selbstverteidigung im Sinne der Charta ist nur in Art. I-41 Abs. 7 die Rede, wo ein Anspruch auf „Hilfe und Unterstützung“ im Falle eines Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats formuliert und auf den NATO-Vertrag als „Fundament ihrer kollektiven Verteidigung“ für die NATO-Mitglieder verwiesen wird. Der Verteidigungsbegriff im Verfassungsvertrag ist nicht territorial begrenzt und umfasst militärische Aktionen, die gerade nicht Antworten auf bewaffnete Angriffe darstellen, sondern „Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung“ (Art. III-309). Dies als Fortschritt zu feiern, scheint zumindest fragwürdig.
Ständige militärische Strukturierte Zusammenarbeit
Im Bezug die "Ständige Strukturierte (militärische) Zusammenarbeit" muss selbst Sylvia-Yvonne Kaufmann einräumen, diese sei neu und darauf gerichtet "die EU außerhalb ihres Territoriums militärisch handlungsfähiger zu machen." Jedoch wird diese Erkenntnis gleich wieder eingeschränkt. Von einem "Interventionismus à la carte", könne nicht gesprochen werden, so Kaufmann. Warum nicht, wird dann nicht weiter ausgeführt und bleibt ihr Geheimnis. Deshalb sei dieser Punkt hier noch einmal kurz benannt. Für die Absicherung der militärischen Integration wurde ein besonderes Instrumentarium geschaffen, die „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ nach Art. I-41, Abs. 6. Sie wird näher ausgestaltet in Art. III-312 und in dem Protokoll Nr. 23, das Bestandteil des Verfassungsvertrages ist. Begründet wird damit der verfassungsrechtliche Rahmen für nichts anderes als ein militärisches Sonderbündnis innerhalb der EU auf Dauer, in welchem sich die „Fähigen“ und „Willigen“ zusammenschließen können, ohne von Unfähigen und Unwilligen behindert zu werden, sozusagen das militärische Pendant zur Eurozone. Für die Teilnahme stellt Art. 1 des Protokolls strenge Kriterien auf: a) intensivere Entwicklung der „Verteidigungsfähigkeit“ und b) Erfüllung detailliert festgelegter Aufrüstungsverpflichtungen bis 2007. Die Entscheidung über die Begründung der „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ wird ausnahmsweise mit qualifizierter Mehrheit getroffen, kann also von widerspenstigen EU-Mitgliedern nicht verhindert werden (III-312 Abs. 2). Neuaufnahmen in den Club der Kriegsbereiten und Ausschlüsse aus ihm sind nach einem komplizierten Abstimmungsverfahren möglich.
Demokratische Kontrolle Fehlanzeige
Auch hier wird zwar eingeräumt, dass die Beschlussfassung "zur Einleitung ... militärischer Missionen", so Kaufmann, "ohne Zustimmungsrecht des Europaparlaments (...) kein Ausdruck von Demokratie" ist. Sie betont, dass "das demokratische Defizit erhöht sich in der EU in dem Maße, wie Gestaltung und Umsetzung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach Brüssel verlagert werden." Aus dieser Erkenntnis folgt allerdings auch dieses Mal keine grundlegende Kritik am EU-Verfassungsvertrag.
Durch das Europäische Parlament (EP) kann die Militarisierung der EU nicht aufgehalten werden. Im Bereich der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird mit dem Verfassungsvertrag ein schlimmes und völlig inakzeptables Demokratie-Defizit der EU weiter festgeschrieben, nämlich der Ausschluss des EP von der Mitentscheidung und Kontrolle in diesem Bereich. Diese Entmachtung des EP widerspricht den im Vertrag beschworenen Werten der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und seinen friedensorientierten Zielen. Die Entscheidungsmacht des EP in diesen Fragen tendiert gegen Null. Die bisherige Entmachtung des EP durch Art. 21 EU-Vertrag wurde beibehalten. Mit der Verfassung soll keine Erhöhung des Einflusses des EP in außen- und sicherheitspolitischen Fragen stattfinden. Das EP wird ausdrücklich reduziert auf Anhörung und Unterrichtung. So heißt es in Art. I-40, Abs. 8: „Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelmäßig gehört. Es wird über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.“ Das EP kann folgenlose Anfragen und unverbindliche Empfehlungen an den Ministerrat und den Außenminister richten. Statt einmal jährlich wie bisher, darf es nun zweimal jährlich „über die Fortschritte bei der Durchführung“ der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik debattieren (Art. III-304). Besonders augenfällig wird die Ohnmacht des EP in seinem verfassungsrechtlichen Verhältnis zu dem neu vorgesehenen Außenminister der EU. Dieser „hört das Europäische Parlament und unterrichtet das Europäische Parlament (...). Er achtet darauf, dass die Auffassungen des Europäischen Parlaments gebührend berücksichtigt werden.“ Welch eine undemokratische und rechtsstaatswidrige Umkehrung des Verhältnisses von Legislative und Exekutive! Müsste nicht umgekehrt das EP den Minister anhören und ihn kontrollieren? „Darauf achten“ und „gebührende Berücksichtigung finden“ sind verschwommene Phrasen ohne fassbaren und verpflichtenden Inhalt. Hinzugefügt werden muss, dass in diesem Bereich auch die Europäische Kommission wenig und der Europäische Gerichtshof nichts zu sagen haben. Die Militarisierung der EU bleibt das Geschäft der Regierungen. Allein der EU-Ministerrat trifft die Entscheidung über Militäreinsätze (I-41,4). Auch wenn der deutsche Parlamentsvorbehalt durch diese Bestimmung nicht entfällt, so steht aber zu befürchten, dass die Parlamentskontrolle durch den Deutschen Bundestag sehr wohl ausgehöhlt wird, insbesondere bei einer immer kürzeren Einsatzzeit der Truppen. Es gibt bisher keine Regelung, wie der deutsche Vertreter im Ministerrat abzustimmen hat, bzw. dass er sich an den Beschluss des Bundestages zu halten hat.
Schlussbemerkung
Sylvia-Yvonne Kaufmann hat als einziges stimmberechtigtes Mitglied der Linksfraktion im Konvent im Juli 2003 dessen Entwurf für einen Verfassungsvertrag trotz der klar ablehnenden Haltung der übrigen Fraktionsmitglieder unterschrieben. Doch als sich auch in der PDS eine kritische Haltung gegenüber dem Entwurf durchsetzte, wendete sie ihre Auffassung und erklärte auf dem Europaparteitag der PDS im Januar 2004: "Ja, es gab intensive und kontroverse Debatten zum Konventsentwurf (...). Wir sind eine politische Partei, zudem eine sehr lebendige und diskussionsfreudige. Aber Parteien müssen Debatten auch abschließen und eine klare Position formulieren. Wir haben uns entschieden, Nein zum vorliegenden Entwurf zu sagen, weil wir Aufrüstung entschieden bekämpfen und weil wir neoliberale Wirtschaftspolitik nicht tolerieren.
" Das reichte, um ihr erneut den Spitzenplatz auf der Kandidatenliste für die Europawahlen zu sichern. Doch nur einen Tag, nachdem die PDS auch wegen ihrer klaren Haltung zum Verfassungsvertrag mit ihrem bisher besten bundesweiten Ergebnis von 6,1 Prozent erneut in das Europäische Parlament gewählt worden war, kehrte sie zu ihrer alten Haltung zurück und ließ ihrer Partei per Presseerklärung mitteilen, dass die PDS "sich nun entscheiden (müsse), ob sie die im Verfassungsvertrag enthaltenen deutlichen Fortschritte in Richtung von mehr Demokratie, gestärkten Bürgerrechten sowie in sozialer Hinsicht unterstützt oder ob sie sich in der Tradition der KPD bewegt, die das Grundgesetz ablehnte und sich damit ins gesellschaftliche Aus katapultierte". Seitdem folgt Text auf Text, die alle nur das Ziel verfolgen, den EU-Verfassungsvertrag,
schönzureden. Das jetzt auch noch die EU-Verfassung "wegen ihrer deutlichen Fortschritte insgesamt, aber auch aufgrund der neuen Weichenstellungen für den Gesamtbereich der Außen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik" als "eine nicht zu überschätzende Berufungsgrundlage" bezeichnet wird, ist schon ein starkes Stück. Irgendwann wird Sylvia-Yvonne Kaufmann auch noch merken, dass sich die Herstellung globaler Kriegsführungsfähigkeit und Aufrüstungsverpflichtung, nicht schönreden lassen.
Alternativen zu konkreten Passagen eines anderen EUVerfassungsvertrages, mit dem die EU entmilitarisiert werden könnte, liegen vor. So schlägt Prof. Gregor Schirmer als Gegenentwurf zum bisherigen "Militarisierungsartikel" I-41 folgendes vor: Im Verfassungsvertrag müssten alle Bestimmungen über die Militarisierung gestrichen werden. Die Verfassung müsste in einem neuen Grundsatzartikel I-41 folgendes festschreiben:
"(1) Die EU verzichtet auf den Aufbau gemeinsamer militärischer Mittel und Fähigkeiten der Union. Sie verfolgt ihre Ziele ausschließlich mit friedlichen zivilen Mitteln. Regelungen und Praktiken, die diesem Grundsatz widersprechen, insbesondere die Verbindungen mit der NATO auf militärischem Gebiet und mit der WEU, werden mit dem Inkrafttreten des Vertrags beendet. Der Rat beschließt Übergangsregelungen mit qualifizierter Mehrheit.
(2) Die Union fördert die Abrüstung von konventionellen und Massenvernichtungswaffen in den Mitgliedstaaten, im Rahmen der OSZE und auf globaler Ebene unter wirksamer Kontrolle. Zur Verfolgung dieser Ziele wird eine Europäische Agentur für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Konversion geschaffen. Deren Aufgaben werden durch einen Europäischen Beschluss des Europäischen Rates bestimmt. Die Mitgliedstaaten, die Atomwaffen besitzen, unternehmen wirksame Schritte zur atomaren Abrüstung.
(3) Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik schließt die Beteiligung der Union an Maßnahmen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen nach Kapitel VI, VII und VIII der Charta ein mit Ausnahme von militärischen Sanktionsmaßnahmen nach Art. 42. Insoweit betrachtet sich die Union als regionale Abmachung im Sinne des Kapitels VIII der Charta.
(4) Das Recht einzelner oder mehrerer Mitgliedstaaten der Union auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung nach Art. 51 der Charta im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates, entsprechende Bündnisverpflichtungen und der neutrale Status von Mitgliedstaaten bleiben unberührt.“
Oft wird die Frage gestellt, ob die Militarisierung der EU nicht die natürliche und unvermeidliche Folge des eingeschlagenen Wegs immer intensiverer Integration in Richtung auf einen supra-staatlichen Verbund ist, der in der Welt mitreden will. Wir halten das für einen verhängnisvollen Weg, der jedoch keineswegs zwangsläufig ist. Die internationale Rolle und Glaubwürdigkeit der EU hängen nicht von ihren militärischen Fähigkeiten und deren Einsatz ab, sondern von ihrem zivilen Beitrag zu Frieden und Sicherheit. Die Militarisierung der EU ist zur Erreichung der proklamierten Ziele unnötig, sie wird internationale und innerstaatliche Konflikte einer Lösung nicht näher bringen. Sie führt zu neuem Wettrüsten auf Kosten sozialer Belange in den Mitgliedstaaten und zu Lasten der Hilfe für Entwicklungsländer. Im Übrigen soll eine EU-Militärmacht die nationalen Streitkräfte keineswegs ablösen. Der Verfassungsauftrag zur Militarisierung liegt nicht im Interesse der europäischen Bevölkerungen, sondern dient dem Profit- und Machtstreben der in der EU politisch und ökonomisch herrschenden Kräfte. Ein europäisches militärisches „Gegengewicht“ gegen die Weltmachtpolitik der USA kann angesichts der uneinholbaren militärischen Übermacht der USA ohnehin nicht geschaffen werden. Entstehen wird lediglich eine gewisse Arbeitsteilung zwischen den USA, der NATO und der EU.
Soweit diese Militarisierung „Kampfeinsätze“ und andere Militäraktionen außerhalb des Kapitels VII der Charta der Vereinten Nationen vorsieht oder ermöglicht, stellt sie eine Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen dar. Eine zivile EU, die auf den Krieg und die Anwendung militärischer Gewalt bewusst verzichtet, wäre nach unserer Meinung ein wichtiger Schritt zu einer Welt ohne Krieg und ohne Waffen.