Vorwort:
»Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis eines Kolloquiums, das dem Altmeister der Erkenntnistheorie in der DDR, Dieter Wittich, gewidmet war und anlässlich seines 75. Geburtstages in der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen zu Leipzig am 30. April 2005 stattfand. Ehemalige Schüler und Schülerinnen sowie Kolleginnen und Kollegen nahmen dies zum Anlass, über die Verdienste Dieter Wittichs als Hochschullehrer und Wissenschaftler Zeugnis abzulegen.
War es doch in der DDR etwas Außergewöhnliches, einen Lehrstuhl für Erkenntnistheorie zu leiten und schließlich die erste systematische Darstellung einer marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie 1978 zu publizieren. In den veröffentlichten Beiträgen werden von Helmut Seidel und Martina Thom Stärken und Schwächen dieser ersten systematischen Darstellung aus philosophiegeschichtlicher Sicht gewürdigt, während Lothar Kreiser das Verhältnis zwischen Erkenntnistheorie und formaler Logik sowie das wissenschaftliche Klima an der philosophischen Sektion beleuchtet. In diesen Beiträgen wird deutlich, dass es Dieter Wittich mit der ersten systematischen Darstellung gelungen ist, sich vom stalinisierten Paradigma des dialektischen und historischen Materialismus zu verabschieden und den Marxschen Ansatz, den gesellschaftlichen Erkenntnisprozess als historischen und formationsspezifischen zu reaktivieren sowie detailliert und systematisch auszuarbeiten. Insofern war auch innerhalb des marxistisch-leninistischen Paradigmas Erkenntnisfortschritt möglich. Zugleich werden von Hans-Christoph Rauh und Horst Poldrack die ideologischen und politischen Rahmenbedingungen kritisch mitbedacht, die das wissenschaftliche Arbeiten in der Science Community der Philosophen in der DDR – auch hinsichtlich ihrer weitgehenden Isolation – kontrollierten und beengten. Im kritischen Rückblick ist es umso erstaunlicher, was unter solchen Bedingungen zustande kam. Und das ist zum größten Teil das Verdienst von Dieter Wittich als dem Spiritus Rector des Ganzen. ...«
Inhalt:
- Monika Runge: Vorwort. (S. 5)
- Dieter Wittich: Was ich noch gesagt haben wollte. Zum Erinnerungs-Kolloquium an die Leipziger Erkenntnistheorie. Leipzig 30. April 2005. (S. 7-21)
- Helmut Seidel: Zum Verhältnis von »geometrischer« und »historischer« Denkweise. Philosophiehistorische Bemerkungen. (S. 22-30)
- Bernd Okun: Von der Erkenntnistheorie zum Erkenntnisprozess. (S. 31-46)
- Jan-Peter Domschke: Über den philosophierenden Wilhelm Ostwald und seine Kritiker oder warum und wie ein »großer Chemiker und kleiner Philosoph« im Forschungsseminar zu Ehren kam. (S. 47-60)
- Hans Poldrack: Die Leipziger Erkenntnistheorie um Dieter Wittich – ein Kind ihrer Zeit. (S. 61-78)
- Hans-Christoph Rau: Erkenntnistheorie im Rahmen der DDR-Philosophie. (S. 79-99)
- Martina Thom: Nachdenken über das »Denken des Denkens« – historische und methodologische Aspekte. (S. 100-154)
- Andreas Eichler: Metaphysik-Kritik im Spannungsfeld von Erkenntnistheorie und Geschichte des philosophischen Denkens. Anmerkungen zur Kant-Herder-Kontroverse. (S. 155-185)
- Lothar Kreiser: Über das Zusammenspiel von Logik und Erkenntnistheorie an der Universität Leipzig (1962-1989). (S. 186-192)
- Dieter Wittich: »Nachwende«-Publikationen. (S. 193-197)
- Autorenverzeichnis
Hrsg. Monika Runge.
Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e. V. Leipzig 2006. 197 S.
Kostenbeitrag: 11,00 €, Mitglieder 8,00 €
Bestellungen bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen unter: info@rosalux-sachsen.de, Tel: 0341-9608531
Diese Publikation und Digitalisierung wurde finanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.